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Mit Weltraum-Lasern gegen die Erderwärmung

Auf der Berliner Konferenz für Geo-Engineering haben zwei Forscher ihre Pläne präsentiert, unser Klima mit Lasersatelliten zu reparieren. Sie wollen nicht weniger als Wolken säen und Treibhausgase weglasern.
CALIPSO und andere auf der selben Umlaufbahn aufgereihte NASA-Beobachtungssatelliten. Bild (Ausschnitt): NASA; Lizenz: Public Domain

Geo-Ingenieure sind nicht gerade für ihre Bescheidenheit bekannt. Zur Abwendung der drohenden Klimakatastrophe wollen sie nicht weniger, als das Weltklima zu hacken. Bei der ersten großen Geo-Engineering Konferenz in Berlin haben in dieser Woche nun zwei Wissenschaftler ihre besonders ambitionierten Pläne präsentiert: Sie wollen mit Hilfe von Laser-Satelliten die fortschreitende globale Erderwärmung ausmerzen.

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Während Isabelle Dicaire von der europäischen Weltraumorganisation (ESA) Wolken produzieren möchte, schlägt Aidan Cowley vor, die Treibhausgase unserer Erdatmosphäre einfach wegzulasern. Ich habe mit beiden darüber gesprochen, wie ihre verschiedenen Ansätze funktionieren könnten, und wie realistisch sie aus heutiger Sicht sind.

Während einige der Konferenzteilnehmer in dieser Woche eine  „Berliner Erklärung" vorlegten, um sich zumindest auf einen regulatorischen Rahmen für das Geo-Engineering zu einigen, interessieren sich Dicaire und Cowley vor allem für die praktische Realisierung von Ansätzen, die für Laien wahrhaftig nach Sciencefiction klingen. Für sie bedeutet es vor allem alltägliche Forschungsarbeit.

Irgendwann werden die Leute sagen: „Oh, das ist gar nicht so verrückt"

Isabelle Dicaire erforscht im Rahmen ihrer Arbeit bei der ESA die Möglichkeiten der LIDAR High-Tech-Laser. Damit werden Laser auf ein bestimmtes Ziel geschossen und anschließend wird die Reflektion gemessen, um die entsprechende Distanz extrem präzise zu bestimmen.

Die Technik kommt bereits heute im großen Stil in Projekten wie den autonomen Autos von Google oder bei den CALIPSO Satelliten der NASA zum Einsatz. Dicaire möchte herausfinden, was wir mit einer ungleich stärkeren LIDAR-Variante im Weltraum noch alles anstellen könnten. Theoretisch sollten die Laser die Bewegung von Partikeln in Wolken verfolgen können und möglicherweise sogar aktiv zur Wolkenbildung beitragen.

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Bild:  NASA. Lizenz: Public Domain.

Das sogenannte  Cloud Brightening zählt zu den meist diskutierten Geoengineering-Konzepten der vergangenen Jahre. Eine Wolke ist letztlich lediglich eine Ansammlung von Wasserdampf, die sich um Tröpfchen in der Luft verdichtet hat. Je mehr Tröpfchen sich in der Wolke befinden, um so mehr Sonnenlicht wird reflektiert.

Wenn sich die Experimente als realistisch erweisen, schauen wir uns das ganze genauer an.

Geoingenieure wollen zur Reduzierung der Temperatur auf der Erde auf diese Weise einfach mehr auffangen: Entweder durch die Vergrößerung der Wolkenoberfläche oder durch die Produktion gänzlich neuer Wolken. Bisher wurden solche Maßnahmen jedoch nur begrenzt erforscht.

Wolken säen

Dicaire erzählte mir, dass ein starkes LIDAR-System zunächst einmal der Wissenschaft helfen könnte, die Vorgänge in den Wolken noch besser zu verstehen. Später könnte es auch für die Wolkenproduktion selbst eingesetzt werden. Laut Dicaire konnten Wissenschaftler der Genfer Universität auf diesem Gebiete bereits erhebliche Erfolge erzielen, wenn auch bisher nur im Labor:

„Sie generieren mit einem Laser Wassertröpfchen im Nanoformat. Ich beobachte das Forshungsfeld genau, um zu sehen, was aus dem Weltraum heraus möglich sein könnte."

Wir sollten im Hinterkopf behalten, dass die Ideen, die von der Europäischen Weltraumorganisation untersucht werden rein theoretischer Natur sind. Auch auf der Erde existieren bisher keine Laser, die in der Lage sind eine solche Aktion durchzuführen. Aber dennoch sind die Konzepte aus technologischer Sicht nicht undenkbar—die politischen und ökonomischen Hürden, stellen wahrscheinlich letztlich das größere Hindernis dar:

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„Wir könnten das Earth Observation System der NASA verwenden, um herauszufinden, wo Wolken liegen, welche Art von Wolken wir säen wollen, und um präzise zu zielen. Von da aus können wir den Laserbeam dann in Richtung der gewünschten Wolken richten."

