My Hometown Virus

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My Hometown Virus

Marburg hat seinen eigenen Risikostufe-4-Erreger.

Wenn ich im Ausland gefragt werde, wo ich herkomme, sage ich immer das Gleiche: „Aus der kleinen, verschlafenen Universitätsstadt Marburg, wo 1967 das gleichnamige, tödliche Virus zum ersten Mal ausgebrochen ist, 31 Menschen infiziert und sieben davon umgebracht hat." Ich ignoriere die zwangsläufig irritierten Blicke und erzähle weiter: „Marburg—das Virus, nicht die Stadt—ist so wie Ebola. Wenn es die Leute nicht unter die Erde bringt, dann führt es zu Blutungen aus allen Körperöffnungen, den Augen und der Haut." Wenn es dann immer noch kein Anzeichen von Wiedererkennen gibt, erkläre ich, dass Marburg ungefähr eine Stunde nördlich von Frankfurt liegt.  Für Einwohner und Wissenschaftler bleibt das Virus jedoch weiterhin ein wichtiger Teil von Marburgs Geschichte. Es wird kaum über das gesprochen, was tief in der regionalen Psyche verwurzelt ist—der verstörende Moment, in dem der furchteinflößende Genus für immer seine Narben auf meiner Heimatstadt hinterlassen hat.

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Während der ersten Infektionen wies das Marburgvirus eine Letalitätsrate von 23 Prozent auf, eine Zahl, die angesichts der geringen Einwohnerzahl der Stadt und der hysterischen Reaktionen der sonst eher trägen Lokalmedien schnell zu einer quarantäne-artigen Panik führte, obwohl eigentlich alles relativ überschaubar war. Bei späteren Ausbrüchen in der Republik Kongo 1998 und Angola 2004 lag die Letalität bei 80 bis 90 Prozent. Um es anders auszudrücken: Das Marburgvirus ist ein Erreger der biologischen Risikostufe 4. Aids ist Stufe 2. Michael Hilberger, 82, ist einer der Überlebenden des ersten Ausbruchs des Marburgvirus. Ich habe ihn neulich in Wetter, einer Kleinstadt in nur 15 Minuten Entfernung vom damaligen Epizentrum der Panik, besucht, um mich mit ihm über die Ereignisse im Sommer 1967 zu unterhalten, als die Krankheit das erste Mal auftrat. Michael Hilberger ist trotz eines Herzinfarkts, den er vier Wochen vor meinem Besuch und acht Wochen nach dem Verlust seiner Ehefrau erlitten hat, weiterhin das, was ich einen robusten, bodenständigen Hessen nenne. Er hält an seiner vom Zweiten Weltkrieg geprägten „Was-dich-nicht-umbringt-macht-dich-stärker"-Überzeugung fest und war nicht gerade begeistert davon, mir von seinen persönlichen Erfahrungen mit dem Virus zu berichten. Er wedelte immer wieder mit alten Zeitungsausschnitten, die er für meinen Besuch zurechtgelegt hatte, und meinte: „Da steht alles drin, was Sie über die Affenkrankheit wissen müssen." Er