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Ein Schweizer Ex-Banker baut aus seinem Burnout ein Erfolgsgame

In 'The Firm' verfolgst du deine Trader-Karriere—die anscheinend immer mit Selbstmord endet.

Das iOS-Game The Firm wurde in Lausanne entwickelt und ist in allen App-Stores der Welt in den Top Ten. Android- und Windows-Versionen folgen. Die Schweiz war bisher kein Game-Mekka, also wie und wieso schlägt The Firm dermassen ein?

Der Trader kommt mit einer Topfpflanze im neuen Büro an. Die Sonne scheint durch das Fenster des silbrigen Wolkenkratzers. Der Tag verspricht für die Welt schön, für die Finanzwelt lukrativ zu sein. Aber wie die Stunden vergehen trifft der Trader schlechte Entscheidungen, kauft die schlechten Anteile und verkauft die guten. Er muss schneller werden, wirft sich eine Pille ein, während der Himmel hinter seinem Rücken dunkler und dunkler wird.

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Screen von Sunnyside Games

Schliesslich verliert er alles, wird entlassen und springt aus dem Fenster. Diese Storyline ist der Rahmen von The Firm. Mit der—fast schon überflüssigen—Randbemerkung: Jede Ähnlichkeit mit real existierenden Szenarien ist rein zufällig. „Wir waren auf der Suche nach einer sehr simplen Handlung im Stil eines klassischen Dramas", erklärt Gabriel Sonderegger von Sunnyside Games. "Wir wollten, dass der Spieler ohne Vorkenntnisse einsteigen kann."

Foto von Catherine Cochard: Daniel Néphi Muller, Loïc Duboux, Mathieu Bonvin and Gabriel Sonderegger

Seit dem 19. August 2014 steht das Spiel für 1 Franken (89 Euro-Cent) im App-Store. In den ersten drei Wochen wurde es um die 50 000 Mal runtergeladen, war in den Schweizer Verkaufscharts auf Platz 1 und auf 2 in den USA.

Ein voller Erfolg für Mathieu Bonvin, Daniel Néphi Muller, Gabriel Sonderegger und Loïc Duboux, die sich von diesen Verkäufen eine Mammut-Tranche von 70%, also um die 30 000 Franken, abschneiden können. „Beim Launch habe ich den Jungs gesagt, dass wir glücklich sein können, wenn wir in einem Jahr auf 1500 Downloads kommen", dazu Loïc Duboux.

Foto von Catherine Cochard

The Firm entstand sehr schnell. „Der Weg vom Notizheft zur ersten Version war ein einziger 30 Stunden Entwickler-Jam", erinnert sich Mathieu Bonvin, „Alles kam sehr schnell zustande. Auch wenn The Firm jetzt etwas anders aussieht, der Prototyp war schon recht nah an der finalen Version." Das Spiel entstand also in einer sehr langen und schlaflosen Session im Sunnyside Games-Büro, einem Ort der Cartoon-Referenzen, Corn Flakes um den Tag und Snacks, um die Nächte zu füllen.

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Sunnyside ist der Name des Kindergartens in Toy Story, dem Ort, an dem Hirtenpuppen und Teddybären lebendig werden, sobald die Kinder weg sind. Die Inspiration für The Firm kommt aber nicht aus dem Kindergarten. „Wir dachten an Filme wie The Wolf of Wall Street oder an den ewigen Regen in SE7EN."

The Firm (iOS) | Trailer from Sunnyside Games on Vimeo.

Der Trader im Spiel landet nach dem Suizid auf dem Pflaster vor seinem Arbeitsort. Der Regen tropft auf seine Leiche und die Passanten starren unter ihren Schirmen hervor. „Das Gebäude ist den Goldman Sachs-Büros in New York nachempfunden", erklärt Gabriel Sonderegger. „Aber der Anlass kommt aus der echten Welt. In einem früheren Leben habe ich in einer Bank gearbeitet. Der Druck war so schlimm, dass ich ein Burnout durchstehen musste." Einer der dunkleren Aspekte des Spiels.

„Wir wollten das Problem mit den Suiziden ohne Tabu beleuchten", so Mathieu Bonvin, „aber wir wollten trotzdem kein deprimierendes Spiel schaffen, darum gibt es Gimmicks wie die Topfpflanze oder das schwarzgelbe Absperrband. Kleine Heiterkeitseffekte."

Screen von Sunnyside Games

In wenigen Tagen wird ein Update des Spiels veröffentlicht. „Auch die Windows Phone- und Android-Versionen sind fast fertig", kündet Daniel Néphi Muller an. Und dann, in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft, veröffentlicht Sunnyside Games Towaga, das Spiel an dessen Entwicklung sie jetzt schon über ein Jahr lang sitzen. „Es geht um einen Zauberer, der eine dunkle Apokalypse überlebt hat. Er ist der letzte Kämpfer auf der Seite des Lichts. Wie du siehst: Das ist ganz eine andere Geschichte!" Vielleicht ist sie The Firm aber doch nicht so unähnlich.