Eine Ausstellung in Berlin feiert die Aktivisten, die Snowden unterstützen
Glenn Greenwald & David Miranda in São Paulo. Ifochrome-Druck, 76,2 cm x 101,6cm. Bild: Jacob Applebaum.

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Eine Ausstellung in Berlin feiert die Aktivisten, die Snowden unterstützen

In der ersten Einzelausstellung Jacob Appelbaums portraitiert der Tor-Entwickler seine Freunde mit analogen Mitteln.

In der Berlin-Friedrichshainer Galerie Nome stellt der Netzaktivist und Tor-Entwickler Jacob Appelbaum seit dem 10.9. Portraitfotos von den Menschen aus, die seit Jahren gegen die Massenüberwachung kämpfen.

Alle Bilder sind mit einer analogen Mittelformatkamera geschossen: „Das gibt mir die Hoheit über die Bilder zurück—zu wissen, dass niemand elektronisch drankommt", erklärte Appelbaum, der spätestens seit seinem Einblick in Snowden- und Wikileaks-Dokumente genau weiß, wie weit Überwachung gehen kann, gegenüber Motherboard.

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Für seine Show hat Appelbaum sechs seiner Weggefährten aufgenommen; darunter die Wikileaks-Mitarbeiterin Sarah Harrison, den Künstler Ai Weiwei in einem chinesischen Garten, Julian Assange aus bewährt messiasähnlicher Perspektive, eine entspannt lümmelnde Laura Poitras, NSA-Whistleblower William Binney und den Guardian-Journalisten Glenn Greenwald mit seinem Freund David Miranda vor deren Haus im brasilianischen Dschungel. Insbesondere deren Portrait sieht so entspannt und unbeschwert aus wie ein Urlaubsfoto.

„Erstens sind die beiden das heißeste Gay-Paar, das ich kenne", findet Appelbaum, „und ich glaube, die beiden haben gar kein gutes Foto von sich—deswegen habe ich es ihnen auch geschenkt. Ich bin stolz, dass sie mich in ihr Leben gelassen haben. Ich finde es unglaublich, wie die beiden diesen immensen Druck durchgestanden haben. Es geht mir bei allen Portraits um ein Netzwerk des Widerstandes, das ich hier abbilden möchte".

Jacob Appelbaum vor dem Portait von Glenn Greenwald und David Miranda. Bild: Julia Sinkowicz

Der Titel seiner Show; SAMIZDATA—Evidence of Conspiracy ist laut Appelbaum „doppeldeutig: Sind nun die Abgebildeten verschworen, oder haben sie erst eine Verschwörung aufgedeckt?" Tatiana Bazzichelli, die Kuratorin, hat begleitend dazu noch am kommenden Wochenende eine Konferenz über Widerstand gegen die Überwachung Post-Snowden im Kunstraum Bethanien organisiert, bei der auch Appelbaum sprechen wird.

Ein weiterer Teil der Ausstellung ist eine Kette, in dessen gläsernem Anhänger geshredderte Dokumentenfetzen zu sehen sind. „Da drin sind die Kill-Listen der britischen Regierung. Haben wir nicht veröffentlicht. Ich will damit die Angst, die Scham und die Schuld (so heißt das Ausstellungsstück) kontextualisieren und damit die Bürde verteilen, die Journalisten täglich mit sich herumtragen: Quellenschutz, Bedrohung, rechtliche Konsequenzen, Einschüchterungen. Und wir wollen, dass sich etwas in der öffentlichen Wahrnehmung ändert, dass die Menschen fragen: Warum ist diese bestimmte Information nicht öffentlich?" Um diese Bürde weiterzuschultern, können die Anhänger auch gekauft werden: Der Erlös geht an die von Harrison geleitete Courage Foundation, die sich der Unterstützung weiterer Whistleblower verschrieben hat.

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Bild: Julia Sinkowicz

Bild: Julia Sinkowicz

Sämtliche Fotos stammen aus Appelbaums Privatarchiv und wurden mit Infrarotfilm geschossen, der lichtempfindlicher ist als normaler Film und durch die spezielle chemische Behandlung Bilddetails sichtbar macht, die herkömmliches Trägermaterial nicht erfasst. Zudem ist in jedem Bild ein Baum zu sehen; „eine Metapher für das Netzwerk des Widerstandes, das sich weit über den Bildausschnitt hinausbewegt—und außerdem mag ich tatsächlich Natur", so Appelbaum.

Zuletzt zeigt der Künstler auf einen Stoffbeutel mit einer chinesischen Aufschrift neben einem der mit Dokumenten gefüllten flauschigen Pandas, die er gemeinsam mit Ai Weiwei im Rahmen des Projekts Panda2Panda (P2P) in Peking erstellte.

„Auf der Tasche steht 'Fick deine Mutter'", freut sich Appelbaum. Ein bisschen jugendlicher Anarcho-Witz ist ihm bei aller Ernsthaftigkeit der Thematik zum Glück immer noch geblieben.

Die Ausstellung SAMIZDATA—Evidence of Conspiracy läuft vom 10. September bis zum 31. Oktober 2015 in der Galerie Nome, Dolziger Str. 31 in 10247 Berlin.