erzählte mir, dass die ersten Symptome von Marburg zwar Grund zur Besorgnis gaben, aber darüber hinaus nicht sonderlich bemerkenswert schienen: ein kochend hohes Fieber, das an eine Influenzainfektion erinnerte. Es dauerte ein paar Tage, bis die Ärzte realisierten, dass es sich um etwas wesentlich Ernsteres handelte. Nachdem vier Patienten mit ähnlichen Symptomen ins Krankenhaus eingeliefert worden waren, kristallisierte sich heraus, dass alle Infizierten Mitarbeiter der Behringwerke, dem nach Nobelpreisträger Emil von Behring benannten pharmazeutischen Konzern, waren. Es konnte sogar noch genauer eingeschränkt werden—sie hatten alle in Behringwerke-Laboren mit Affen gearbeitet. Zu dieser Zeit arbeitete Hilberger als wissenschaftlicher Assistent in der Blutgerinnung und entnahm täglich Proben aus Affenhirnen. „Ich bin von unserem Labor aus hoch ins Affenhaus, morgens um 9 oder 10, und dann lagen die auf dem Tisch und dann hab ich die Köppe aufgeschnitten und das Hirn rausgemacht", sagte Hilberger. „Das war für mich auch ein bisschen komisch, aber ich dachte mir, was soll's, ich muss das durchziehen." Bedenkt man die grobe Natur seiner Arbeit, ist es rückblickend nicht wirklich verwunderlich, dass Hilberger zu den ersten gehörte, die sich mit dem Virus infizierten. Damals wurden Affen für europäische Forschungszwecke oft in Uganda gejagt und dann importiert. Statt einen Primaten zu eliminieren, der krank schien, verschifften die Affenhändler sie auf eine Insel im Victoriasee, die als Monkey Island bekannt wurde. Sie nahmen an, dass die Affen dort entweder eingehen oder weiterleben würden—was von beidem war ihnen eigentlich egal. Die wachsende Nachfrage europäischer Universitäten und Pharmaziekonzerne führte zu einem Notstand an für die Forschung einsetzbaren Affen. Daher suchten die Affenhändler wieder Monkey Island auf und schnappten sich ein paar von den Affen, die—aufgrund der Tatsache, dass sie nicht eingegangen waren—in einer Verfassung zu sein schienen, die gut genug war, um sie zu verkaufen. Nachdem die Medien die Behringwerke als Ausgangsort der Infektion identifiziert hatten, setzte Hysterie ein. Nationale Boulevardmedien wie die Bildzeitung quollen über vor Schlagzeilen über die Affenkrankheit. Eine verzweifelte, aber vergebliche Suche nach einem Heilmittel begann. Laut einer Verwandten von Hilberger flog sogar ein kleines Team von Wissenschaftlern in den Kongo, wo sie hofften, mehr über Marburg herauszufinden, indem sie einheimische Medizinmänner und lokale Experten konsultierten. Als die europäischen Ärzte den Einheimischen Fotos der Erkrankten zeigten, lautete die Analyse schlicht: „Vampirismus".

