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10 Fragen, die der neue WhatsApp-Kanal der Bundeswehr aufwirft

Will die Bundeswehr Soldaten oder Spaß-Touristen rekrutieren? Und was hat Knochenbohren mit Erster Hilfe zu tun? Wir haben Fragen an den WhatsApp-Account, der Nachwuchs für eine Eliteeinheit begeistern soll.
Ein Triptychon aus Screenshots. Links: Moderator Lehmann, ein junger Mann mit Bart, steht Oberkörperfrei im Wasser, seine Hand wie im Karate erhoben. Mitte: Eine Chat-Nachricht des KSK-Accounts. Rechts: Lehmann trägt kein T-Shirt, dafür aber eine Jacke; e
Alle Bilder: Screenshot | WhatsApp | Bundeswehr Exklusive

"Der Wille entscheidet" lautet das Motto des Kommandos Spezialkräfte, kurz KSK. Und offenbar gehört es zum Willen dieser Spezialeinheit der Bundeswehr, junge, internetaffine Menschen für sich zu begeistern. Von der KSK handelt nämlich aktuell die dritte Auflage der YouTube-Serie auf dem Kanal Bundeswehr Exclusive, der momentan über 366.000 Abonnenten hat.

Auf dem YouTube-Kanal konntet ihr euch bereits in der Serie "Die Rekruten" (2016) ansehen, wie junge Menschen zu Soldatinnen und Soldaten werden. In "Mali" unternahmen im Jahr 2017 Soldaten eine sogenannte Stabilisierungsmission. Und seit November zeigt nun "KSK – kämpfe nie für dich allein" das Training von Elitesoldaten im Dschungel von Belize.

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Diesmal ist das Einsatzgebiet der Bundeswehr nicht nur YouTube; es gibt auch einen Podcast, Trainingseinheiten mit dem Amazon-Sprachassistenten Alexa und täglich neue Nachrichten auf einem eigenen WhatsApp-Kanal. Darin verschickt ein Zivilist, der die Elitesoldaten begleitet, täglich Nachrichten, Gifs und und Videoclips. Das Verteidigungsministerium betrachtet WhatsApp einer Pressemitteilung zufolge als Teil eines "einzigartigen 24-Stunden-Serienerlebnisses". Ein Erlebnis, das ein paar Fragen aufwirft:

1. Wer ist eigentlich der Typ, der den Dschungeltrip mit der Bundeswehr so abfeiert?

Screenshot von WhatsApp

Robert Marc Lehmann bezeichnet sich selbst auf seiner Website als Meeresbiologe, Forschungstaucher und Abenteurer. Er wurde unter anderem zum National-Geographic-Fotografen des Jahres 2015 gekürt. Eine Slideshow auf seiner Website zeigt, wie Lehman mit einem Hai, einer Robbe und einem Schwarm Fische badet. Lokalzeitungen berichten über Lehmanns Besuche an Schulen, bei denen er für Umwelt- und Artenschutz sensibilisieren will. Auch die Bundeswehr-Serie richtet sich an junge Menschen. Diesmal ist Lehmann aber nicht mit Tieren, sondern mit Menschen unterwegs.

Zu Beginn der WhatsApp-Unterhaltung schreibt er: "Meine Challenge: Als Zivilist im Dschungeltraining den Respekt der Soldaten verdienen." Das wirft natürlich gleich die nächste Frage auf: Hatten die Soldaten zunächst keinen Respekt vor Lehmann?

2. Hat der WhatsApp-Kanal der Bundeswehr etwas mit dem Dschungelcamp zu tun?

Screenshot von WhatsApp

Eigentlich nicht, aber Sätze wie "Mein Tipp für die volle Packung Dschungelabenteuer" klingen schon nach RTL. Was auch nach Dschungelcamp klingt: Vorm Einschlafen erzählt Lehmann, dass er sich vor Schlangen und Spinnen gruselt. Wir lernen: Ein Bundeswehr-Einsatz ist eine aufregende Mutprobe. Aber im Gegensatz zum Dschungelcamp kann dort keiner rufen: "Ich bin Soldat! Holt mich hier raus!"

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3. Ist ein öffentlicher WhatsApp-Kanal wirklich der Ort, an dem die Geheimnisse einer Geheimtruppe enthüllt werden?

Screenshot von WhatsApp

KSK-Soldaten dürfen nicht über ihren Job reden. Im Teaser zur Serie heißt es "Nur wenige kennen ihre Namen". Mit der Serie würde die Bundeswehr "umfassende Einblicke" in das KSK geben, das "von Mythen und Geheimnissen" umgeben sei, schreibt das Verteidigungsministerium in einer Pressemitteilung. Auch Lehmann schreibt auf WhatsApp "Heute riskieren wir einen Blick…".