Ältere Verfahren zur Wolkenproduktion wollten ähnliche Ergebnisse erzielen, in dem Seewasser von Booten aus in den Himmel gesprüht wird. Die neuere Methode der Wolkenaufrüstung benötigt zur Realisierung eine größere Menge an Lasersatelliten und natürlich eine erhebliche finanzielle Unterstützung: „Bisher gibt es vergleichbare Laserquellen nur auf der Erde. Und wenn jemand sie in einen Satelliten einbauen möchte, dann müssten sie zunächst einmal für den Weltraum fit gemacht werden", erzählte mir Dicaire während unseres Gesprächs in Berlin: „Einige industrielle Partner untersuchen diese Möglichkeiten momentan. Wenn wir mit Lasern Wolken säen wollen, dann wäre dies der erste Schritt."

Dicaire ist aktuell vor allem an den wissenschaftlichen Anwendungen interessiert, die durch ein LIDAR-System ermöglicht würden:

„Es ist ein sehr einfaches Konzept. Momentan untersucht nur die ESA diesen Ansatz—und wir stecken im Anfangsstadium. Wir wollen herausfinden, ob es möglich ist einen Laserbeam von einem Satelliten auf die Erde zu schicken. Wenn sich dies als realistisch erweist, dann werden wir uns die Sache genauer anschauen."

Treibhausgase weglasern

Aidan Cowley untersucht eine andere Verwendung von Lasersatelliten. Der Professor der Dublin City University möchte versuchen die Treibhausgase, die sich heute schon in unsere Atmosphäre befinden, per Lasertechnologie wegzuschießen.

Er glaubt, dass ein mit Solarenergie betriebener Satellit sich die Gase vornehmen könnte, die unsere Erderwärmung maßgeblich beschleunigen, und sie in kleinere weniger schädliche Verbindung zerteilen könnte: „Wir wissen, dass per Plasma Ionisierung langlebige Schadstoffe wie Schwefelhexafluorid oder Kohlendioxid aufgetrennt werde können. Ein Plasma kann letztlich jedes Gas, auf das es geschossen wird, entsprechend stimulieren. Einfach nur indem wir in diese molekularen Verbindungen Energie stecken, werden sie sich zerteilen. Im Falle von Schwefelhexaflourid entsteht das deutlich harmlosere Treibhausgas Schwefel."

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Das Konzept klingt verlockend einfach. Aber warum haben wir die Antreiber unserer Klimakrise dann noch nicht per Plasma-Ionisierung pulverisiert?

„Das Problem beim Einsatz von Lasern gegen Treibhausgase liegt darin, dass die für das Plasma notwendige Energie hier auf der Erde generiert werden müsste. Letztlich müssten wir also Treibstoff verbrennen und Energie produzieren, um die Emissionen zu zerstören, die wir ohnehin produzieren. Um eine solche ungünstige Gleichung für unser Emissionsprofil zu vermieden, müssen wir ein billiges und nicht energieaufwendiges Verfahren entiwckeln. Und hier kommt die Idee der im Weltraum erzeugten Solarenergie ins Spiel."

Mit einem Satelliten, der mit hocheffizienten Solarpaneelen ausgestattet ist, sollte der Plan aufgehen. Allerdings gibt es einige weitere Probleme: Die Treibhausgase treten in der Atmosphäre bereits in ziemlich zerstreuter Form auf—es wäre also schwierig mit einem Laser effektiv zu zielen. Laut Cowley wären wohl mehrere Einheiten nötig, um eine entsprechende Effizienz zu erreichen. Und dann wäre da auch noch die Schwierigkeit der extrem hohen Kosten für Entwicklung, Test und Aufbau der Maschinen.

Solarenergie gegen das Nullsummenspiel

Laut Cowley sind auch noch andere Klimareperaturen mit seinen Lasern möglich: „Wir könnten es auch verwenden, um Ozon zu produzieren. Das ist eigentlich sehr einfach." Die Laser sind dabei nicht nur in der Lage die Ozonschicht wieder zu verdicken—die Technologie könnte auch eingesetzt werden, um den gegenteiligen Effekt zu erzielen:

„Aus militärischer Sicht wäre es auch denkbar das Ozon zu zerstören, wenn du es richtig anstellst. Du könntest über Ländern, die dir weniger freundlich gesinnt sind, Löcher in der Atmosphäre schaffen."

Zum Abschluss musste ich Dr. Cowley noch einmal fragen, ob er wirklich glaubt, dass seine Satelliten zum Weglasern von Treibhausgasen realistisch sind:

„Ich glaube schon, dass es noch eine lange Zeit dauern wird. In einem gewissen Maße haben wir es hier mit einer unterschwelligen Entwicklung zu tun. Daher glaube ich, dass es stets weiter entwickelt werden wird. Die Realisierungschancen für Solarenergie im Weltraum stehen für einige praktische Anwendungen schon ziemlich gut. Letztlich glaube ich werden die Nischenanwendungen die Entwicklung für den Mainstream vorantreiben.

Wenn wir eine gute Nische finden und sie zum Funktionieren bringen, dann werden die Leute sagen: ‚Stimmt, das ist gar nicht so verrückt.' An Solarenergie im Weltraum ist auf jeden Fall gar nicht verrückt. Das ist keine Sciencefiction."