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Marburg überträgt sich durch den direkten Kontakt mit Blut oder Körperflüssigkeiten. Die hohe Letalität resultiert daraus, dass die Makrophagen infiziert werden, welche eine Schlüsselrolle in der Immunabwehr spielen, und zusätzlich die Blutgerinnung gestört wird, sowie die Gefäßwände infiziert und somit für alle möglichen widerlichen Eindringlinge durchlässig werden. Ein schweres hämorrhagisches Fieber setzt ein, welches zu starken Störungen des vaskulären Systems führt, sodass im Blut des Infizierten eine Vielzahl von lebensbedrohlichen Faktoren entsteht. Diejenigen, die in Marburg verstorben sind, bluteten aus den Genitalien, dem Mund, der Nase, den Augen und durch die Haut. Die notwendigen Bluttransfusionen führten zu unaufhaltbaren Blutungen durch die Nadeleinstiche. Ein Patient Mitte 60 erlag einer Massenblutung im Hirn. Durch das Fieber verbrachte Hilberger den Großteil seines Infekts in einem Zustand des Deliriums. Die akute Phase seiner Infektion dauerte rund zwölf Wochen. Danach dauerte es gut ein Jahr, bis er sich wieder erholt hatte. Als er aus dem Krankenhaus entlassen wurde, sahen er und seine Familie sich jedoch einer ganz anderen Konsequenz des Virus ausgesetzt: Die anderen Bewohner Marburgs wollten sich nicht mehr in ihrer Nähe aufhalten. Ladenbesitzer waren paranoid, dass „die Leute von den Behringwerken die Affenkrankheit in die Geschäfte bringen", erinnerte sich Hilberger. Hilberger nahm, nachdem er sich erholt hatte, seinen alten Job wieder auf, aber er musste nie wieder mit Affen arbeiten. Das Unternehmen entschloss sich nach dem Ausbruch von Marburg, in Zukunft auf Kuhblut umzusteigen, um weiterhin wertvolle Blutgerinnungsmittel herzustellen. Im Archiv des Emil von Behring Fördervereins, in dem alles, was in irgendeiner Weise mit dem Wissenschaftler und seinen berühmten Labors in Verbindung steht, aufbewahrt wird, hatte ich die Gelegenheit, durch Zeitungsausschnitte aus dieser Zeit zu blättern. Ulrike Enke, eine liebenswerte Dame, deren Fachgebiet anatomische Illustrationen sind, beaufsichtigt das Archiv und hatte für meinen Besuch zwei Ordner voller Presseclippings herausgesucht. Die Ordner enthielten Artikel und Dutzende reißerische Schlagzeilen, die aus allen möglichen abstoßenden Kombinationen der Worte tot, Tod, Affen, Krankheit, rätselhaft, mysteriös, getötet, Ansteckung, Opfer und Virus bestanden. Es war also kaum verwunderlich, dass ich in sensationslüsterner, nicht-Behringwerke-eigener Literatur ziemlich schnell auf diverse Spekulationen über den Einsatz von Marburg als biologische Waffe stieß. Ken Alibek, der das biologische Waffenprogramm der Sowjetunion geleitet hatte, bevor er sich in die USA absetzte, schrieb über das Marburgvirus in seinem Buch Biohazard: The Chilling True Story of the Largest Covert Biological Weapons Program in the World—Told From Inside by the Man Who Ran It. Darin erklärte er, dass die Sowjets daran gearbeitet hatten, das Virus weiterzuentwickeln, um eine Art durch die Luft übertragbare Artillerie zu schaffen. Ein wichtiger Wissenschaftler dieser Forschungsgruppe war Dr. Nikolai Ustinov, der starb, nachdem er sich im Rahmen der Forschung mit dem Virus infiziert hatte. Er hinterließ einen wirkungsvolleren Strang des Virus, der ihm zu Ehren als „Variante U" bekannt wurde. Alibek behauptet außerdem, dass Dr. U.s Strang zu einer Waffe verarbeitet und 1991 vom sowjetischen Verteidigungsministerium genehmigt wurde. Ungefähr zur gleichen Zeit sollen die Russen laut Wissenschaftlern und Forschern, die sich mit dem Thema beschäftigten, auch an einer Ebola-Marburg-Pocken-Chimäre gearbeitet haben, die auf Ustinovs Forschungen basierte.

