ÖH-Nichtwähler erklären ihre Motive in eigenen Worten

FYI.

This story is over 5 years old.

ÖH-Wahl

ÖH-Nichtwähler erklären ihre Motive in eigenen Worten

Drei Viertel aller Studierenden interessieren sich nicht für die eigene Interessenvertretung. Hier erklären 120 Nichtwähler ihre Motive.

Die Wahlbeteiligung bei ÖH-Wahlen war in den vergangenen drei Jahrzehnten nie wirklich gut. 1991 gingen 31 Prozent der Studierenden wählen. 2017 erreichte die ÖH-Wahl jedoch einen historischen Tiefstand: Nur 24,5 Prozent – nicht einmal ein Viertel – der Studierenden haben ihre Interessenvertreter gewählt.

Es sei innenpolitisch zu viel passiert, die ÖH-Wahl hätte kaum mediale Aufmerksamkeit bekommen, meint eine Vorsitzende der Hochschülerschaft zur schlechten Wahlbeteiligung. Dem könnte man trotz der Rücktritte von Eva Glawischnig und Reinhold Mitterlehner leicht widersprechen: Mit dem Skandal der AG Jus sowie dem Streit der GRAS mit der Grünen Bundespartei hat die ÖH-Wahl wohl so viel Aufmerksamkeit bekommen, wie schon lange nicht mehr. Die Spitzenkandidatin der Fachschaftlisten meint hingegen, dass die Wahlbeteiligung aufgrund des Skandals der AG Jus so niedrig sei. Ebenfalls eine These, die nicht gerade einleuchtend wirkt: Laufen empörte Wähler normalerweise nicht eher zur Urne als gleichgültige?

Anzeige

Kann man so entscheidende Gründe wie jene, nicht zu einer Wahl zu gehen, wirklich so einfach erklären? Muss man da nicht viel tiefer gehen und mehrere Ansätze probieren, um annähernd zu einer plausiblen Erklärung zu kommen? Ich habe – wie bei der Bundespräsidenten-Wahl – einen anderen Zugang der Motivforschung versucht und einen offenen Brief an jene Studierenden geschrieben, die überzeugte Nichtwähler sind. "Warum geht euch die ÖH-Wahl so am Arsch vorbei?", lautete der etwas polemische Titel der Online-Umfrage, "helft mir, euch zu verstehen". Innerhalb von vier Tagen haben 123 Personen die acht Fragen beantwortet.

Die nachfolgenden Ergebnisse sind nicht repräsentativ. Dennoch gewähren sie einen aufschlussreichen Einblick in die Gedankenwelt von ÖH-Nichtwählern. Anders als etwa bei Straßenumfragen, wurde den Umfrageteilnehmern komplette Anonymität sowie Freiheit bei den Antworten gewährt. Ich glaube, dass dadurch sozial erwünschte Antworten größtmöglich minimiert werden. Die Schriftlichkeit der Umfrage gibt den Teilnehmern außerdem die Möglichkeit, vor der Antwort gründlich zu überlegen.

"Ich würde gerne wissen, wie ich von der ÖH profitiere, ohne mich selbst darum kümmern zu müssen."

Mein Bestreben war es, die Antworten so authentisch wie möglich wiederzugeben. Deshalb habe ich ausnahmsweise verzichtet, leichte Rechtschreib-, Orthografie- und Grammatikfehler auszubessern. Das ist kein Bloßstellen von Fehlern, sondern das Bestreben, die Zwischentöne in den verschiedenen Schreibstilen zu erhalten.

Anzeige

In der nachfolgenden Aufzählung fand keine inhaltliche Filterung, sondern bloß eine thematische Gruppierung mittels Zwischenüberschriften statt. An einigen Stellen habe ich Mehrfachnennungen weggelassen oder das bereits vielfach Gesagte aus der Antwort gekürzt. Wem die Ergebnisse zu ausführlich sind, möge zum Ende des Artikels scrollen und die Zusammenfassung und Analyse lesen.


Der erste Gedanke, den die Befragten zum Thema ÖH-Wahl haben:

"Wurscht."

