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GAMES

So hart beschimpfen sich Online-Gamer

„Hurensohn", Hitlervergleiche und Mutterwitze—so beleidigen sich Zocker bei „DOTA 2", „Call of Duty" und „Mario Kart".
Bild eines Controllers
Foto: Luke Hayfield | Flickr | CC BY 2.0

Wer schon einmal in der Kommentar-Sektion einiger Onlinemedien unterwegs war oder sich in halbwegs regelmäßigen Abständen auf Social Media Plattformen herumtreibt, wird gemerkt haben, dass sich die Kommunikation unter dem Schutz der Anonymität deutlich von der aus dem realen Leben unterscheidet. Aber wer denkt, dass es in Internetforen oder Facebook-Kommentaren wild zugeht, der hat wohl noch nie Games übers Internet gespielt.

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Unter Pseudonymen wie „XxPussyslayer69xX", „NIGGA McHATECRIME" oder „T3Rm1n4t0R 3000" treiben junge oder jung- oder zurückgebliebene Menschen aus allen Altersklassen und Gesellschaftsschichten im Internet ihr Unwesen. Dabei verhalten sie sich ähnlich wie Autofahrer, die im Schutz ihres Vehikels wild gestikulieren und Dinge wie „Der Blitz soll dich beim Scheissen treffen" oder „du olendige Krampn" gegen die Windschutzscheibe brüllen. So zirka findet die Kommunikation in Online-Games statt. Nur dass aus dem Auto gegenüber ein wilder Verrückter steigen kann, und das Herumgeschimpfe im Internet ziemlich konsequenzlos bleibt, deshalb auch gefühlte tausend mal schlimmer ausfällt. Hier gehören schwulenfeindliche oder rassistische Kommentare sowie Morddrohungen zum Standardrepertoire eines jeden zornigen Gamers. Und weil man Gaming-Communities nicht über einen Kamm scheren kann und sie mehr Facetten hat, als es Tapetenproben im Baumarkt gibt, habe ich diejenigen gesammelt, mit denen ich über die Jahre ein bisschen Erfahrung gesammelt habe. Counter-Strike: Global Offensive (PC)
Hurensohn, Ich kann dich hacken, ich ficke deine ganze Generation, Knobhead

Den Anfang macht der verhältnismäßig zivilisierte First-Person-Shooter Counter-Strike. Verhältnismäßig zivilisiert auch nur, weil die Plattform hier der gute alte PC ist, für den man zumindest theoretisch mehr Grips oder Aufwand benötigt als zum Anwerfen einer Xbox 360. Dieser Meinung scheint zumindest die PC-Community zu sein, die sich kontrovers witzelnd als „PC Master Race" bezeichnet. Obwohl CS:GO ein ziemlich anspruchsvolles Spiel ist, bei dem komplexe Bewegungsmuster und blitzschnelle Reaktionen im Vordergrund stehen, kann trotzdem jeder Dodel wie im Nazi-Paintballwald rumlaufen und auf Dinge schießen. Besonders um die Mittagszeit, wo andere arbeiten oder in die Schule gehen und Unterschichten-TV-Prime Time ist, stößt man auf die Crème de la Crème des Videospielabschaums. In hauptsächlich englischsprachigen Chats sticht ein „du blöder Hurensohn" natürlich gleich wie ein bunter Hund hervor, und noch besser, wenn zum Galle-Speien das Headset verwendet wird. Wenn man sich mit den grantigen Gemeindebau-Gamern dann auf ein Gespräch einlässt, kommt meistens sowas wie „Du Hurensohn, ich kann dein Leben kaufen, du hast ja nicht mal ein Headset, du Hurensohn" oder „ich verdiene 10.000 Euro im Monat und kann dich HACKEN, du kleines Kind". Das Spiel hacken, Aimbots oder gehackt werden sind überraschend oft Gesprächsthema, was auch in diesem zeitlosen Klassiker thematisiert wird. In Counter-Strike habe ich außerdem gelernt, dass das Lieblingswort der britischen Unterschicht „Nobhead", also Schwanzkopf, ist. You fockin' nobhead! Die Call of Duty-Reihe (XBOX 360/PS3)
Noob, Faggot und mehr N-Words als in Django Unchained