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Werner Slenczka ist der Wissenschaftler, dem es als ersten gelang, das mysteriöse Pathogen nachzuweisen. Er lebt oberhalb einer steilen, kurvigen Auffahrt auf einem Hügel, nur wenige Kilometer von dem Ort entfernt, wo ich aufgewachsen bin. Er lief mir auf halbem Weg entgegen, trug Shorts und genoss gerade sein neustes kleines Laster: eine Zigarette. Er führte mich durch sein in dunklem Holz gehaltenes Wohnzimmer hinaus auf die Terrasse. Als ich die Verwendung von Marburg als biologische Waffe ansprach, meinte Slenczka gerade heraus: „Die B-Waffen-Strategen müssten schon arm dran sein, wenn sie sich auf so was stürzen, nur weil es eine hohe Letalität hat. Man muss das Virus ja erst mal an den Mann bringen, das ist nicht so leicht." Er erklärte mir, dass theoretisch die einfachste Möglichkeit, Krankheitserreger zu verbreiten, Aerosole sind. Das Marburgvirus allerdings kann unter solchen Umständen nicht überleben, fügte er hinzu, also ist der einzige Übertragungsweg der direkte Kontakt. Der Haken ist jedoch, dass Marburg auch von asymptomatischen Patienten oder Primaten, die früher Anzeichen einer Infektion gezeigt haben, aber momentan gesund erscheinen, übertragen werden kann. Das heißt, das Virus schläft irgendwo in deinem Körper vor sich hin, unentdeckt vom Immunsystem und immer noch hoch ansteckend. Löst das Virus bei einer Spezies keinerlei Symptome aus, bezeichnet man ihn auch als Reservoirwirt. Einer der Überlebenden infizierte seine Frau Monate, nachdem seine Symptome verschwunden waren, wahrscheinlich durch Sex. Affen, die tot waren und aufgeschnitten wurden, blieben weiterhin ansteckend und konnten das Virus an Labormitarbeiter wie Hilberger weitergeben, deren Aufgabe es war, mit inneren Organen zu arbeiten. Interessanterweise hat sich kein einziger der Tierhändler infiziert, die mit den noch lebenden Affen zu tun hatten. Zum Thema der von Spezies zu Spezies übertragbaren Krankheiten merkte Slenczka an: „Es ist theoretisch alles denkbar, auch dass Marburg mutiert, aber selbst, wenn das passieren würde, worüber immer spekuliert worden ist, dann würde das ja noch nicht bedeuten, dass es wirklich so leicht von einem zum anderen übertragen werden kann." Es sind eine Menge Faktoren involviert, aber vor allem geht es um die Rezeptoren für die Viren. Masern und Influenza zum Beispiel sind hoch ansteckend, weil die Zellen in deiner Nase eine klebrige Falle für diese Viren sind und sie schneller in deinen Körper gelangen, als du einatmen kannst. Andere Viren wie Marburg wiederum müssen erst mal zu bestimmten Zellen innerhalb deines Körpers gelangen, bevor sie überhaupt etwas infizieren können. Wenn man sich den Aufbau des Virus anschaut, gibt es keinen offensichtlichen Grund, warum Marburg nicht genauso ansteckend wie die Masern ist, aber wahrscheinlich hat es mit der Abwesenheit von hypereffektiven Rezeptoren zu tun. Und das Pocken-Ebola-Marburg-Chimären-Gerücht? „Pocken sind ein DNS-Virus. Marburg ist ein RNS-Virus. Das passt schlichtweg nicht gut zusammen", stellte Slenczka trocken fest. Trotz all dem ist Marburg extrem tödlich und darf deshalb nur in Laboren wie dem der Philipps-Universität Marburg bearbeitet werden, welche die Anforderungen der Biologischen Schutzstufe 4 erfüllen. Nichts, das Kontakt mit den Erregern hat, darf dieses Labor jemals verlassen. Alle Flüssigkeiten, Behälter und Werkzeuge müssen durch einen Autoklaven und die Luft wird erhitzt, bevor sie durch Filter nach außen gelangt, um sicherzugehen, dass nichts entwischt. Die Forscher müssen Ganzkörperanzüge tragen und eine komplizierte Prozedur durchlaufen, die multiple Desinfektionsduschen enthält. Trotzdem gibt es einen nicht enden wollenden Anstrom junger Studenten, die mit Marburg oder Ebola arbeiten wollen. „Offenbar ist das sexy", lachte Slenczka.

