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Anklagen als aufklärerische Maßnahme

Der Chaos Computer Club hat Klage gegen Merkel und andere Staatsvertreter eingereicht, um sie für die Unterstützung des Überwachungsstaates endlich zur Verantwortung zu ziehen.

Angeklagt! Via Wikipedia, Foto: Armin Kübelbeck

Nun ist es passiert: Der Chaos Computer Club (CCC) will zusammen mit der Internationalen Liga für Menschenrechte die Bundesregierung in der Spähaffäre zur Verantwortung ziehen und hat Strafanzeige beim Generalbundesanwalt erstattet. In einem angemessenen Rundumschlag wurden neben Kanzlerin Merkel auch der Bundesinnenminister, sowie die Präsidenten vom Verfassungsschutz, Militärischem Abschirmdienst und Bundesnachrichtendienst angezeigt.

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Schon lange kritisieren und entlarven die Hacker die Praktiken des Überwachungsstaat. Nach der Ankündigung ihrer Sprecherin Constanze in der letzter Woche haben sie nun ein weiteres Mal Taten folgen lassen. Gegenüber Heise Online hatte Kurz angegeben, dass „die rund 50-seitige Anzeige auch international in Ländern wie Belgien und Frankreich gegen dortige Regierungsvertreter und Geheimdienstleiter eingebracht" wird.

Die Hacker und die Bürgerrechtsorganisationen werfen den Staatsvertretern vor, verbotenerweise in Geheimdiensttätigkeiten involviert zu sein. Sie würden den persönlichen Lebens- und Geheimbereich der Menschen in Deutschland verletzen, sowie Strafvereitelung im Amt begeh. Der CCC beschreibt sein Vorgehen auf seiner Webseite folgendermaßen:

„US-amerikanischen, britischen und deutschen Geheimdienstagenten und ihre Vorgesetzten, der Bundesminister des Inneren sowie der Bundeskanzlerin werden verbotene geheimdienstliche Agententätigkeiten sowie Beihilfe hierzu, Verletzungen des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs und Strafvereitelung im Amt durch Duldung und Kooperation mit der NSA und dem GCHQ vorgeworfen.“

Mit der Anzeige soll erreicht werden, dass nach etlichen Enthüllungen endlich etwas gegen das Vorgehen der in- und ausländischen Geheimdienste unternommen wird. Bisher sind die in Deutschland Handelnde schließlich wahlweise aufgefallen durch Neuland-Bullshit, willenlose Spekulationen zur Fortsetzung der Vorratsdatenspeicherung, Debatten Beenden oder fadenscheinige No-Spy-Abkommen, die am Ende eh scheitern.

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Der CCC fordert auf seiner Seite außerdem, dass in der Angelegenheit auch „Edward Snowden als sachverständiger Zeuge geladen wird, selbstverständlich mit freiem Geleit sowie wirksamen Schutz vor Auslieferung an die USA.“

Die juristischen Chancen auf einen Erfolg stehen aber eher schlecht, denn noch im Dezember hat Generalbundesanwalt Range jeden Anlass für ein NSA-Verfahren abgestritten: „Unsere Erkenntnisfragen habe bislang keine konkreten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die NASA oder das GCHQ den deutschen Telefon- und Internetverkehr systematisch überwacht haben,“ sagt der Generalbundesanwalt Harald Range. Er weiß bescheid.

„Jeder Bundesbürger ist von der massenhaften geheimdienstlichen Ausforschung seiner Kommunikationsdaten betroffen.“ sagt Anwalt und CCC-Mitglied Dr. Julius Mittenzei. „Dagegen schützen ihn allerdings unsere Gesetze und bedrohen diejenigen mit Strafe, die eine solche Ausforschung zu verantworten haben. Entsprechend sind Ermittlungen des Generalbundesanwalts geboten, gar eine rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit. Es ist bedauerlich, dass gegen die Verantwortlichen und die Umstände ihrer Straftaten nicht längst ermittelt wurde.“

Es scheint, als haben Hacker und Aktivsten erkannt, dass es nötig ist mit den Mitteln des Rechtes gegen die Geheimdienste vorzugehen. Allerdings genießen Abgeordnete juristische Immunität, und wenn man sich die Liste der Angeklagten ansieht, dann bleiben nicht mehr viele, rechtlich wirklich angreifbare Angeklagte übrig. Trotzdem. Sollten die Angeklagten über einen ähnlichen überragenden Wissenstand wie der Generalbundesanwalt verfügen, dann ist ein rechtliches Eingreifen zum Thema massenhafte Überwachung definitiv notwendig. Denn offensichtlich besteht noch Bedarf an Aufklärung.