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Obwohl die PC-Gamer Bezeichnung „Master Race" auf ein Rassismusproblem schließen lässt, geht es erst auf den Konsolen so richtig heftig zu. Das Durchschnittsalter liegt hier bei gefühlten 11 Jahren, und für viele pre-pubertäre Baller-Fanatiker ist der letzte (oder erste) Ausweg aus einer Diskussion das ungefilterte ins-Mikro-kreischen. Dabei fallen am öftesten die Worte Noob, Faggot (oder Homo) und besonders, aber nicht nur auf den US-Servern wird öfter das Wort „Nigger" verwendet als in Django Unchained. „Zumindest bringe ich nicht Leute für KFC oder Taco Bell um, du dummer Nigger" sagt dieser zornige Jüngling, bevor er noch nachlegt, dass er unsere Freundin geknallt hat. Freundinnen (als ob sowas bei Gamern die Norm wäre … ), aber vor allem Mütter sind bei den jungen Konsolengamern ein gern benutztes Opfer. Wenn nicht gerade unsere Mütter von 12-jährigen Bubis mit Akne weggefickt werden, dann bekommt man meistens Drohungen zu hören, dass die Xbox oder gleich der Xbox Live-Account inklusive aller Freunde gehackt und zerstört wird. Dabei sind die potenziellen Superhacker im Handumdrehen mit ihren eigenen Waffen geschlagen, wie dieser vermeintliche Hack-Bot beweist. Jizzy Jizzy Jizz Jizz.

DOTA 2/Moba-Games (PC)
Get cancer, Delete the game, Blyat und idina hui

Screenshot vom Autor

Das Moba-Genre ist die Königsdisziplin für Online-Flamer und der größte Schimpfwort-Spielplatz im Internet nach Heinz-Christian Straches Facebook-Plattform. Spiele wie DOTA 2 oder League of Legends sind Teamspiele, bei denen man zusammenarbeiten muss, wenn man gewinnen will. Wenn dann doch mal was schiefgeht, sind natürlich die anderen Schuld. Also wirklich immer nur die anderen. Man selbst spielt immer 100 Prozent perfekt—zumindest sind viele lernresistente Spieler fest davon überzeugt. Verhältnismäßig groß ist der im Chat versprühte Zorn, wenn es also schiefgeht und „irgendwelche Noobs" das Spiel für einen verlieren. Dabei wird jeder noch so kleine Fehler aufmerksam im Chat dokumentiert und mit Sätzen wie „lol, get good, kid", „delete dota pls" oder einem simplen „Retard!!!" ausgeschmückt. Auch der gute alte Krebs wird einem in Sätzen wie „get cancer pls, fucking noob" gerne an den Hals gewunschen. Besonders kreative Wortmeldungen findet man auch ab und zu, wie die „Leuchtpistole in die Muschi deiner Geliebten" beweist. Außerdem gibt es in der Moba-Landschaft ein starkes Hass-Gefälle zwischen verschiedenen Regionen. In Europa machen viele die Russen, die nicht sooo gerne Englisch sprechen, für den Untergang der Szene verantwortlich und reagieren auf kyrillische Schriftzeichen wie auf Kryptonit. Auf der anderen Seite wird man als Nichtrusse von den russischen Freunden gerne beleidigend als „amerikanski pig" bezeichnet. Sind wir wieder im kalten Krieg angekommen?

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Ein typisches Gespräch zwischen DOTA 2-Spielern. Go play Tetris, Idiot.

Auf den amerikanischen Servern gilt übrigens das selbe für Lateinamerikaner, und Begriffe wie „Beaner" oder „Wetback" sind hier an der Tagesordnung. Moba-Spieler gehören zu den Stursten und lassen sich nichts von anderen Spielern erzählen. Auch unter Real-Life-Freunden sind schon hitzige Wortgefechte entstanden die in Freundschaftspausen oder dem trotzigen Alleine-Spielen enden. Im Zweifelsfall kann man einzelne Spieler auch einfach stummschalten oder sie für besonders beleidigende Wortspenden melden, aber auch das ist leider keine Dauerlösung bei den giftigsten Communities seit 4Chan. Und immerhin weiß ich jetzt, wie man fick dich (idina hui) und Hure (blyat) auf russisch sagt.

