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Rechtsextreme konnten in diesem Netzwerk alles sagen – dann drohte Microsoft, den Stecker zu ziehen

Auf Gab.ai postete ein US-Politiker Aufrufe zum Massenmord. Für Microsoft überschritt er damit eine Grenze auf der Plattform, auf der Nutzer dachten, es gäbe keine Tabus.
Bild: Shutterstock | Volodymyr Kyrylyuk 

Die Plattform Gab.ai ist in Deutschland wenig bekannt. Doch das Netzwerk, das sich gerne als die "zensurfreie" Alternative zu Twitter darstellt, ist beliebt unter rechtsextremen Nutzern. Hier können sie viele Inhalte verbreiten, die auf anderen Plattformen zur Sperrung führen würden. Auch deutsche Nutzer sind dabei. Damit könnte es jetzt vorbei sein. Denn Gab.ai hat einen überraschenden, neuen Gegner gefunden: Es ist keine Internet-Antifa, kein Politiker, sondern Microsoft.

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Ende letzter Woche hat Microsoft Gab.ai ein Ultimatum gestellt, Hate Speech von ihrer Seite zu entfernen. Kämen sie dieser Forderung nicht nach, würde das Netzwerk den Zugang zu Microsofts Azure Cloud verlieren, über die Gab gehostet wird.

Grund waren zwei Posts des Gab-Nutzers Patrick Little. In einem rief Patrick Little zur "kompletten Auslöschung aller Juden" auf, der andere zur Ermordung von Juden durch Folter. "Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass diese Inhalte zu Gewalt aufrufen und nicht durch das First Amendment der US-Verfassung – freie Meinungsäußerung – geschützt sind. Die Inhalte verstoßen gegen Microsoft Azures Nutzungsbedingungen", sagte ein Microsoft-Sprecher gegenüber Motherboard. Microsoft habe Gab.ai über diesen Verstoß informiert und dazu aufgefordert, die Inhalte innerhalb von 48 Stunden zu entfernen. Käme Gab der Forderung nicht nach, würde es riskieren, von Azure verbannt zu werden und somit vorerst aus dem Netz zu verschwinden.

Der Gründer von Gab postete Microsofts Verwarnung auf Twitter

Screenshot: Twitter

Patrick Little ist dabei nicht irgendein Nutzer, er ist ein US-amerikanischer Politiker, der für die Republikaner für einen Sitz im US-Senat kandidierte. In der Partei ist er eine äußerst kontroverse Figur. Als er im Mai die Versammlung der Republikanischen Partei in Kalifornien besuchte, wurde Little aufgrund seiner antisemitischen Aussagen ausgeschlossen. Seitdem versucht Little, seine antisemitischen Botschaften, in denen er unter anderem ein USA "frei von Juden" fordert, durch öffentliche Auftritte und automatische Sprachnachrichten zu verbreiten, in denen aus unerfindlichen Gründen die Titelmelodie von Friends im Hintergrund spielt. Über Gab.ai hat er außerdem dazu aufgerufen, Holocaust-Mahnmale zu zerstören.

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Am vergangenen Donnerstag postete der Gründer von Gab, Andrew Torba, einen Screenshot von Microsofts Verwarnung. Anschließend bat Torba Little über Gab, seine Posts freiwillig zu löschen. Zuerst sah es so aus, als ob Little der Aufforderung nachkommen würde, doch kurze Zeit später verkündete Torba, dass die Posts von Gab entfernt worden seien, da Little sein Versprechen nicht gehalten habe. Außerdem habe zumindest einer seiner Posts gegen "Gabs Nutzungsrichtlinien verstoßen – und möglicherweise auch gegen US-Recht", so der Gab-Gründer. Trotzdem kündigte Torba an, dass Gab daran arbeite, zukünftig eine eigene Hosting-Plattform aufzubauen.


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Der Fall zeigt, wie wichtig es ist, dass große Medienplattformen wie Microsoft ihre eigenen Nutzungsbedingungen konsequent umsetzen – denn dann sind selbst Plattformen wie Gab.ai gezwungen, zu reagieren und gegen Hassrede auf ihren Seiten vorzugehen.

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