  • "Wofür braucht man die?"
  • "Unnötig"
  • "Viel Lärm um Nichts"
  • "Warum tun alle so, als ob es um den Präsidentschaftsposten der USA geht?"
  • "Kenne meine Vertreter nicht einmal, studieren und arbeiten wichtiger"
  • "Bringt sich eh nichts"
  • "Nervig bis fad"
  • "Örgs. Geldverschwendung"
  • "langweilig"
  • "Sau unnedig"
  • "Egal, wer gewählt wird, es ändert sich ja doch nichts"
  • "Was machen die überhaupt?"
  • "Wozu?"
  • "im ernst: WOZU?"
  • "Verändert genau gar nichts für mein Studenten-Leben"

"NERVIG"

  • "Oje, Slalom durch die Zettelverteiler, die einem von Weltrevolution bis hin zu billigem Kopieren alles versprechen"
  • "Zu viele emails"
  • " Es ist eine Leistung, zu wenig Wähler zu haben, und dennoch ewig bei den Wahllokalen anstehen zu dürfen"
  • "Was für ein Kasperltheater"
  • "Nervt. Viel Werbung, Luft und Aufregung, wo ich das Gefühl habe, es geht nur um die eigene Politikkarriere"

"Junge Parteioaschkriacha"

  • "Angehende Möchtegern-Politiker, die sich mittels einer Zwangssteuer profilieren wollen"
  • "Studenten, die sich wichtig machen möchten"
  • "Kindergarten. Karrieristen üben Politik, um dann im Parlament besser funktionieren zu können"
  • "Leider meinen Parteien sie müssen mitmischen"

Anzeige

"Na ja, irgendwie sind doch alle scheiße"

  • "… wen bitte soll ich wählen?"
  • "politik, die irgendwie nix weiterbringt"
  • "Ich habe absolut keine Ahnung wo ich wählen soll & die Mails nerven"
  • "Weiß weder wann sie stattfindet, wer zur Wahl antritt und wer wofür steht"
  • "Als würd euch irgendjemand, der nicht wählt, einen offenen Fragebogen ausfüllen"
  • "Sollte ich als Powi-Studentin da hingehen?"

"Net scho wieder des Thema"

  • "Schon wieder"
  • "Nicht schon wieder diese Vollidioten!"
  • "Ah, schon wieder 3(?, Wie lange werden die eigentlich gewählt?) Jahre um?"
  • "hoffentlich bald vorbei"

Ausführlichere Gründe für das Desinteresse

"Weil sich die wahlwerbenden Fraktionen auch nicht für mich interessieren"

  • "Wir leben halt im selben System nebeneinander vor uns her."
  • "ich studiere berufsbegleitend und bin 4x im jahr an der fh, niemand von der öh ist jemals aufgetaucht oder hätte sich erkundigt, was die bedürfnisse in solchen situationen sind."
  • "Mensch bekommt von der ÖH-Arbeit kaum etwas mit. Und irgendwie bring ich das, was ich mitkrieg - die tolle Beratung und die Festl - nicht in Verbindung mit den Fraktionen bei der Wahl."
  • "Check nicht inwiefern das Einfluss haben sollte. Ist meine erste ÖH-Wahl und wurde bis dato nie 'gscheid' informiert. Und bin zu schüchtern selbst zu den Standln vor der Hauptuni zu gehen und nachzufragen."
  • "die öh an meiner uni macht ganz genau nichts für uns. ich habe mich mehrmals versucht an sie zu wenden wegen rechtlicher beratung woraufhin mir geantwortet wurde 'woher soll ich das wissen? ich verteile nur das mensa pickerl. aber ich würd da nicht hingehen, weil es ist echt grauslich.'"
  • "Zu wenig Bezug zu den Kandidaten…eine Vorstellungsrunde wäre von Vorteil"
  • "Die ÖH ist eine Organisation, die oft genug etwas zu große Ziele hat und dabei ihre Aufgaben scheinbar etwas zu weit nach hinten sortiert, so rein in der Außenwahrnehmung. Warum sollte ich mich für ein Parlament interessieren, dass sich kaum für mich interessiert?"
  • "weil ich nicht weiß, warum ich mich dafür interessieren sollte. hatte während meiner studienzeit (5,5 jahre) quasi keine berührungspunkte mit der öh."
  • "Beim letzten Mal wollte ich informiert wählen gehen und wurde achselzuckend und gelangweilt weggeschickt, weil ich trotz bezahlten Mitgliedsbeitrag und wochenlangem e-Mail-Spam zur Wahl dann doch nicht im Wählerverzeichnis stand - das hätte ich ja vorher online irgendwo prüfen sollen. Aha. Das stand halt leider in keinem der 50+ Mails (und ja, ich war grantig genug und habe gezählt)."

