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Selbsterklärter Internet-Nerd hat seine eigene Entjungferung gecrowdfundet

Mit Hilfe von Crowdfunding und einem deutschen Web-Forum hat es Fedor bis ins Frankfurter Bahnhofsviertel geschafft.
Screenshot: Indiegogo

Wir mögen Leser-E-Mails. Und wenn sie dann auch noch den Titel „Idee zu einer bizarren Sache" tragen, dann könnt ihr euch sicher sein, dass wir uns  der Angelegenheit annehmen. In den frühen Morgenstunden wies uns heute ein geneigter Leser auf eine Crowdfunding-Kampagne hin, die er seit Tagen begeistert verfolgt hatte. Sie bietet wirklich alles, was ein gutes Projektdrama 2.0 braucht: Persönliches Schicksal, ein hehrer Anlass, mit dem sich jeder identifizieren kann, schier unüberwindbare Hindernisse und ein Happy End.

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Am 12. August startete die Indiegogo-Kampagne „Fedoras Satisfaction" mit der sich der Nutzer einer deutschen Bildplattform seine eigene Entjungferung finanzieren lassen wollte. Der 25-jährige mit dem Pseudonym Fedor erklärte dort freimütig auf Grund seiner Internetsucht und wohl damit einhergehender sozialer Inkompetenz bis jetzt noch keine eigenen sexuellen Erfahrungen gemacht zu haben. Das sollte sich nun ändern, und so wollte er dank der grenzenlose Hilfsbereitschaft des World Wide Webs 500 Euro auftreiben, um sich eine Prostituierte leisten zu können. (Allerdings zeigte sich Fedor auch nach dem Erwirtschaften von 250 Euro schon zufrieden und bat um ein Ende der Spenden.)

Indiegogo hat die Kampagne, die eigentlich noch bis zum 11. Oktober aktiv sein sollte, jedoch nach einigen Tagen eingefroren. Die gespendeten Geldbeträge sollten zurück überwiesen werden.

Inzwischen war die Geschichte bei seinen Web-Freunden jedoch schon so weit fortgeschritten, dass Fedor jetzt abliefern musste. Er legte sich also ins Zeug und einigte sich mit Ingiegogo auf eine angemessene Präsentationsweise, damit seine Kampagne doch noch ein Erfolg werden könnte. Und bald schon nahm die Idee erneut Fahrt auf, wie er in dem Forum stolz verkündete:

Es gibt super News: Wir sind wieder online!!!

Nach langen E-Mails und Erklärungen bekam nun auch der Indiegogo Support Mitleid und ich habe die Möglichkeit bekommen, das Projekt zu überarbeiten und wieder online zu stellen!

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Die Spenden bleiben erhalten!!!

Ich hoffe, das es am Mittwoch passiert! Ich bin nervös.

Seinen Ursprung nahm die Geschichte um Fedor auf einer deutschen Plattform auf der jeder Nutzer unter einem Pseudonym lustige und weniger lustige Bilder hochladen kann. Kredo der Nutzer: „Man spricht nicht über dieses Forum."

Digitale Selbsthilfe

Doch Fedors Geschichte über seine Jungfräulichkeit und seinen besten Freund, der ihn endlich aus diesem Dilemma herausholen wollte, hatte bereits soviele mitfiebernde Fans versammelt, dass irgendwann nur noch die größere Öffentlichkeit der digitalen Schwarmfinanzierung als ultimative Lösung blieb.

Crowdfunding ist bisher vor allem als effiziente und unabhängige Finanzierungsmethode bekannt, mit der auch ambitionierte Umweltprojekte wie die Befreiung der Ozeane vom Plastikmüll oder Fusionsreaktoren auf Heimgröße gestemmt werden sollen. Wie der überfinanzierte Kartoffelsalat bewiesen hat, sind wir natürlich längst im Zeitalter des ironischen Crowdfundings angelangt.

Ich will am versprochenen Tag delivern

Fedors digitale Selbsthilfe geht aber nun einen Schritt weiter, und wirft dabei gleichzeitig die Frage auf, wie selbstbezogen und auch wie explizit Indiegogo-Projekte eigentlich sein müssen bzw. sein dürfen. Die Crowdfunding-Plattform selbst scheint sich bei der Sache nicht ganz sicher zu sein und animiert Fedor in einem Schreiben zu mehr Transparenz in seinem Projekt. Diesen Wunsch wollte Fedor mit einem Video der Aktion, in dem all seine großzügigen Supporter im Abspann aufgezählt werden, befriedigen. (Auf unsere Fragen hat Indiegogo bisher nicht reagiert. Sollten wir eine Antwort erhalten, werden wir den Text entsprechend aktualisieren.)

