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Anonymous-Hacker kündigen größte bisherige Operation gegen IS an

Bisher wurden vor allem Twitter-Accounts enttarnt, doch Anon hat sich natürlich noch viel mehr vorgenommen.

Titelbild: Screenshot Youtube

Anonymous hat erklärt, den digitalen Kampf gegen den IS ab sofort zu intensiveren. Bereits am Tag nach den schrecklichen Attentaten durch IS-Terroristen in Paris veröffentlichte das Hackerkollektiv ein Video auf Youtube, in dem ein französischer Anonymous-Sprecher gewohnt martialisch verkündet:

„Diese Angriffe können nicht ungestraft bleiben. Anonymous auf der ganzen Welt wird euch jagen. Wir werden euch finden und nicht gehen lassen!"

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Im Rahmen der „Operation Paris" habe das lose Kollektiv, dem praktisch jeder mit einem Mausklick beitreten kann, am Samstag bereits 2.000 Twitter-Accounts gelöscht, die mit dem IS in Verbindung gebracht wurden. Massive Cyberangriffe und eine Ausweitung der Operation, die Anonymous bereits nach dem Attentat auf die Redaktion von Charlie Hebdo gestartet hatte, würden auf den IS warten. Die Sabotage von Social-Media-Präsenzen der Islamisten durch Anonymous reicht dabei bis ins vergangene Jahr zurück.

Ein Anon berichtete gegenüber Motherboard bereits im September 2014 über den digitalen Kampf gegen den IS: „Viele Social-Media-Accounts wurden gelöscht, Webseiten zerstört, etc. Wir werden siegen, wenn wir sie daran hindern, Hass und Angst zu verbreiten."

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Laut foreignpolicy.com gelang es Anonymous in der Vergangenheit, rund 150 Websites des IS lahmzulegen sowie über 100.000 Twitter-Accounts und knapp 6.000 Videos zu melden. Immer wieder veröffentlichen Anonymous-Mitglieder—meist auf pastebin.com—Listen von Twitterkonten, die der Verbreitung von IS-Propaganda dienen, sowie hier oder hier.

Der Anonymous-Ableger Ghost Security Group, ein selbst ernanntes „Anti-Terroristen-Netzwerk", hat außerdem hier ein Interface eingerichtet, mit dem IS-verdächtige Online-Aktivitäten gemeldet werden können. Bei einem überwiegenden Teil der Anonymous-Anhänger handelt es sich jedoch um Script-Kiddies, die an Anon-Aktionen teilnehmen, indem sie vorprogrammierte Tools zum Beispiel für DDoS-Attacken oder zum Melden von Twitter-Accounts nutzen. Experten gehen davon aus, dass nur wenige Anon-Anhänger tatsächlich die technischen Fähigkeiten besitzen, um komplexere Hacking-Angriffe durchzuführen.

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Die Präsenz des IS in sozialen Medien gilt unter Experten als eines der wichtigsten Instrumente der Terroristen, um neues „Personal" zu rekrutieren. Wie Nicholas Rasmussen vom National Counterterrorism Center der US-Regierung in einem Interview mit CNN erklärte, gehe seine Organisation davon aus, dass der IS bis Juni 2015 rund 3.400 Westeuropäer und 200 US-Amerikaner über Social Media angeworben habe.

Wenn die Hacktivisten von Anonymous nun dafür sorgen, dass Propaganda-Inhalte des IS aus dem Netz verschwinden, leisten sie einen wichtigen Beitrag, um die PR-Maschine der Terroristen deutlich zu schwächen, auch wenn—wie viele Anonymous-Kritiker anmerken—Attentate wie am vergangenen Freitag nicht durch Ddos-Attacken, Defacement oder das Melden von Twitter-Accounts verhindert werden können.

Während immer wieder diskutiert wird, ob vereinzelte Hacker, die unter dem Namen von Anonymous firmieren, vielleicht auch zu Größerem in der Lage sind—schließlich gelang es der Anon-Elitegruppe von Lulz-Sec schon, FBI-Partnerfirmen und brasiliansiche Zeitungen anzugreifen und interne Infos abzufangen— werden in einer aktuellen Reddit-Diskussion Stimmen laut, dass das Melden von Social-Media-Accounts des IS eher kontraproduktiv sei, da diese vom US-Militär in der Vergangenheit vereinzelt zur Ortung und schließlich bisweilen auch zur Tötung von Terroristen führte.

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„Es ist nicht wirklich schwer, aus den Smartphone-Bildern GPS-Daten zu ziehen, wenn derjenige, der sie postet, keine Sicherheitsvorkehrungen trifft", schreibt User TymedOut. Ein Bericht des Magazins Defense Tech vom 03.06.2015 bestätigt diese Einschätzung. Laut Angaben von General Hawk Carlisle hatte die Social-Media-Abteilung der US Air Force den General eines IS-Stützpunktes orten können, nachdem dieser ein Selfie gepostet hatte. 22 Stunden später wurde der Stützpunkt vom US-Militär bombardiert und vollständig zerstört.

Statt bestehende Accounts des IS zu löschen, solle man lieber eigenständig gefakete IS-Accounts einrichten, um durch subtile Abweichungen von der gewöhnlichen IS-Propaganda potentielle Interessenten zunächst in den Bann zu ziehen und anschließend so zu verwirren, dass sie sich letztendlich wieder von der Terrororganisation abwenden würden, wie Redditor weiter diskutieren.

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Wie genau die weiteren Pläne von Anonymous und der Ghost Security Group nun auch aussehen sollten—mit der Verstärkung ihrer #OpISIS sind den anonymen Hackern zumindest die Sympathien einer breiten Öffentlichkeit sicher. Zahlreiche Medien und Kommentatoren berichten bereits durchaus wohlwollend über die Angriffe. Um den IS wirklich zu schwächen und auszuschalten, dürften martialische Videoposts allein allerdings kaum ausreichen.