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Slenczka begann sein Studium in Marburg und war danach an Universitäten in München und Zürich, wo er sich einer großen Bandbreite an Themen von Biochemie bis Humanmedizin widmete, inklusive eines vollen Jahres in der Frankfurter Pathologie. Als er mit der Virologie anfing, war er sich nicht sicher, ob er dabei bleiben würde. Aber seine Arbeit mit dem Marburgvirus sollte das für immer verändern und er wurde fortan mit einer Art furchtlosem Viruskommando assoziiert. „Es war immer schwierig, sich woanders hinzubewerben, weil die Leute immer gesagt haben, wenn Sie kommen, dann müssen wir ja ein Extrasicherheitslabor bauen." Es war fast so, als könnte er das Virus nicht mehr loswerden, nur weil er es entdeckt hatte.

Als Marburg das erste Mal auftauchte, versuchte man eine Art „Impfung" zu spritzen, auch wenn keinerlei solcher Impfstoffe wirklich sorgfältig getestet worden waren—es gibt bis heute keine nachweislich wirksame Injektion. Dr. Pierre Formenty, WHO-Wissenschaftler und Marburgvirus-Experte, erklärte mir, dass, obwohl an zahlreichen Impfstoffkandidaten gearbeitet wird, eine erfolgreiche Entwicklung und Markteinführung ein extrem zeitaufwendiger und teurer Prozess ist. Slenczka drückte es direkter aus: „Man braucht immer eine Klientel für einen Impfstoff." Sein Argument war, dass niemand in der westlichen Welt diesen Impfstoff verwenden würde und sogar in Afrika das Ansteckungsrisiko relativ gering ist, wenn man die limitierten Übertragungswege der Krankheit bedenkt. Das Problem mit Krankheiten wie dieser ist außerdem, dass man es nicht wirklich am Menschen testen kann, aber ohne Tests kein verlässlicher Impfschutz entstehen kann. Und sogar wenn ein funktionierender Impfstoff eingeführt wird, muss mit Nebenwirkungen gerechnet werden.

Slenczka ging vor allem, was die Pockenimpfung betrifft, ziemlich ins Detail und diskutierte, wie diese langfristig betrachtet Raum für eine Menge anderer tödlicher Krankheiten schuf, wie zum Beispiel HIV. Seine, wenn auch etwas heikle, These war, dass, wenn es die Pocken noch geben würde, sie den Tod derer, die sich mit HIV infiziert haben, extrem beschleunigt hätten und somit das massive Aids-Sterben, das in den 80ern und 90ern um die Welt zog, verhindert hätten. Er sagte, dass niemand solch kontroverse Theorien veröffentlichen möchte, weil es merkwürdig ist (manche Leute würden auch sagen: falsch) etwas Negatives über die Pockenimpfung zu sagen. Aber diese „Soziologie der Viren", wie er es nennt, verschob seiner Meinung nach den Ausbruch der HIV-Epidemie einige Jahrhunderte nach hinten. Ich bin mir nicht sicher, ob man das als abschließendes Argument stehen lassen kann. Nicht wissenschaftlich ausgedrückt, könnte man Slenczkas Theorie als Wähle-dein-eigenes-Gift-Szenario auslegen.

Sein Argument jedoch ist interessant: Auch wenn Impfstoffe offensichtlich wichtig sind und eine Menge Leben retten, so ebnen sie auch den Weg für andere Krankheiten bei Menschen mit einem schwächeren Immunsystem—also den Leuten, die geimpft wurden und deshalb nicht den Anstand hatten, sich von den Pocken oder später Tuberkulose oder Diphtherie hinraffen zu lassen. „Sie schließen ein Loch und dann kommt's zum anderen Loch wieder raus", beschrieb Slenczka das Phänomen.

Schriftsteller Richard Preston kontaktierte Slenczka zwei Mal, als er für sein Buch The Hot Zone (das als lose Vorlage für das Dustin-Hoffman-Rene-Russo-Ungetüm Outbreak diente) und andere Geschichten recherchierte, aber Slenczka beharrt darauf, dass er einfach nicht die apokalyptische Vision zu bieten hatte, nach der Preston dürstete. Er weist immer wieder mit Nachdruck darauf hin, dass er ein realistisches Bild des Virus kommunizieren will, aber die Leute scheinen einfach für das Worst-Case-Szenario mehr übrig zu haben. Slenczka erzählte noch eine kleine, wahre Anekdote von damals: Zwei junge Brüder aus Marburg teilten sich Nacht für Nacht ein Doppelbett. Einer der Brüder steckte sich mit dem Marburgvirus an und starb daran. Der andere verpasste nicht mal einen Arbeitstag.

Ein Erreger wie das Marburgvirus ist ein Beispiel für das, was passieren kann, wenn Forscher mit eingeschränkten Ressourcen und unter Zeitdruck Ergebnisse liefern müssen. Krankheitsgeplagte alternative Versuchsobjekte—Nagetiere, Katzen, Primaten, importierte und einheimische Tiere—übernehmen die Rolle des Menschen mit gemischten und manchmal sogar tödlichen Resultaten. „Die Bedrohung, die von Marburg und somit auch Ebola ausgeht", sagte Dr. Formenty vom WHO, „ist, dass es in abgelegenen Orten auftauchen und sich in medizinischem Umfeld rapide ausbreiten kann, ohne entdeckt zu werden."