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Die Elysia chlorotica ernährt sich von Sonnenstrahlen

Nachdem diese Seeschnecke genug Algen für einen Gentransfer gefuttert hat, kann sie jetzt auch Photosynthese.
​Die Seeschnecke Elysia clarki. Bild: ​Wikipedia | ​CC BY 2.5

​Du bist, was du isst. Diesen Spruch schrieb sich die blattgrüne Seeschnecke Elysia chlorotica aus der Ordnung der Hinterkiemenschnecken wohl hinter ihre nicht vorhandenen Ohren. Nachdem sich der kleine Hermaphrodit nämlich lange genug von Algen ernährt hat, kann er sich nun an der Kunst der Photosynthese erfreuen. Denn wie eine in  ​The Biological Bulletin veröffentlichte Studie beweist, übertrug sich die Eigenschaft, Sonnenlicht in Energie umzuwandeln, von der Pflanze auf das Tier.

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Wissenschaftler der Biochemie und Zellphysiologie an der University of South Florida und der University of Maryland konnten zum ersten Mal beweisen, dass sich in den Chromosomen der Seeschnecke Gene aus den Algen befinden, von denen sie sich ernährt. Mit Hilfe dieser Gene ist die Elysia chlorotica photosynthesefähig, wodurch sie per Sonnenlicht mit allen Nährstoffen, die sie zum Leben benötigt, versorgt wird.

Dieses Phänomen ist der bisher einzige Nachweis eines funktionierenden Gentransfers von einer multizellulären Spezies auf eine andere. Ein Traum für jeden Genetiker, denn solch eine DNA-Übertragung steht auch hinter der grundsätzlichen Idee einer Gentherapie für den gesundheitlich optimierten Menschen.

Schon seit den 1970er Jahren ist es bekannt, dass sich die Seeschnecke Chloroplasten von Pflanzen aneignet und in ihre Verdauungszellen überführt. Bis zu neun Monate lang bleibt das Tier nun photosynthesefähig, viel länger als der Effekt bei Pflanzen anhält, und ernährt sich dabei von den selbst erzeugten Kohlenhydraten und Lipiden. Doch wie genau dieser Prozess funktioniert, der die Organellen der Elysia chlorotica wie eine Pflanze funktionieren lässt, war bislang lediglich Thema von Theorien und Diskussionen.

Die Elysia chlorotica in einer Grafik von 1870.

Die Elysia chlorotica in einer Grafik von 1870. Bild: ​Wikipedia | Public Domain

„Dieses Paper beweist, dass eines der verschiedenen Algengene, das zur Reparatur von Schäden in den Chloroplasten erforderlich ist und sie am Leben hält, auch im Schneckenchromosom vorhanden ist", erklärt Sidney K. Pierce, Co-Autor der Studie bei phys.org. „Die Gene vereinigen sich mit den Schneckenchromosomen und werden der nächsten Generation von Schnecken weitergegeben." Dennoch müssen sich die Babyschnecken, obwohl sie bereits mit dem Chromosom gesegnet sind, auch erst einen Algenvorrat anfressen, bevor sie mit der Photosynthese beginnen können.

„Es macht überhaupt keinen Sinn, dass Algenzellen auch in Tieren wirken und doch ist es so", erzählt Pierce. „Wenn also einmal die Nahrungsquelle der Tiere versiegt, können sie anhand von Sonnenschein überleben, der sie mit den wichtigen Nährstoffen versorgt. So müssen sie nicht verhungern bis sie neue Algen gefunden haben."

Eine Schnecke ist vielleicht kein besonders erstrebenswertes Modell anhand dessen sich der Mensch eine Genmodifikation an seiner eigenen Spezies vorstellen möchte, doch diese Erkenntnisse liefern eine wichtige Basis für weitere Forschungen. Das Phänomen des natürlichen Gentransfers zwischen Pflanze und Tier ermöglicht neue Herangehensweisen für zukünftige medizinische Durchbrüche und Gentherapien.

Die wunderbare Vorstellung eines Lebens lediglich von Luft und Liebe erhält somit eine ganz neue, wenn auch nicht ganz so romantische, Qualität.