Irgendwann, beschreibt es eine Augenzeugin, schreien sich alle nur noch an. Getrennt von einer Reihe Polizisten stehen sich zwei Gruppen gegenüber und brüllen sich gegenseitig aus vollem Hals und im selben Takt "Nazis raus! Nazis raus!" in die Gesichter. Kurz danach wird die Veranstaltung abgesagt und die Halle geräumt.Eigentlich war die Buchmesse dieses Jahr ein Erfolg: Über 7.000 Aussteller aus mehr als 100 Nationen haben ihre Bücher präsentiert, um die 280.000 Besucher haben sich das angeschaut. Aber weil unter den Tausenden Ausstellern auch ein kleiner rechter Verlag war, redet die Öffentlichkeit jetzt vor allem über Faustschläge, "Sieg Heil"-Sprechchöre und "Bücherverbrennungen".
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Dabei herrscht eine Menge Verwirrung darüber, was eigentlich genau passiert ist. In sozialen Medien werfen sich Rechte und Linke gegenseitig vor, die Situation eskaliert zu haben. Aber was ist tatsächlich geschehen?Schon vor Beginn des weltgrößten Verlagstreffens hatten Linke kritisiert, dass rechte Verlage auf der Messe ausstellen dürfen. Aufmerksamkeit erregte vor allem die Teilnahme des Antaios-Verlags, ein kleiner Verlag für neurechte Untergangsliteratur, den Götz Kubitschek und seine Frau Ellen Kositza betreiben. Mit Verweis auf die Meinungsfreiheit weigerte sich die Messe-Leitung allerdings, die rechten Verlage auszuladen, und rief stattdessen zu einer "aktiven Auseinandersetzung" mit deren Inhalten auf.
Auch auf VICE: Mexikos kindliche Stierkämpfer
Die sah dann aber so aus, dass Unbekannte Bücher in der Auslage des Antaios-Verlages mit Kaffee und Zahnpasta vollschmierten. In der Nacht von Donnerstag auf Freitag wurde der Stand zwei anderer rechter Verlage (Manuscriptum und Tumult) komplett leergeräumt. In der Nacht zum Samstag traf es dann wieder den Antaios-Verlag: Unbekannte klauten Bücher, kritzelten "Fuck AfD" auf die Wände und installierten ein liebevoll gebasteltes Schild, auf dem "Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie ein Geschichtsbuch oder fragen Sie Ihre Großeltern" stand. Auf seiner Facebook-Seite beschuldigte der Verlag "aufgehetzte Linke" – und machte indirekt die "subtilen Handlungsanweisungen" der Messeleitung verantwortlich.
Diebstahl und Sachbeschädigung
Auch auf VICE: Mexikos kindliche Stierkämpfer
Die sah dann aber so aus, dass Unbekannte Bücher in der Auslage des Antaios-Verlages mit Kaffee und Zahnpasta vollschmierten. In der Nacht von Donnerstag auf Freitag wurde der Stand zwei anderer rechter Verlage (Manuscriptum und Tumult) komplett leergeräumt. In der Nacht zum Samstag traf es dann wieder den Antaios-Verlag: Unbekannte klauten Bücher, kritzelten "Fuck AfD" auf die Wände und installierten ein liebevoll gebasteltes Schild, auf dem "Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie ein Geschichtsbuch oder fragen Sie Ihre Großeltern" stand. Auf seiner Facebook-Seite beschuldigte der Verlag "aufgehetzte Linke" – und machte indirekt die "subtilen Handlungsanweisungen" der Messeleitung verantwortlich.
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Faustschläge
"Austausch" mit Rechten
Tumulte
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Diese und die folgende Lesung mit Akif Pirinçci konnten trotzdem stattfinden, aber als die beiden Identitären Martin Sellner und Mario Müller die Bühne betraten, wurde es laut. Ungefähr 100 Gegendemonstranten, die sich unters Publikum gemischt hatten, riefen laut "Es gibt kein Recht auf Nazi-Propaganda!". Die Identitären konterten mit "Jeder hasst die Antifa!" und "Reconquista"-Rufen. "Da war von Anfang eine aufgeheizte Stimmung", sagt Kira Ayyadi von der Amadeu Antonio Stiftung zu VICE. "Es gab kurz eine Schlägerei oder Rangelei auf der Bühne, ich weiß nicht genau, wer da beteiligt war." Die Frankfurter Polizei hat in einer Pressemitteilung erklärt, bei den Tumulten sei niemand verletzt worden.Nach 40 Minuten, in denen im Saal hauptsächlich gebrüllt worden war, beendete die Polizei die Veranstaltung, die Gegendemonstranten verließen den Saal. Götz Kubitschek weigerte sich zunächst, die Diskussion abzusagen, zog sich aber schließlich auch zurück. Obwohl er nicht auftreten konnte, freute Martin Sellner sich trotzdem über den "geilen Tag".Gegen 20 Uhr postete Nico Wehnemann, ein Frankfurter Politiker der Partei Die PARTEI ein Bild auf Twitter, in dem er selbst auf dem Boden liegend zu sehen ist, zusammen mit dem Text "Ein Nazi auf mir drauf".
"Sieg Heil"-Rufe
Der Post wurde schnell weiterverbreitet, unter anderem von dem Ex-Titanic-Chefredakteur Leo Fischer, der dazu noch berichtete, dass die Polizei nicht eingeschritten sei, während "Dutzende Identitäre 'Sieg Heil' schrien". Als Nächstes verbreitete Jan Böhmermann Fischers Post, am Sonntag veröffentlichte das Neue Deutschland einen Artikel, der über die "Sieg Heil"-Rufe berichtete. Für viele war das die Bestätigung, dass Nazis die Buchmesse übernommen hatten.
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Wenig später erklärte die Frankfurter Polizei allerdings, dass es sich bei dem Mann auf Wehnemann um einen Sicherheitsmann der Buchmesse gehandelt habe. Der Journalist Jonas Fedders veröffentlichte ein Video, in dem zu sehen ist, wie der Sicherheitsmann Wehnemann tackelt, als der plötzlich versucht, an ihm vorbei zu sprinten. Von "Sieg Heil"-Rufen ist nichts zu hören, auch Jonas Fedders erklärte gegenüber VICE, weder er noch seine Kollegen hätten die zu irgendeinem Zeitpunkt gehört. Wehnemann hat in einem Interview mit bento mittlerweile erklärt, nur ein Mann habe ihm vorher "Sieg Heil" ins Gesicht gesagt.