Anzeige

"Es ist nicht so, dass es mich nicht interessiert; viel mehr halte ich viele Kandidaten schlichtweg für ungeeignet."

  • "Keine der Fraktionen vertritt Positionen die ich ausreichend teile um sie in irgendeiner Weise zu unterstützen"
  • "Weil die Kandidaten sich wie im Kindergarten benehmen, und zumindest auf meiner Uni (VetMed Uni Wien) es eine 2 Parteien Wahl ist, die eh nichts ändert, weil diese 2 Parteien ohnehin nur ihre unpolitischen Essens- und Trinkveranstaltungen organisieren. Dafür brauch ich keine Wahl."
  • "weil die studentengruppen voll von zukünftigen parteisoldaten sind"
  • "keinen bock irgendwelche zukunftpolitiker von verlogenen bullshit parteien zu wählen"
  • "weil sich meistens die falschen Leute aufstellen lassen, Streber, Narzissten, Whackos"
  • "es geht hier viel mehr um macht und sich für zukünftige jobs zu präsentieren. dass sich auf der uni was bewegt ist den öhlern durch die bank wurscht. die ganzen tollen fortschritte passieren immer zwei wochen vor der wahl und dann ist es wieder zwei jahre leise. gefragt werden die studierenden hingegen auch nicht, ob wir ihre vorschläge überhaupt wollen."

"Was hat die ÖH für mich gemacht in der Vergangenheit? Wenn das klarer wäre, würde ich mich auch mehr dafür interessieren"

Dass ÖH-Nichtwähler grundsätzlich politisch desinteressiert sind, geht aus der Umfrage nicht hervor. Im Gegenteil.

"Weil ich es in Ordnung finde wie es ist und mir durch die bisherigen Wahlen keine Veränderung aufgefallen ist"

  • "mir gehts als Student sehr gut"
  • "Weil, obwohl ich Student bin, eigentlich sonst zu jeder Wahl gehe und mich für Politik interessiere, Unipolitik für mich nicht besonders wichtig ist."
  • "Ich bin durchaus zufrieden wie es ist. Warum sollte ich mich für Veränderungen interessieren?"

Anzeige

"Es ist egal, wer gewinnt"

  • "Ich interessiere mich prinzipiell schon für die ÖH-wahl, aber wenn die nummer 2,3,4 und 6 eine koalition bilden und die ansichten dieser 4 gruppierungen jenseits von gut und böse sind (und auch absolut nichts mit studentenvertretung zu tun haben), dann entzieht sich mir die sinnhaftigkeit dieser wahl."
  • "Interesse bestünde ja, das Problem ist nur, dass wählen gehen kaum Sinn hat, wenn keine der Fraktionen tatsächlich an einer Veränderung der ÖH-Politik interessiert ist"
  • "Ich glaube einfach, dass diese Wahl vong Sinn her wertlos ist."
  • "Ich habe nicht das Gefühl, dass die ÖH etwas für mich leistet oder dass es einen Unterschied machen würde, welche Partei gewinnt. Ich weiß auch nicht, welche Partei bei der letzten Wahl gewonnen hat oder was unter anderer 'Führung' anders laufen würde. Auf mich wirken die ÖH-Wahlen jedes Mal vollkommen unwichtig für die meisten Studenten und mehr als ein Trittbrett bzw. ein Übungswahlkampf für angehende (Möchtegern-) Berufspolitiker."
  • "Ich finde, dass man keinen unterschied sieht, egal, wer gewählt wird"
  • "Weil ich nicht das Gefühl habe, dass eine andere Interessenvertretung ihren Job besser oder schlechter machen würde als die aktuelle. An meiner Uni läuft das Service grundsätzlich sehr gut, warum dann übermotivierte Jungpolitiker so ungeschickt versuchen 'echte' Politik zu spielen, versteh ich nicht."

