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Missbrauch

Sexueller Missbrauch und Kinderpornos: Die bizarre Geschichte eines bayerischen SPD-Politikers

Die Opfer von Linus Förster sollen teilweise unter Einfluss von Medikamenten oder Alkohol gestanden haben und wehrlos gewesen sein.
Foto: imago | reportandum

Fünfzehn Minuten Spaß sollten es werden, eine schnelle Nummer. Am Ende sitzt der SPD-Politiker Linus Förster in Haft. Der Vorwurf: schwerer Missbrauch und Besitz von Kinderpornografie. Es ist einer der größten Politik-Skandale Deutschlands im vergangenen Jahr.

Was war passiert? Am 9. September 2016 besucht der damalige bayerische Landtagsabgeordnete eine Prostituierte. Der Augsburger will beim Sex heimlich mitfilmen, platziert eine Kamera auf einem Stuhl und verdeckt sie mit seiner Kleidung. Doch das rote Licht verrät ihn, die Frau entdeckt das Gerät. Wütend nimmt sie die Speicherkarte der Kamera an sich. Förster wirft sie grob aufs Bett, verletzt sie dabei am Finger. So steht es in der Anklage. Eine Kollegin der Prostituierten kommt dazu, sie drohen mit der Polizei. Da flüchtet der Politiker – ohne die Karte. Die bringt die Prostituierte am nächsten Tag zur Polizei und erstattet Anzeige. Nachdem die Beamten das Video ins polizeiliche Intranet stellen, erkennt ihn eine Polizistin: Försters Ex-Freundin.

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Am kommenden Montag muss sich der 52-Jährige vor dem Landgericht Augsburg noch für weitaus mehr verantworten. "Es ist die Geschichte eines selbstverliebten Menschen, der offenbar irgendwann süchtig wurde nach einer perversen Art der Selbstbestätigung und keine Skrupel mehr zeigte", schreibt der Spiegel über den Fall.


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Mitte November 2016 durchsuchen Ermittler Wohnung und Büroräume des Politikers in Augsburg und München. Auf den Festplatten seiner Computer finden sie Videos, die Förster beim Sex mit verschiedenen Frauen zeigen, alle heimlich gedreht. Die Süddeutsche Zeitung schreibt, dass die Frauen "zum Teil unter dem Einfluss von Medikamenten oder Alkohol standen und sich nicht wehren konnten". Seit 2012 soll er insgesamt fünf Frauen missbraucht haben.

In anderen Fällen kommt es zu einvernehmlichem Geschlechtsverkehr – aber er schaltet ohne Einverständnis die zahlreichen versteckten Kameras in seinem Haus an. Einer 20-jährigen Schülerin bietet er außerdem 250 Euro für ein erotisches Fotoshooting. Er holt sie mit dem Auto ab, fährt mit ihr in einen Wald, lässt sie vor der Kamera posieren. Dabei zieht er sich angeblich auch selbst nackt aus und bedrängt die Frau.

Auf den Festplatten findet die Polizei aber noch weitaus mehr: über 1.300 kinderpornografische Fotos und Videos. 354 Dateien zeigen laut Süddeutscher Zeitung den sexuellen Missbrauch von Kindern im geschätzten Alter von zwei bis zehn Jahren.

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Im Dezember dann die Festnahme. Kurz davor legt Förster all seine Ämter nieder. "Es fällt mir schwer, diesen Schritt zu tun, da mein Herzblut an der politischen Arbeit hing und hängt", lässt er damals durch seinen Rechtsanwalt in einer Erklärung vermelden. Seither befindet er sich in Untersuchungshaft. Bis es zum Skandal kam, war Linus Förster in der SPD ein angesehener Politiker. Er zog 2003 in den Bayerischen Landtag und saß im Landesvorstand der Partei. Doch er war auch bekannt als jemand, der offenbar nicht erwachsen werden wollte. Er nannte sich Linus, statt seinen richtigen Namen Heinrich anzugeben. Seine Parteikollegen nannten ihn "Berufsjugendlicher", so der Spiegel. Auf Wahlplakaten inszenierte er sich mit verführerischem Grinsen und Gitarre in der Hand. Als Sänger der Band Hopfenstrudel soll er die Herzen weiblicher Fans erobert haben. Sexuelle Kontakte soll er zur gleichen Zeit mit mehren Frauen gehabt haben, schreibt die Augsburger Allgemeine.

Dass der promovierte Politikwissenschaftler nun mit Kinderpornos und Sexvideos in den Schlagzeilen steht, ist besonders brisant, weil er jahrelang jugendpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion und Vorstandsmitglied des Stadtjugendrings Augsburg war.

War Förster klar, dass mit ihm etwas nicht stimmte? Bei seiner Verhaftung im Dezember hielt er sich in einer psychosomatischen Klinik auf. Doch obwohl er von den Ermittlungen gegen sich wusste, löschte er weder seine Festplatten noch ließ er seine Rechner verschwinden. Erst dadurch stießen die Beamten auf die kinderpornografischen Dateien.

Im Gefängnis ist Förster zu seinem eigenen Schutz in der Krankenstation untergebracht, berichtet die Augsburger Allgemeine. Ein Mithäftling sagte der Zeitung, dass der Ex-SPD-Politiker dort bei Gottesdiensten Gitarre spiele.

Förster ist nun angeklagt wegen des Verdachts des schweren sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen, des Besitzes kinderpornografischer Schriften, der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen, der vorsätzlichen Körperverletzung und der versuchten Nötigung. Die Taten leugnet er nicht, will den Großteil von ihnen sogar gestehen.

"Herr Förster will versuchen, Erklärungen zu geben. Ausflüchte wird er nicht versuchen", zitiert die Augsburger Allgemeine seinen Verteidiger. Dadurch soll er mit knapp vier Jahren Gefängnis davonkommen. Aber Förster sei, fügt sein Anwalt hinzu, "beruflich und privat erledigt".

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