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Mit diesem Holzklotz blockst du Handy-Telefonie in deiner unmittelbaren Nähe

Die Künstlerin Allison Burtch hat einen Störsender in einen Holzscheit eingebaut. Der legt Handyfrequenzen lahm, um dir eine Pause von der allgegenwärtigen mobilen Plapperei zu verschaffen.
Fällt kaum auf. Bild: Allison Burtch. Mit freundlicher Genehmigung.

Ein Störsender ist eigentlich fast ausnahmslos eine ärgerliche Sache. Ob der Satellitenempfang eines Auslandsrundfunks in missliebigen Staaten gestört wird oder der Mobiltelefonempfang im Gefängnis—stets steckt die Absicht einer zentralisierten Machtinstitution dahinter, Kommunikation rigoros zu unterbinden.

Mindestens genauso zermürbend ist es jedoch, wenn du dich als unbescholtener Bürger der allgemeinen Dauerkommunikation deiner Mitmenschen nicht mehr entziehen kannst. Für den Fall, dass du nicht gerade  jenseits der Zivilisation leben kannst, hat die Künstlerin Allison Burtch nun den Log Jammer entwickelt: Einen getarnten Baumstamm, der als Handystörsender jegliches Smartphone-Geschnatter in deiner nähern Umgebung stilsicher ausschaltet. Wahlweise auch (illegal) einsetzbar falls deine Bürokollegen oder die Nachbarn in der Bahn mal wieder übertreiben mit ihrer mobilen Redseligkeit.

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Kleine Nischen der Stille schaffen, in denen Menschen vielleicht wieder etwas zu sagen haben.

Auch wenn Andy Greenberg auf Wired freimütig gesteht, dass er sich vom Log Jammer auch beim Waldspaziergang nicht vom Nerd-Talk über Bitcoins abhalten ließe, so blockt der Open-Source-Störsender zumindest im Umkreis von sechs Metern effektiv die Gesprächsfrequenzen aller handelsüblicher Handys. Dazu versteckt der Log in seinem ausgehöhlten Birkenstamm eine selbstgebastelte Schalttafel, die ein Funkrauschen produziert, das die Telefonie nutzlos macht.

„Denn das Problem ist nicht mehr, dass Menschen dazu gebracht werden müssten, sich auszudrücken", paraphrasiert Burtch den Philosophen Gilles Deleuze auf ihrer Webseite, „sondern, kleine Nischen der Stille zu schaffen, in denen sie vielleicht etwas zu sagen finden."

Ursprünglich kam Allison auf ihre Idee wegen der urbanen Funktürme, die sich getarnt als Bäume unauffällig in die Natur einfügen. Ihr echtes Baumstück funktioniert nun genau gegensätzlich. Mit ein bisschen Technik im Bauch soll es Privatpersonen ermöglichen, in der Natur wieder von Mensch zu Mensch zu kommunizieren.

„Wir alle reden ständig, aber niemand hat mehr etwas zu sagen", schreibt Allison auf ihrer Website. Sie möchte mit ihrem Konzept aber nicht nur das ungetrübte Naturerlebnis forcieren, sondern vor allem einen geschützten Rückzugsort in der Natur schaffen.

Denn dass wir durch die permanente GPS-Positionierung, die Kommunikation mit nahegelegenen W-Lan-Hotspots und Zellanmeldungen über Funktürme nicht nur ein Telefon, sondern auch einen nervig brummenden Peilsender mit uns herumtragen, dürfte mittlerweile jedem klar sein.

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Es ist eine ständige freiwillige Konnektivität, die uns vielleicht nicht aufgezwungen wird, aber durch die dauernde Erreichbarkeit und Überlegungen, sogar Parks mit Wifi auszustatten, zumindest penetrant erleichtert wird. Für all die Datenströme schafft auch Allisons Gadget keine Atempausen—dafür muss es schon die Faradayischer-Käfig-Tasche von Aram Bartholl sein.

Im Birkenstamm stecken diverse Kontrollkompenenten, ein Verstärker und eine Antenne im Wert von ungefähr 158 Euro. Die Hardware ermöglicht das Senden von Störsignalen auf der für Mobiltelefone üblichen 1950 MHz-Frequenz.

Durch den begrenzten Frequenzbereich, den der Log Jammer abdeckt, werden zumindest Sprachanrufe zuverlässig geblockt. Damit ist der Jammer keine All-Inclusive-Tarnkappe für die Natur, sondern nur eine freundliche, künstlerisch inspirierte Ermutigung, auch mal wieder persönlich zu kommunizieren, „sofern man denn tatsächlich etwas zu sagen hat", so die Künstlerin.

Das einzige Problem ist, dass Störsender eigentlich illegal sind. Daher legt die Schöpferin auch Wert auf die Tatsache, dass diese nur unter Laborbedingungen getestet wurden.

Eine begeisterte Kundin hatte aber gleich eine andere Idee: „Ich würde ihn mir dekorativ ins Esszimmer stellen, um dort wirklich mal mit meiner Familie reden zu können, statt ständig von externen Gesprächen und Gebimmel unterbrochen zu werden.

Allison Burtch beschäftigte sich schon vorher mit politischen Arbeiten. Sie organisierte einen Drohnenkonferenz in New York, war Redakteurin beim Occupy Wall Street Magazine, programmierte ein Browserplugin, das politische und wirtschaftliche Verflechtungen anzeigt und kümmerte sich um einen App-Webstore für dumme Telefone. Entsprechend dem Open-Source-Geist veröffentlichte sie dann auch die Baupläne auf Github, damit jeder sich den Störsender nachbauen kann.

Mit einer besseren Antenne, die zur eleganteren Tarnung vielleicht als Ast verkleidet werden könnte und einem leistungsfähigen Verstärker könnte der Log Jammer angepasst und um Funktionen wie das Blockieren von W-Lan-Signalen erweitert werden. Je größer die Reichweite, desto größer der Schutzraum in der Natur.

Der Philosoph Gilles Deleuze schreibt zu diesem Schutzraum weiter: „Was für eine Erleichterung, das Recht zum Nichtssagen zu haben. Denn nur dann haben wir die seltene Chance, wirklich wertvollen Aussagen eine Bühne zu geben."

Und sollten die Telefone beim philosophischen Frühschoppen im Wald doch mal durch eingehende Facebook-Nachrichten piepen, kannst du deiner Begleitung mit dem Holzscheit immer noch gepflegt eins überziehen.