"Es wird mein Studium nicht beeinflussen"

Anzeige

  • "ÖH vertritt die Meinung einer Minderheit der Studierenden & wird daher auch nur von einer Minderheit gewählt. Die große Mehrheit will einfach nur gute Studienbedingungen & mit dem gesellschaftspolitischen Zeug in Ruhe gelassen werden. Denn dafür gibt es die 'echten' Parteien."
  • "Absolut keine bedeutung für den studienalltag.."
  • "Die ÖH macht keine 'schlagkräftige' Politik. Die passiert in den Ministerien. Die ÖH kann zwar brav dagegen protestieren, ernst genommen wird sie aber kaum mehr. Grüne, rote und kommunistische Fraktionen neigen oft genauso zum Extremismus wie rechte. Ich brauche kein veganes Mensaessen, keinen Bus zur Akademikerball-Demo, interessiere mich nicht für Burschenschaften und Vorträge von Thilo Sarazzin."
  • "Weils eh nix bringt"
  • "Die Informationsverbreitung. Es gibt zwar eine Website, wie ich grad gesehen hab, und vielleicht ist irgendwo in deren Tiefen die Info versteckt, wieso ich mich für die ÖH interessieren sollte. Aber wieso sollte ich unter normalen Umständen überhaupt auf die Idee kommen, da draufzugehen? Ich brauch sie ja nicht."
  • "Jungpolitikerspielplatz. Echte Maßnahmen können nicht in der ÖH sondern nur in der Regierung gesetzt werden. Selbes Theater wie die Bundesschülervertretung. Beides keine Wirkungskraft, sondern nur zur Profilierung des Egos."
  • "Hätte schön öfters was von der öh gebraucht, aber weiterhelfen konnten mir die noch nie. Die bundes-öh hat's nichtmal versucht und einfach nicht auf meine mails geantwortet."
  • "Keine realistische Möglichkeit der tatsächlichen Veränderung"
  • "Weil ich einfach nicht das Gefühl habe, dass die Instanz der ÖH was für mich tut bzw. tun kann - habe ich auch aus eigener Erfahrung gemerkt. Wenn die ÖH als Instanz gebraucht wird, dann bekommt man oftmals die Antwort 'Hm, na des könnma so jetzt net machen - find di mit dem Problem ab.'"
  • "ÖH kost nur Geld und kümmert sich um Mist"
  • "Habe nicht das Gefühl, eine Interessenvertretung zu brauchen, und auch nicht das Gefühl vertreten zu werden. Die ÖH ist zwar groß dabei, wenn es um das Organisieren von Demos geht, aber um tatsächliche Anliegen zur Verbesserung (In Graz zB Schaffen von Lernplätzen) wird es eher still. Ich habe nicht das Gefühl, die ÖH zu brauchen, zumal sie eher als politisches Karrieresprungbrett und Kaderschmiede für Politiker genutzt wird. Politik machen 'die Großen'."
  • "Ich habe keine Ahnung, was die ÖH genau tut. Und ich wüsste nicht was anders wäre, wenn es die ÖH nicht gibt. Wozu also wählen?"
  • "Ich habe nicht das Gefühl, dass die ÖH irgendetwas für mich und meine individuelle Studierendensituation bewirkt. Ein einziges Mal nur wollte ich Hilfe von der ÖH… ungerechte Behandlung bei der Kurszuteilung… und zurück kam nur, dass das Problem mit dieser Person bekannt sei… Da kämpfe ich mich lieber wieder alleine durchs Studium, bevor ich mich über das auch noch ärgere."

Anzeige

Die Mehrheit der Umfrageteilnehmer hat noch nie bei einer ÖH-Wahl teilgenommen.

