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Neurechte Anonymous-Seite ruft zum Angriff auf „linksversiffte” Regierung auf

Die „Operation Donnerschlag“ wird dieses Mal über das russische Social Network VKontakte koordiniert.
Bild: Screenshot VKontakte

Das neurechte, deutsche Anonymous.Kollektiv hat für heute Abend, 20 Uhr, zur großen Cyber-Attacke gegen Politiker der deutschen Bundesregierung aufgerufen. Man wolle die Websites von u.a. Bundesjustizminister Heiko Maas, Kanzlerin Angela Merkel, CDU, SPD und Grüne „tilgen".

Die martialisch betitele #OpDonnerschlag ist dabei anscheinend eine Art Racheaktion für die Sperrung der offiziellen Facebook-Seite des Anonymous.Kollektivs, welche die wirren Anons in einem PasteBin selbst bestätigen. Natürlich kennen sie auch schon den Schuldigen für ihre Sperrung: „Maas und seine[n] SS-Zensur-Schergen."

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Tatsächlich gab es seit gut zwei Wochen keine neuen Posts mehr auf der Facebook-Seite, die mit 1,8 Millionen Fans die mit Abstand likestärkste deutsche Anonymous-Seite ist. Bereits seit Wochen ruft Anonymous.Kollektiv seine verschwörungsaffinen Fans dazu auf, ins russische soziale Netzwerk VKontakte zu folgen. Hier fühlt man sich wohl sicherer vor einer angeblichen staatlichen Zensur. Dass VKontakte unter russischen Aktivisten ebenfalls umstritten ist, weil es spätestens nach dem Abgang des Gründers Durov im Verdacht steht, Nutzerdaten an die russische Regierung weiterzugeben, scheint Anonymous.Kollektiv dabei nicht zu stören.

Reminder: Anonymous.Kollektiv verbreitet neurechte Propaganda

Ob und für wie lange Anonymous.Kollektiv von Facebook gesperrt wurde, ist bisher nicht klar. Tina Kulow, PR-Chefin von Facebook Deutschland, wollte die Behauptung auf Nachfrage von Motherboard weder dementieren noch bestätigen, da man sich nicht zum Status einzelner Accounts äußere. Klar ist, dass die Seite in den vergangenen Wochen noch einmal ihre Rhetorik gegen Flüchtlinge verschärft hat und mit verschiedenen hetzerischen Kommentaren aufgefallen ist. So schrieb Anonymous.Kollektiv beispielsweise am 17. Januar: „Illegale Asylforderer vergewaltigen systematisch unsere Frauen und Kinder: Polizei schaut tatenlos zu, Politiker und Strafverfolgungsbehörden schützen die Täter! […] Migranten feiern in Deutschland mittlerweile ungestraft regelrechte Vergewaltigungs-Orgien und Sex-Exzesse."

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An anderer Stelle heißt es: „Es vergeht in diesem Land mittlerweile kein Tag, an dem keine Frauen, Minderjährige oder Kleinkinder von illegal ins Land geschleppten Migranten geschändet werden." Logische Konsequenz für die Anons, die sich längst so weit von traditionellen Netzpolitik-Themen entfernt haben, dass sich andere deutsche Anonymous-Seiten immer wieder von ihnen distanzieren: „Gründet Bürgerwehren, und ja, falls notwendig, bewaffnet euch auch."

Der Hass der Anons richtet sich dabei gegen die amtierenden Politiker, die sie gerne mit ehemaligen Nazigrößen vergleichen oder in martialischer Sprache verunglimpfen. Merkel wird dabei zum Beispiel als Schlepper-Königin, die Grünen als Pädophilen-Partei bezeichnet.

Für die Anons steht auch schon lange fest, dass die Bundesregierung „Facebook dazu zwingt, Inhalte auf Zuruf zu löschen und tagtäglich Videos und Beiträge spurlos und ohne Angaben von Gründen von unserer Seite verschwinden" ließe.

Neben Heiko Mass, den die Anons am liebsten mit dem berüchtigten NS-Juristen Roland Freisler vergleichen, haben sie noch eine Reihe weitere „links-grüner Zensurterroristen" als Hauptschuldige für ihre aktuelle Social-Media-Misere ausfindig gemacht, allen voran die Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, Anetta Kahane. Diese ist mit ihrer Stiftung Teil der „Initiative für Zivilcourage online", welche Anfang des Jahres im Zuge der Forderung an Facebook für ein restriktiveres Vorgehen gegen Hasskommenare ins Leben gerufen worden war.

Die größten Fails der Anonymous.Kollektiv-Fans

Angekündigt wird der Angriff über einen PasteBin, in dem sich sowohl ein ideologisches Motivationsschreiben als auch eine Anleitung zur Teilnahme am Hackerangriff auf die „Zensur-Terroristen" befindet. Damit wird auch klar, wie der ausgerufene „Widerstand" von #OpDonnerschlag tatsächlich aussehen wird: Man hofft auf möglichst viele kollektive Unterstützer bei DDoS-Angriffen auf die Regierungswebsites.

Schon im April 2014 versuchte sich Anonymous.Kollektiv an einem Aufruf zum Cyber-Widerstand; damals gegen die „Mainstream-Medien": Der proklamierte Krieg gegen die Medien, der diametral dem „Don't Attack the Media"-Credo vieler anderer Anons widerspricht, bestand letztlich nur darin, dass vermehrt Lügenpresse-Kommentare in die Kommentarspalten großer Tageszeitungen und Sender geschrieben wurden. Nach einigen Tagen war die koordinierte Kommentarflut vorbei—doch die BRD-feindliche Lügenpresse-Ideologie hat sich bis heute gehalten.