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Sam Spadino: Ich wohne in so einer studentenwohnheimartigen Klinik. Die Betten sind OK; Stockbetten halt. Das Essen ist ziemlich durchschnittliche Krankenhauskost, was ziemlich bescheuert ist. Ich bekomme hier 2.500 Dollar von der Forschungsorganisation für die Studie [die über drei Monate geht, aber nur drei 72-stündige stationäre Aufenthalte beinhaltet.] Warum spart man da beim Essen?Ist diese Bezahlung typisch? Was verdienst du normalerweise?
Das ist ziemlich typisch; 250 Dollar pro Tag sind OK. Du bist 24 Stunden am Tag da, aber andererseits machst du auch nicht wirklich was. Du hängst einfach ab, schaust Filme oder liest. Es gibt einen Billardtisch und Spiele für den Fall, dass du mit den anderen Versuchskaninchen abhängen willst.
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Du hast es hier mit einer ganzen Bandbreite von Leuten zu tun—vom Crustpunk bis zur Durchschnittsmutter, die etwas dazuverdienen will, ist eigentlich alles dabei. Und dann sind da noch die üblichen Verdächtigen, die nichts anderes als Studien machen. In der Regel versuche ich, nicht zu viel mit Menschen zu interagieren. Ich setze meine Sonnenbrille auf, zieh die Kapuze über den Kopf und beschäftige mich mit mir selbst. Es ist meistens schwer, hier wirklich was zu schreiben, aber ich konnte die Ergebnisse der Vorwahlen mitverfolgen und habe von hier aus viel Social Media Zeug gemacht. Ich erschaffe eine Menge Memes.Wie bist du bei den Versuchskaninchen gelandet?
Einer meiner Freunde wird mir wohl davon erzählt haben. Es ist schon ziemlich lange her. [Meine erste Studie war] der Test einer neuen Verabreichungsform von Fentanyl, einem ziemlich krassen Schmerzmittel. Das war so ein elektronisches Pflaster, das dir deine Dosis verabreicht hat. Aber sie haben dir, wie so oft, gleichzeitig einen Blocker gegeben, damit man nichts von der Wirkung spürt—leider, man ist also nicht einfach die ganze Zeit stumpf auf Fentanyl. Ich habe auch eine Studie für synthetisches THC mitgemacht und davon wurde ich auch ein bisschen high. Die haben uns sehr kleine Dosen verabreicht, aber damals habe ich nicht gekifft und dementsprechend auch die Wirkung gespürt. Genau als die Wirkung eingesetzt hat, hat mich meine Mutter angerufen. Ich musste die ganze Zeit mein Lachen unterdrücken. Sie war der totale Stimmungstöter.
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Dann kommen solche Sachen wie: "Oh, machst du dir keine Sorgen um deinen Körper und die Langzeitfolgen?" Das sind genau die gleichen Menschen, die sich auf Partys alles durch die Nase ziehen, was sie in die Hände bekommen. Ich bin in einer medizinischen Klinik und werde rund um die Uhr überwacht und du ziehst dir Lines von Weiß-Gott-was rein. Ich habe ein paar Horrorgeschichten über medizinische Studien gehört, aber meiner Meinung nach sind die meisten ziemlich harmlos. Für mich, jemanden ohne Krankenversicherung, sind Medikamentenstudien tatsächlich eine gute Möglichkeit, regelmäßige Check-ups und Untersuchungen zu bekommen. Ich habe das große Glück, dass meine Gesundheit gut ist, aber falls doch irgendwas passieren sollte, ist der nächste Arzt, der mich für eine Studie unter die Lupe nimmt, nicht weit.Hast du jemals Nebenwirkungen bei einer dieser Studie erfahren?
Ja, definitiv. Ich hatte diese fieberähnlichen Symptome bei Pfizer in Connecticut. Das war auch etwas, das sie vorhergesehen hatten. Ich hatte die schlimmsten 24-Stunden-Schweißausbrüche—so richtig heiße Schweißausbrüche. Ich habe mich absolut beschissen gefühlt.Was waren die komischsten Studien, die du mitgemacht hast?
Bei einer Studie musste ich eine Pille an einem Faden schlucken. Also, ich habe diese Pille geschluckt und daran war so ein Faden, wie Zahnseide, der lang genug war, dass die Pille in meinen Magen gelangen konnte. Der Faden wurde dann an der Seite meines Gesichts festgeklebt und blieb dort eine Weile. Dann mussten sie den Faden wieder einholen und meine Speiseröhre hochziehen. Ich weiß nicht, ob du jemals versucht hast, ein Haar zu schlucken, aber es fühlt sich wirklich nicht gut an.
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Die längste stationäre Studie waren drei Wochen. Du darfst in der Zeit nicht einfach abhauen. Das ist eine verdammt lange Zeit, jemanden einzusperren. Drei Tage fühlen sich schon ewig an, wenn du nichts zu tun hast. Das war eine sehr einfache Studie … viele Tage bestanden einfach nur darin, zu warten und deinen ganzen Urin zu sammeln. Urin brauchen sie in Studien eigentlich immer, aber in diesem speziellen Fall haben sie, glaube ich, wirklich alles gesammelt. Es war ein ziemlich einzigartiges Gefühl, auf einem Eimer aufs Klo zu gehen.
Hat das alles deine Sicht auf die Pharmaindustrie verändert?Motherboard: Die grausamsten Versuche des Menschen am Menschen
Absolut! Schau dir nur das ganze Geld an, das in die Forschung fließt. Wenn du eine mehrstufige [Studie] über einen Zeitraum von mehreren Jahren durchführst und jedem Patienten über 5.000 Euro zahlst—wenn es eine längere Studie ist … du brauchst das nur grob durchzurechnen. Es ist Wahnsinn, wie viel Geld in die Forschung und Entwicklung dieser Medikamente gesteckt wird. Als jemand, der keine Medikamente außerhalb der Studien nimmt, habe ich kein Problem damit, davon zu profitieren, aber die Industrie unterstütze ich auf keinen Fall. Ich finde, dass das ein ziemlich kaputtes System des legalen Drogenhandels ist. Das sind alles nur kreative Wege, um Produkte durchzukriegen, die am Ende niemanden wirklich heilen. Ich sage nicht, dass es da draußen nicht auch ein paar gute Medikamente gibt oder dass keine vernünftigen Heilmittel dadurch entdeckt wurden, aber für den größten Teil ist das einfach nur eine kapitalistische Industrie, die von den gleichen Krankheiten profitiert, die sie eigentlich bekämpfen soll. Denk nur mal darüber nach, wie viel verschieden Schlafmittel es da draußen gibt, oder über die ganzen Amphetamine, die Kindern verschrieben werden … das ist in meinen Augen einfach unfassbar.Wie können Menschen, die sich für diese Arbeit interessieren, etwas über die Studien erfahren?
Es gibt Websites: Eine hat den passenden Namen Just Another Lab Rat! Wenn du irgendetwas suchst, dann kannst du dort nachschauen. Dort findest du alle Orte, an denen Studien stattfinden und worum es bei ihnen geht. Ich finde es interessant, dass Menschen, die vielleicht eher traditionelle Anstellungsverhältnisse gewohnt sind, davon hören und sofort sagen: 'Würde ich machen.' Letztendlich werden es die meisten am Ende aber doch nicht tun. Es ist schon eine spezielle Gruppe von Sonderlingen, die dazu bereit ist.