"Weil eine Studentenvertretung nicht politisch sein sollte"

  • "Ich hab das Gefühl, dass das ein Haufen Weltverbesserer ist, die wirklich nichts mit der Uni zu tun haben. Die interessieren sich mehr für Palästina als dafür, dass ich meinen Abschluss ein Semester verschieben muss weil ich keinen Platz kriege."
  • "Weil die ÖH meiner Ansicht nach großteils aus politischen Emporkömmlingen besteht, die die ÖH als Sandkiste für ihren politischen Kindergarten nutzen."
  • "Die leute an der basis sind sehr hilfsbereit und idealistisch. Die 'Führungsetage' hingegen besteht meines erachtens nach aus einer ansammlung (und ich mag dieses wort wirklich nicht!) links-linker tagträumer die sich um ALLES kümmern außer um die offensichtlichen und langweiligen dinge die man an einer Uni angehen könnte (zu kleine hörsäle, furchtbare vortragende,….)."
  • "Die Vertretung der Uni Wien fokussiert sich meiner Meinung nach etwas zu sehr auf Gesellschaftspolitik und zu wenig auf Universitäres. Abgesehen davon finde ich, als bekennende Sozialistin, dass die Studierendenvertretung nicht unbedingt E-Mails für Antifa oder ähnliche Gruppierungen verschicken sollte."
  • "Die ÖH konzentriert sich viel zu sehr auf die Gesellschaftspolitik und zu wenig auf die Studentenvertretung. Die paar Studierenden die diese Einstellung teilen machen begeistert mit, der Rest hat überhaupt keinen Bezug dazu und ist dementsprechend desinteressiert."
  • "Abgesehen von Serviceangeboten sollte die ÖH keine Politik machen.
    Als Student ist man fähig und mündig genug Demos zu organisieren – ohne Unterstützung einer ÖH. Sondern allein aus Engagement einiger weniger."
  • "Der zwanghafte ÖH Beitrag wird u.a. für Demos verwendet. Prinzipiell schon schlimm genug, führt das auch dazu, dass sich links dabei aufregt, wenn rechts das selbe tut und umgekehrt. Vom Cafe Rosa mal gar nicht angefangen."
  • "Was ich nicht will ist der übermäßige gesellschaftspolitische Aktionismus. Dabei werden ÖH-Gelder verschwendet (zb Demo-Busse) und inwieweit diese Aktion die Studenten tatsächlich vertreten ist fraglich. Außerdem halte ich das einmischen in einen Wahlkampf nicht für die Aufgabe der ÖH. Bitte das nicht falsch verstehen, jeder darf politisch aktiv sein – auch ÖH-Funktionäre. Ich will nur nicht, dass die Ressourcen der ÖH dafür verwendet werden."
  • "Die ÖH sollte als Vertretung unpolitisch und parteiunabhängig sein."
  • "Die ÖH wirkt etwas an den Problemen ihrer Wähler vorbeiarbeitend. Warum will ein Uni-Parlament die Welt retten und macht vor allem dafür Werbung, was sie alles an der Gesellschaft ändern will, wenn meine Skripten zu teuer sind, Webseiten alles andere als logisch aufgebaut sind und mein Mensa-Essen nicht das Beste ist? Meine Anliegen liegen erst bei mir als Student und dass ich alles online finde mit wenig Klicks, dann kann man immer noch die Welt retten als Uni-Parlament."

Anzeige

Was nach Ansicht der Nichtwähler innerhalb der ÖH falsch läuft

"Transparenz. Man checkt als Ersti das System einfach nicht."

  • "Zu wenig Transparenz was die öh kann und macht, was sich verändert hat, für mich als Zweitsenestrige ist die öh wie die Queen, sie ist irgendwie wichtig, aber kein kleines Kind weiß warum genau"
  • "Zu wenig Info, zu viel Wahlkampf - wieso gibt es überhaupt einen Kampf gegeneinander? Warum arbeiten nicht einfach alle gemeinsam? Sind ja nicht politische Parteien - oder doch? Sind die einzelnen Fraktionen (falls es so heißt) von dementsprechenden Parteien etwa gesponsert? Sagt uns niemand! Wir sitzen im Hörsaal, hören uns schlechte Redner an wie sie begründen, dass man sie wählen soll (wann?) mit dem ewigen "wir werden uns wirklich für euch einsetzen!" Wofür? Gegenüber wem? Warum sollte das die andere Fraktion nicht können? Warum habt ihr verschieden Namen? Gehört die AVE zur AG? Heißt das ich wähle die vertrottelten AG Jus Burschen wenn ich unsere AVE wähle? Danke nein! Zuckerl am Campus austeilen und alle nerven mit ihrer Wahlwerbung ist halt nicht genug um Interesse für diese seltsamen Wahlen zu bekommen."
  • "Viele wissen gar nicht, was die ÖH tut oder sind mit ihrem Service unzufrieden - wenn nicht gerade wieder Wahlen sind oder der ÖH-Beitrag fällig ist, hört man auch kaum etwas davon."
  • "Fehlende kommunikation zwischen studenten und öh"
  • "keine Ahnung was die ÖH macht!"
  • "Man erfährt abgesehen von den Wahlen nie etwas über die ÖH, weder im im Laufe der Schulausbildung oder nach der Schule oder im Studium bzw. einfach so im Alltag."
  • "Zumindest ich kann sagen, dass ich absolut nichts über die ÖH selber weiß, was sie machen darf/kann und was nicht, ich weiß nur, welches (sinnlose) Wahlprogramm die Kandidaten haben."

