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Das FBI hat das iPhone gehackt—doch wer ist der Sieger der Krypto-Schlacht?

Selbst wenn dieser zähe Kampf entschieden ist, ist der Krieg um Verschlüsselung noch längst nicht ausgefochten, wie das US-Justizministerium in einem Statement andeutete.
Bild: imago

Am Montagabend konnte das FBI tatsächlich Vollzug melden: Den Ermittlern ist es nach wochenlangem Hickhack gelungen, das iPhone des San Bernadino-Attentäters ohne Apples Hilfe zu knacken. Das FBI erhofft sich von den Daten auf dem iPhone 5C wichtige Informationen über Syed Farook, der mit dem IS sympathisiert haben soll und wollte Apple per gerichtliche Anordnung zwingen, eine iOS-Hintertür zu programmieren. Apple wehrte sich dagegen mit einem dramatischen Argument: Wenn wir dieses iPhone hacken, dann sind alle iPhones gehackt.

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Das US-Justizministerium hatte den Anhörungstermin in der Sache bereits am vergangenen Montag überraschend abgesagt. Nun scheint der Kampf also fürs Erste entschieden, doch wer als Gewinner aus dem komplizierten Gezerre hervorgeht, das von Beobachtern bereits als neuer Krypto-Krieg bezeichnet wurde, ist alles andere als klar.

Auf den ersten Blick erscheint die Meldung wie ein Triumph der US-Regierung. Doch tatsächlich ist der Fall ist auch ein Sieg für Apple: Schließlich widersetzte sich das Unternehmen erfolgreich einer gerichtlichen Anordnung und hat keinen Finger gekrümmt, um dem FBI die gewünschte Hintertür zu bauen.

Dass Apple es sich überhaupt leisten kann, dem FBI die Stirn zu bieten und sich nun—zumindest juristisch—durchaus als Sieger sehen kann, zeigt auch das sich wandelnde Machtverhältnis zwischen dem Staat und Silicon Valley-Unternehmen, die auf starke Verschlüsselung setzen.

Aus PR-Sicht war der Streit für Apple ohnehin ein doppelter Erfolg: Anhand eines Einzelfalls wurde die techniklastige Debatte über Kryptographie und Software-Sicherheit so öffentlich geführt wie nie zuvor. Apple konnte sich nicht nur einen Namen als Hersteller extrem sicherer Produkte machen, sondern sich auch als Vorkämpfer für digitale Bürgerrechte inszenieren.

Kunden profitieren ebenfalls vom Ausgang des Falls Apple vs. FBI: Apple hat bereits bekannt gegeben, noch sicherere Verschlüsselungsverfahren zum Schutz der Betriebssysteme und der auf den Endgeräten gespeicherten Daten zu entwickeln. Mit der Ankündigung, die iCloud abzusichern, ist der erste wichtige Schritt in diese Richtung schon getan: Der Dienst gilt als die letzte klaffende Sicherheitslücke, die sowohl Apple als auch Hackern ermöglicht, die dort unverschlüsselt gespeicherten Informationen, Fotos, und Daten der iCloud-Kunden einzusehen. Nicht zuletzt ermöglichte das auch den Leak von Promi-Fotos, die sich Hacker aus der iCloud besorgt hatten, im Zuge des „Fappening-Skandals" im Sommer 2014.

Die Technik, mit der die Ermittler letztlich doch an die Daten auf dem iPhone gelangen konnten, wurde nicht öffentlich gemacht—wahrscheinlich werden wir auch in naher Zukunft nichts darüber erfahren. Daher ist nicht klar, ob dem FBI mit dem Fall auch ein noch größerer Wurf gelungen ist: Hat die Behörde tatsächlich einen Weg gefunden, um jedes iPhone 5C zu knacken? Das würde die Ermittlungsarbeit in vielen Fällen vereinfachen, jedoch auch die Sicherheit aller Endgeräte kompromittieren. In jedem Fall hat das FBI bekommen, was es wollte—ob die Daten auf Farooks iPhone tatsächlich so zentral für die Ermittlung sind, muss allerdings die Auswertung zeigen.

Die überraschende Wende in dem Fall könnte auch bedeuten, dass es noch einen weiteren Profiteur im Streit zwischen Apple und FBI gibt: Bereits am vergangenen Sonntag gab das US-Justizministerium bekannt, dass eine „dritte Partei" den Ermittlern eine Methode für den Zugriff auf das iPhone demonstrierte. Das Verfahren sollte getestet werden—doch weder, wer hinter der ominösen dritten Partei steckt, noch ob diese nun tatsächlich dabei half, das San Bernadino-iPhone zu knacken, hat das US-Justizministerium bekannt gegeben.

In der Presse tauchte unterdessen der Name der kooperationswilligen israelischen Firma Cellbrite auf, obwohl nicht endgültig bestätigt wurde, dass das Unternehmen tatsächlich eine Technik im Ärmel hatte, mit der das FBI letztlich an die Inhalte des Attentäter-iPhones gelangen kommen.

Selbst wenn dieser zähe Kampf entschieden ist, ist der Krypto-Krieg noch längst nicht ausgefochten, wie das US-Justizministerium in einem Statement andeutete. Sicherzustellen, dass die Strafverfolgungsbehörden „entweder durch Kooperation mit den relevanten Parteien oder durch die Gerichte, falls die Kooperation versagt" an digitale Informationen im Interesse der nationalen Sicherheit gelangen könnten, bliebe „eine Priorität der US-Regierung". Dafür setze das Justizministerium „weiterhin auf alle verfügbaren Optionen (…), inklusive der Kooperation der Hersteller sowie der Kreativität des öffentlichen und privaten Sektors". Das klingt nicht nur wie eine Einladung, dem FBI technisch auch in Zukunft zu helfen, es ist auch eine.