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Die Geschichte überzeugt uns einmal mehr von den allmächtigen Heilungskräften des Internets—ein Nerd, der sich dank Crowdfunding selbst resozialisieren kann; welch konsequentes und überzeugendes Projekt.

Die analoge Stunde der Wahrheit

Gestern war nun das angepeilte Entjungferungs-Datum, doch der geplante sexuelle Erfolg gestaltete sich schwieriger, als zunächst angenommen. Wie das von Fedor hochgeladene Video zeigt, fand er letztlich dennoch eine augenscheinlich schwangere Prostituierte (oder war sie einfach nur fett, wie die Bilder von anderen Nutzern gedeutet werden), die bereit war sich beim Akt auch filmen zu lassen. Die scheinbar doch etwas günstigere Dame machte es möglich, dass der Sexlaie von den eingenommenen 566 Euro sogar noch Geld sparte. Warum er das Geld nicht anderweitig investierte, als für die Bekanntschaft mit einer Prostituieren aus dem Frankfurter Bahnhofsviertel, bleibt unklar.

Und wie das Internet nun mal so ist, hat die Community natürlich trotz aller Bemühungen Fedors und seiner Einhaltung des Termins wieder etwas zu meckern. Doch Fedor weiß sich zu rechtfertigen und beschreibt die Mühen, die er auf sich genommenen habe, ausgiebig:

„Ich habe noch lange nicht alle Kommentare gelesen, die heute unter relevante Bilder geschrieben wurden, aber womit [habe ich hier denn jemanden] verarscht?

Ich bin von Fulda nach Mannheim gefahren, um den Auftrag zu erfüllen, wurde versetzt und telefoniere ne Menge Nummern ab, bis ich eine in Bad Soden finde. [Ich] werde wieder verarscht und entscheide mich dann kurz bevor es zu spät ist (weil kein Zug mehr zurückfährt und weil ich am versprochenen Tag delivern will), im Frankfurter Bahnhofsviertel alle Nutten zu befragen, welche sich für Extra-Cash filmen lassen würden.

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Was sind denn die Argumente, dass ich jemanden verarscht hätte? Was habe ich den falsch gemacht??

Gestern Nacht stellte Fedor schließlich das Video seiner sexuellen Handlung online, nach dem andere User schon spekuliert hatten, dass er verdächtig lange offline sei. In dem Video hält er zum Beweis der Echtheit pflichtbewusst und andauernd einen Zettel mit seinem User-Namen in die Kamera. Eine wahrhaft überzeugende Dokumentation. Die Echtheit der Vorgänge ist aufgrund des Forums, in dem nicht unter Klarnamen gepostet wird, nur schwer zu verifizieren, aber Fedors nicht abreißende Kommunikation unter seinem scheinbar heißgeliebten und wohlgepflegten Web-Alias sprechen für die Authentizität der Aktion.

In bester deutscher Gründlichkeit wird Fedor außerdem in Kürze eine Abrechnung der Aktion vornehmen und allen großzügigen Unterstützern einen Teil ihrer Paypal-Zahlungen zurückerstatten. Was ihm gar nicht gefällt sind die zusätzlich anfallenden Indiegogo-Gebühren von neun Prozent vor Beginn der Kampagne und abschließend noch einmal fälligen vier Prozent.

Warum Fedor nicht einen noch größeren Teil seines Projekts im Netz verwirklicht hat, ist dabei unklar. Auf  Peppr.it hätte er doch nach dem Lieferando-Prinzip auch Auswahl und Kontaktanbahnung online erledigen können, statt in die analoge Realität des Frankfurter Bahnhofsviertels hinabzusteigen.

Ob diese Beischlaferfahrung Fedor nun wirklich etwas für sein Leben gebracht hat, oder ob es lediglich ein weiterer Thread auf seinem Nutzerprofil bleibt, wird er wohl demnächst mitteilen. Das bisherige Ende vom Lied lautet jedenfalls:

Da Anna nicht kam, kam Fedor auch nicht!