Anzeige

"Es gibt kein Miteinander - nur ein Gegeneinander"

  • "Anstatt ein Miteinander mit den restlichen Studierenden anzustreben, wird nur aneinander vorbeigeredet."

"Hat die ÖH zu wenig oder zu viele Kompetenzen?"

"Gute Frage. Ich kenne mich da zu wenig aus, habe aber nicht das Gefühl, dass die ÖH konkrete Verbesserungen für Studierende weiterbringt. Ob das an mangelnden Kompetenzen oder fehlendem Wille liegt, kann ich leider nicht beantworten."

Diese Frage hat nicht wirklich geklappt. Nur ganz wenige Umfrageteilnehmer antworteten mit "zu wenig" oder "zu viele". Und noch weniger begründeten diese Meinung. Der Großteil gab zu verstehen, dass sie "absolut keine Ahnung von den Zuständigkeiten" der ÖH haben.

"Ich glaub zu wenig. Irgendwie geht nichts weiter."

Offenbar ist die Wissenslücke bei vielen Umfrageteilnehmern so groß, dass sie nicht einordnen können, welche Aufgabe die ÖH, das Rektorat und welche das Wissenschaftsministerium hat (in einigen Antworten wird sogar das "Bildungsministerium" genannt). Wahrscheinlich wird die ÖH deshalb für vieles verantwortlich gemacht, wofür sie nicht zuständig ist.

Was sich die Teilnehmer von einer Studierendenvertretung erwarten würden

  • "Erwarten würde ich mir ganz lästige Leute, die jeden Tag beim Dekan stehen und probieren, das Uni-Leben einfacher, schneller und erträglicher zu machen. Aber irgendwie auch nichts haha. Uni - Feste und billiges Bier."
  • "Dass sie auf die Politik Druck ausübt"
  • "Ich erwarte mir, dass es nicht nur um Party machen oder irgendwelche Getränkestände geht, sondern, dass man sich um die wirklichen Probleme der Studierenden kümmert (z.B. mehr Laborplätze)."
  • "Ich weiß nicht, was man erwarten kann und was realistisch ist."
  • "Service. Immerhin zahlen wir ja dafür."
  • "Auf Uni-Ebene einfache Sachen: Organisation, Raum-Gestaltung (Sofas), Fragen beantworten"
  • "Nach dem studium einen job zu finden sollte einfacher gemacht werden indem verbindungen zwischen unis und firmen hergestellt werden"
  • "Einen direkten Kontakt mit den Studierenden, klare Worte, starke Charakter, Transparenz gegenüber ihren Aktionen, finanziellen oder ev. politischen Unterstützungen."
  • "Dass sie präsent ist."
  • "Ich erwarte mir eine pragmatische Studentenvertretung. Mehr Einsatz zur Verbesserung der Studienbedingungen (Anzahl der Studenten bzw. überfüllte LVs sind zum Teil ein Problem). Im Idealfall ohne fiktive Milliarden, die es nicht geben wird, als Allheilmittel zu versprechen. Und natürlich auch Unterstützung für Studenten, die diese benötigen (bessere Barrierefreiheit auf den Unis, Studenten aus prekärer sozialer/wirtschaftlicher Lage, Betreuung für Kinder von Studenten, etc…)."