Online-Poker (PC)
Ich hoffe du stirbst heute, wenigstens haben wir den Zweiten Weltkrieg gewonnen

Foto vom Autor: I hope you die today.

Poker ist zwar kein Online-Game im klassischen Sinne, dennoch gibt es hier einiges über das Kommunikationsverhalten der Kartenspieler zu erzählen. Schlechte Pokerspieler werden als „Fisch" bezeichnet und es gilt die goldene Regel „Don't tap the glass" also „Klopf nicht gegen das Glas des Aquariums (und verschrecke den Fisch)", was soviel bedeutet wie: Erzähl dem Fisch nicht, dass er schlecht ist, sondern bleib cool und nimm ihm sein Geld weg. Wenn der Glücksfaktor aber doch größer ist und der Fisch wider Erwarten einen dicken Pot einsackt, reisst einigen Spielern schon mal der Geduldsfaden und der relativ unbeachtete Chat explodiert vor lauter Hass. Viele Spieler sind dann der Meinung, sie müssen jemandem genau erklären, wie schlecht und falsch man denn jetzt eigentlich gespielt hat. Aber auch auf der Seite der Fische gibt es Grund, den Chat zu benutzen, wobei „I hope you die tonight" mein persönliches Highlight darstellt. Wenn die Leute auf den Tischen dann sehen, dass du aus Österreich oder Deutschland kommst (bei vielen Pokerseiten unter dem Nickname sichtbar), wirst du schnell Hitler oder Nazi genannt und „at least we won WW2" scheint der Standardspruch und große Stolz der amerikanischen Gambler zu sein. Mario Party/Mario Kart (Nintendo 64 und jünger)

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Das fleischgewordene Böse. Foto: retrogamecraze | flickr | cc

Als ehrenhafte Erwähnung oder einfach nur die Abrundung der großen Flame-Welt dürfen natürlich die Mario-Games nicht fehlen, die man am besten mit einer Gruppe guter Freunde spielt, die dann für die nächsten paar Stunden diesen Status verlieren. Bei keinem anderen Game haben mich meine besten Freunde eine „schirche Hundsfut" oder einen „blöden Pisskopf" genannt, und ich kann nicht sagen, dass ich es nicht verdient hätte (außer das mit der Hundsfut vielleicht). Die Mario-Spiele sehen zwar bunt und lustig aus, sind aber eigentlich die Hardcore-Version von Mensch ärgere dich nicht und zerstören im Handumdrehen Freundschaften. „Wer hat die Banane da hingelegt? WAS?! Ein blauer Panzer?!". Der absolute Friendship-Killer ist es, bei Mario Party den lustigen Geist dafür zu bezahlen, jemandem Sterne zu stehlen. „Wenn du MIR einen Stern stiehlst, dann schmeiss ich dich raus, im Ernst jetzt".

FAZIT

Foto: striatic | photopin | cc

Wenn man neu in der Welt der Videospiel-Kommunikation ist, braucht man erstmal eine dicke Haut. Hier gelten definitiv andere Gesetze, was den Umgang mit seinen Mitmenschen angeht. Viele Leute klopfen ihren ungefilterten Zorn in die Tastatur und schaukeln sich dann in tobsuchtsähnlichen Anfällen selbst hoch. Man lernt, nicht alles persönlich zu nehmen und mit Menschen umzugehen, deren halber Wortschatz aus Schimpfwörtern besteht. Man lernt, auch unter konstantem Flame-Feuerwerk irgendwie cool zu bleiben und nicht jedem Troll in die Hand zu spielen. Und am effektivsten ist es sowieso, wenn man solche Leute einfach ignoriert.

Feuert auf Twitter mit einer Leuchtpistole in die Muschi von Adrians Geliebten: @doktorSanchez


Titelbild: Luke Hayfield | Flickr | CC BY 2.0