Stimmt das? Ja, nein, irgendwie nicht. Auf dem WhatsApp-Kanal sehen wir bewaffnete Soldaten durch den Dschungel stapfen. Man weiß nicht genau, wozu und wohin. Die krasseste Enthüllung, die uns aufgefallen ist: der verschwitzte Fuß eines Geheimsoldaten, der angeblich "Giovanni" heißt. Er hat sich am Knöchel verletzt.

4. Will die Bundeswehr Elite-Soldaten oder Spaß-Touristen rekrutieren?

Screenshot von WhatsApp

"Der Dschungel: sehr gefährlich und sehr geil!", schreibt Lehmann und präsentiert uns auf WhatsApp "einen der coolsten Wasserfälle in Belize". Na, wenn das mal kein Abenteuerurlaub ist! "Das Beste kommt noch!", schreibt Lehmann später mit Rocker-Emoji. Wir lernen: Die Bundeswehr ist offenbar auch ein exklusiver Reiseveranstalter, der einen an Orte bringt, an die man vermutlich niemals gelangen würde.

5. Möchte die Bundeswehr wirklich im Jahr 2018 mit Penis-Witzen punkten?

Screenshot von WhatsApp

Es ist 2018, männliche Stereotype werden öffentlich schärfer hinterfragt als je zuvor, und die Bundeswehr möchte mehr Frauen rekrutieren. Nach Angaben der Bundeswehr beträgt der Anteil an Frauen bei den Streitkräften aktuell nur zwölf Prozent. Die Zahl steige, schreibt die Bundeswehr auf ihrer Website, und: "Dieser Trend soll sich fortsetzen."

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Passend dazu präsentiert sich der bärtige Abenteurer Lehmann mit durchtrainiertem, tätowiertem Oberkörper und reißt einen Penis-Witz.

"Was tut Mann im Dschungel, um sein bestes Stück zu schützen?", schreibt er auf WhatsApp. Es geht um eine Verteidigungsstrategie gegen Fische, die in Harnröhren schwimmen. "Ich zeig's euch", so Lehmann weiter, nur um sich selbst zu korrigieren und klarzustellen, dass er etwa nicht seinen Penis, sondern seine Verteidigungsstrategie "zeigen" möchte. Da hat jemand den Zeitgeist verstanden.

6. Werden in dem WhatsApp-Kanal ernsthaft der Vietnamkrieg und ein Herzchen-Augen-Emoji in einem Atemzug genannt?

Screenshot von WhatsApp

Ja. What a time to be alive.

7. Wer hätte gedacht, dass Soldaten "fiese Tricks" anwenden?

Screenshot von WhatsApp

In einem Video auf dem WhatsApp-Kanal bekommt Abenteurer Lehmann einen Fesseltrick gezeigt. Dazu schreibt er: "Ich hätte es wissen sollen: Beim KSK wird auch mit diesen Tricks gearbeitet!" In der Tat könnte man Kampfhandlungen und Militäreinsätze als "fies" bezeichnen. Neben Fesseltricks beherrschen Soldaten ja bekanntlich auch unter anderem Schussfeuerwaffen- und Handgranaten-Tricks.


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8. In welchem Jahr spielt die Geschichte, die hier erzählt wird?

Screenshot von WhatsApp

Die Ereignisse spielen heute, klingen aber manchmal nach den 1980er Jahren. Der Protagonist benutzt nämlich antiquierte Jugendwörter wie "Alter Schwede" und "Zieht's euch rein". Sheeesh, im Vergleich dazu ist selbst die Langenscheidt-Jury für das Jugendwort des Jahres lit as fuck.

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9. Zählt das Aufbohren von Knochen als "Erste Hilfe"?

Screenshot von WhatsApp

"Jeder sollte so einen Erste-Hilfe-Kurs mal gemacht haben und das auch anwenden können", sagt Lehmann in einem Video auf dem WhatsApp-Kanal. Nur wenige Sekunden zuvor hat ein Experte dem Team erklärt, wie man einen Knochenbohrer nutzt.

Den Umgang mit dem Knochenbohrer zu beherrschen, ist in der Tat auch im Alltag für Zivilisten sehr nützlich: Zum Beispiel, wenn ihr… ähm… es gibt kein Beispiel. Bitte setzt niemals bei Erster Hilfe außerhalb einer einsamen Expedition einen Knochenbohrer ein. Ruft einfach einen Notarzt.

10. Kann man in dem WhatsApp-Kanal auch wirklich fleißig mit den KSK-Abenteurern hin und her chatten?

Screenshot von WhatsApp

Ja. Wir haben es ausprobiert und gefragt, ob der WhatsApp-Kanal noch darüber aufklären wird, dass die Arbeit beim KSK tödlich sein kann – schließlich erinnere das Ganze bisher eher an einen Abenteuerpark. Die Antwort kam von einer Person namens Thomas: "Hallo, wie genau die weiteren Folgen aussehen werden, kann ich hier natürlich nicht verraten", schreibt er. Aber demnächst werde "ein klarer Cut folgen".

Alter Schwede! Wir sind gespannt.

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