"Die ÖH soll sich um mich kümmern"

Anzeige

  • "Vermutlich rechtlichen Beistand bei Problemen mit Lektoren. Soweit ich weiß gibt es das aber eh schon."
  • "Die Studenten zu befragen was sie wollen. Nicht eigenständig vollkommen lächerliche ideen zu entwickeln. (Studiengebühren???)"
  • "Ich erwarte mir, dass meine Studienvertretung keine antisemitischen Witze postet"
  • "mich und meine interessen zu vertreten"
  • "Unterstützung bei bzw. Vereinfachung von organisatorischen Hürden im Studium"
  • "Hilfe bei Problemstellungen mit Zuschüssen, Lehrpersonal, fristgerechte Notenverteilung, Studentische Probleme, die man mithilfe der ÖH eigentlich lösen sollte"
  • "Sie soll sich um mich kümmern. Ich will schnell und einfach mich zurechtfinden können, offline wie online. Dass die Dinge funktionieren. Dass bedürftigen Studenten aus armen Familien was abgenommen wird. Dass Diversität an der Uni selbst gefördert wird, und erst dann in der Gesellschaft."
  • "Dass, bevor sie für etwas einstehen, demokratisch mit allen Studenten abgeklärt werden sollte, für was sie einstehen sollen."
  • "Unterstützung bei allen Themen, die mir im Studium begegnen können, von Unterstützung als studierende Mutter über Rechtsberatung, Informationen zu allem rund um die Uni, bis hin zu Hilfe, wenn es wirkliche Probleme mit einem Lektor gibt, Diskriminierung, etc."
  • "Dass nicht um scheiß Studierendendenvertretung (statt Studentenvertretung) genderdebattiert wird oder anderen Gendermist, sondern Wichtiges. Wo soll ich wohnen als Student? Was soll ich studieren? Bekomme ich überhaupt einen Job damit? Jaja, ich studier aus Interesse, aber dann will ich doch als Soziologe arbeiten und nicht bei Ikea."

Anzeige

"Ich würde zur ÖH-Wahl gehen, wenn…"

  • "ich endlich checken würd, wo überhaupt die Wahlkabinen stehen"
  • "…ich das Gefühl hätte, dass es wirklich etwas bringt und die Gewählten auch wirklich etwas bewegen." ( sehr oft in ähnlicher Form genannt, Anm.)
  • "es dafür ECTS gäbe."
  • "Sich einer die Mühe machen würde, mir zu erklären worum es da WIRKLICH geht (damit sind keine leeren Wahlversprechen gemeint, sondern das System dahinter und die Zusammenarbeit mit Politikern (?)."
  • "ich an den entsprechenden Tagen sowieso an der Uni wäre"
  • "es eine partei gäbe, die objektiv bleibt"
  • "ich den sinn dahinter erkennen würde (das bezieht sich sowohl auf die öh, als auch auf die wahl)"


Zusammenfassung

Allgemeine Politikverdrossenheit kann man anhand dieser Ergebnisse den Studierenden wirklich nicht vorwerfen. Bei anderen Wahlen, etwa zum Nationalrat oder EU-Parlament, gehen mindestens 80 Prozent der Befragten hin. Das heißt: Wir müssen nicht den Kopf in den Sand stecken und Abgesänge auf die unpolitische Jugend singen, wie dieses Beispiel zeigt:

"Ich habe keine Ahnung was die ÖH tut, oder wer das überhaupt ist. Jetzt kann man sagen: immer diese uninteressierten Menschen. Aber ich bin nicht uninteressiert. Ich gehe zu jeder politischen Wahl. Doch, da weiß ich auch, wofür ich wähle. Ich weiß, was die für uns tun können oder zumindest könnten. Aber was kann die ÖH tun? - Keine Ahnung."

Die wichtigste Erkenntnis der Umfrage dürfte jedoch sein, dass die Mehrheit der Befragten den Sinn der Hochschülerschaft nicht kennt. Viele wissen nicht, welche Aufgabe sie übernimmt, wie sie sich zusammensetzt und welche Befugnisse sie nicht hat. Die ÖH kann ihren Mehrwert und Daseinsberechtigung dem Großteil der Wähler offenbar nicht erklären.

Anzeige

Die Ursachenforschung dafür ist sicher nicht einfach. Da könnte man die mangelnde Selbsterklärung und die öfter kritisierte fehlende Transparenz nennen. Man könnte sagen, dass alle zwei Jahre ein Wahlkampf, in dem die Fraktionen verständlicherweise nur ihre Anliegen kommunizieren, nicht hilfreich für die gesamte Arbeit der ÖH ist (Andererseits: Eine Verlängerung der Amtsdauer würde Bachelor-Studierende davon ausschließen, ihre Vertretung selbst zu wählen).

