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Diese Raupe-Nimmersatt soll das kolumbianische Koks-Problem lösen

Die Spezies namens Eloria Noyesi verspeist rund 50 Kokablätter am Tag und gilt nach dem Ende von Glyphosat als neue alte Geheimwaffe im Kampf gegen illegale Plantagen.
Trägspinner
Ein Trägspinner | Bild: imago | blickwinkel

Als Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos vor knapp zwei Wochen erklärte, Kolumbien werde nach über 15 Jahren keine Glyphosat-Flugzeuge mehr fliegen lassen, um illegale Felder von Kokapflanzen zu vernichten, gab es weltweiten Applaus von Umweltschützern. Knapp zwei Millionen Hektar kolumbianischen Dschungels (samt seiner Bewohner) sind bis heute dank großzügiger Finanzspritze aus den USA mit dem Herbizid besprüht worden, das die Weltgesundheitsorganisation erst im März als „wahrscheinlich krebserregend" eingestuft hatte. Damit ist nun Schluss.

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Santos' Mensch und Umwelt schonende Alternative, Pflanzen in Zukunft wieder von Hand auszureisen, stieß dagegen auf wenig Gegenliebe. Zu gefährlich sei es, sich in die von der FARC-Guerilla verminten und bewachten Koka-Anbaugebiete zu wagen. Es sei denn man ist eine winzig kleine Raupe namens Eloria noyesi. Der im Deutschen auf den wohlklingenden Namen Kokain-Trägspinner hörende Schmetterling gilt als neue alte Geheimwaffe im Kampf gegen Koka und FARC. Verantwortlich für seine Reaktivierung ist der kolumbianische Botaniker Alberto Gomez.

Laut Gomez legen Eloria Noyesi ihre Eier, von denen sie zu Lebzeiten an die 1000 Stück produzieren, nur auf Kokapflanzen. „Wenn die Raupen schlüpfen, essen sie ausschließlich Kokablätter und verschonen andere Pflanzen", so der Leiter des Botanischen Gartens Quindio gegenüber Motherboard. Täglich verputzt eine Raupe um die 50 Kokablätter und damit das rund Anderthalbfache ihres Körpergewichts. Im Gegensatz zu den meisten anderen Insekten ist sie in der Lage, das weltbekannte Alkaloid problemlos zu verdauen und bevorzugt es gegenüber anderen Pflanzen.

„Ihre Instinkte finden Kokapflanzen, wo immer sie sind" so Gomez gegenüber Fusion. Ihr ungezügelter Appetit auf Koks hat der Spezies bereits den Spitznamen „El Gringo" eingebracht—eigentlich eine umgangssprachliche Bezeichnung für weiße US-Amerikaner, die ebenfalls gerne mal in Horden in Kolumbien einfallen, um sich gierig über die dortigen Kokabestände herzumachen.

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Polilla Eloria noyesi, su oruga come únicamente hojas coca género Erytrhoxylum,. Control biológico erradicación coca pic.twitter.com/d4riJDwGxK
— Gonzalo Andrade-C. (@gonzaloandradec) May 13, 2015

Öffentliche Überlegungen, die Schmetterlinge zur Drogenbekämpfung einzusetzen, gibt es in Kolumbien bereits seit Anfang der 1990er Jahre. Gomez will eine entsprechende Idee erstmalig bereits 1982 gehabt haben. Die Umsetzung in die Praxis scheitert bisher an zwei Problemen. Zunächst einmal müsste man große Populationen von „El Gringo" heranzüchten. Dafür fehlte bisher die entsprechende Technologie und das Fangen der Spezies in freier Wildbahn kostet Geld. Außerdem bräuchte Gomez eine Sondergenehmigung, um Kokapflanzen anbauen zu dürfen.

Das zweite und wesentlich größere Problem könnte in der Natur der Eloria noyesi selbst liegen. „Es gibt fünf Arten von Koka in Kolumbien. Nur zwei von ihnen eigenen sich für die Produktion von Kokain", erklärt Gomez. „Sollte sich nun herausstellen, dass die Raupen auch die anderen Kokapflanzen verspeisen, würde ich sie nicht mehr einsetzen. Die Gefahr wäre zu groß, dass sie auch legale Pflanzen indigener Gemeinschaften zerstören." Ein Argument, das in den letzten 15 Jahren wohl niemand der Verantwortlichen für den War on Drugs mit dem umstrittenen Pflanzenschutzmittel Glyphosat in den Mund genommen hat.

Und während die umweltfreundliche Form der Kokabekämpfung nun von der Politik wieder öffentlich als ernsthafte Maßnahme gegen das Drogenproblem diskutiert wird, weiß Gomez, dass seine Idee leider auch keine langfristige Lösung sein kann:

„Meiner Meinung nach ist das nicht der beste Weg, um Kokain zu beseitigen. Koka floriert noch immer in Kloumbien, weil es den armen Bauern wesentlich mehr einbringt als anderes Saatgut. Um die Drogen wirklich zu bekämpfen, brauchen wir bessere Initiativen, um die Bauern davon abzuhalten, Koka anzubauen. Bessere Infrastruktur und mehr Bildungsanreize zum Beispiel. Schmetterlinge alleine werden das Problem nicht lösen."