Auch bei anderen Themen dürfte der Informationsmangel zu bösen Kommentaren führen, die die ÖH nicht immer verdient hat. So würde ich anhand der Ergebnisse das politische Mandat der ÖH als ganz großes Missverständnis bezeichnen. Offenbar sind sehr viele Studierende damit unzufrieden, dass sich die ÖH zwar politisch einmischt, aber anscheinend nichts umsetzt.

Es gibt zwar eine Website, wie ich grad gesehen hab, (…) aber wieso sollte ich unter normalen Umständen überhaupt auf die Idee kommen, da draufzugehen?

Diese Ambivalenz kann man mit ihren Machtbefugnissen erklären: Die ÖH ist nicht Gesetzgeber. Sie ist weder das Wissenschaftsministerium noch das Dekanat einer Universität und schon gar nicht verfügt sie über eine Parlamentsmehrheit, um Gesetze zu erlassen. Wenn sie politische Vorstellungen formuliert, tut sie das als Interessenvertretung, die versucht, auf politische Entscheider Druck aufzubauen. Gleich wie es die Wirtschaftskammer etwa bei den wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland macht. Wenn die Forderung nicht umgesetzt wird, liegt das nicht an der Interessensvertretung, sondern an denen, die es politisch zu entscheiden haben. Übrigens: Wenn einem die politischen Forderung der eigenen Interessenvertretung nicht gefallen, kann man einfach eine andere Fraktion wählen.

Die oft gestellte Forderung nach einer unpolitischen ÖH ist natürlich legitim, aber nicht zur Gänze realistisch. Wenn die ÖH – wie oft gewünscht – sich nur "objektiv und unabhängig" um die Anliegen der Studierenden kümmert: Wann endet Service und wann beginnt Politik? Ist ein Sprachkurs für geflüchtete Studierende noch Service oder schon Politik? In vielen Fällen ist eine Unterscheidung kaum möglich.

Bei dieser Kritik schwingt auch das Argument der Weltfremdheit mit. Und das müssen sich die ÖH-Fraktionen wohl zu Recht anhören. Wie der Politikwissenschaftler Peter Filzmaier im Standard meint, finde ein großer Teil des Wahlkampfs in einer "künstlichen Social-Media-Blase der kandidierenden Gruppen und Personen" statt. "Um die Überzeugung von bisherigen Nichtsympathisanten geht es viel weniger." Man könnte auch sagen: Den Fraktionen bringt es wahltaktisch wahrscheinlich weniger, sich um Nichtwähler als um wenige Interessierte zu kümmern. Für die Fraktion ist das verständlich, für die Legitimation der ÖH fatal.

"Jeder darf politisch aktiv sein – auch ÖH-Funktionäre. Ich will nur nicht, dass die Ressourcen der ÖH dafür verwendet werden."

Die Frage nach dem Desinteresse der Studierenden an ihrer Vertretung, ist also alles andere als leicht zu beantworten. Den Wählern den Wert der eigenen Institution zu vermitteln, ist per se eine riesige Herausforderung, der die ÖH nicht wirklich gewachsen zu sein scheint. Dass die Rahmenbedingungen wie der häufige Wahlkampf diese Selbsterklärung erschweren, kommt hinzu.

Auch dürften Studierende wohl nicht so sehr an ihre Vertretung gebunden sein, wie das etwa Arbeiter bei der Arbeiterkammer sind. Einige Teilnehmer gaben an, nebenbei zu arbeiten und sich für den Uni-Kram nicht so sehr zu interessieren. Zudem werden politische Erfolge oft erst Jahre nach ihrer Initiative sichtbar. Dann, wenn von den Vertretern und Wählern niemand mehr studiert.

Liebe ÖH, ich würde sagen, ihr habt mittelfristig gesehen ein Problem. Und ich weiß nicht, ob ihr aus eigener Kraft da wieder rauskommt. Diese Umfrageergebnisse würden sich jedenfalls gut für eine Diskussion eignen.

Christoph auf Twitter: @Schattleitner