Wie sich diese Berliner Schülerinnen und Schüler gegen die AfD wehren
Schülerinnen und Schüler positionieren sich gegen die AfD | Alle Fotos: Flora Rüegg

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AfD an Schulen

Wie sich diese Berliner Schülerinnen und Schüler gegen die AfD wehren

"Ich unterscheide auf dem Schulhof nicht, wer Flüchtling ist und wer nicht", Noah, 18

Sie skandieren "AfD, raus aus meiner Schule!" und "Köfte sind geil!" durch die Gitterstäbe vor der Bettina-von-Arnim-Schule in Berlin-Reinickendorf. Ein paar Jungs schreien: "Nazis raus!" in Richtung der Männer und Frauen mit schwarzen Sonnenbrillen, die vor dem Eingang der Oberschule auf Einlass warten. Die AfD hat zum Bürgerdialog in die Schule eingeladen, um über "Schießereien auf der Straße" und den "Migrationsdruck" zu sprechen. Eltern- und Schülervertreter hatten zur Gegendemo aufgerufen.

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Die Arnim-Schule liegt in einer Gegend, in der viele Migranten leben. Die Schüler sind gekommen, um zu zeigen, dass sie nicht wollen, dass Rechtspopulisten ihre Schule dafür nutzen, um gegen die zu hetzen, die neben ihnen auf den Bänken sitzen. Es gibt auf der Schule auch eine Klasse mit Geflüchteten.

Die Schülerinnen und Schüler haben in den vergangen Wochen viel über die Vorfälle in Chemnitz gesprochen, sagen sie, und jetzt zieht eine Partei in ihre Aula, die Seite an Seite mit Neonazis marschiert ist. Die Partei nutzt regelmäßig Schulen für ihre Agenda, wirbt auf Plakaten mit "islamfreien" Klassenzimmern und behauptet, Schülerinnen und Schüler würden nicht über alle Parteien gleich informiert werden. An der Arnim-Schule testete sie erneut die Strategie: Wenn Pädagogen uns schlecht dastehen lassen, bahnen wir uns selbst unseren Weg in die Schulgebäude.


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Etwa 200 Jugendliche stehen am Donnerstagabend mit Eltern und Lehrern vor dem Gelände mit Plakaten in ihren Händen. "Anders als die AfD unterscheide ich die Menschen auf dem Schulhof nicht", sagt ein 18-jähriger Abiturient. "Diskutieren kann man mit der AfD nicht", sagt die Abiturientin Emma. Wenn man Veranstaltungen wie diese nicht verhindern könne, wolle sie wenigstens laut genug sein, um von den Rechten gehört zu werden.

Jorina, 16 Jahre, 11. Jahrgangsstufe

"Ich habe heute Geburtstag, aber meine Feier abgesagt, um hier zu sein. Die Schule ist ein Raum, der frei von Parteipolitik sein sollte. Ich bin stolz auf die Plakate, die wir vor der Veranstaltung gemalt und in der Aula aufgehängt haben. Wir haben passende Statements der Schriftstellerin Bettina von Arnim ausgesucht, wie: Selbstdenken ist der höchste Mut. Viele Kurse haben in den letzten Wochen auch die Geschehnisse in Chemnitz aufgearbeitet. Politik geht nicht an uns vorbei."

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Felice, 18 Jahre, 12. Jahrgangsstufe

"Ich bin hier, weil ich gegen Ausländerfeindlichkeit bin. Genau dafür steht die AfD für mich. Und genau das gehört nicht zu meiner Schule."

Noah, Vincent, Kyan, (v.l.n.r.) alle 18 Jahre, Abiturjahrgang

Noah (links): "Ich habe gelesen, dass die AfD behauptet, unsere Schule hätte Probleme mit Migranten. Wir haben eine Flüchtlingsklasse an der Schule. Aber wenn ich bei uns über den Schulhof gehe, kann ich nicht unterscheiden, wer Flüchtling ist und wer nicht. Bei uns lernen alle zusammen, stehen füreinander ein."

Kyan (rechts): "Wir konnten die Veranstaltung nicht verhindern, deswegen sind wir heute hier, um zu zeigen: Wir sind nicht einverstanden mit der AfD an unserer Schule. FCK AfD ist mir zu einfach, wir wollen mit Argumenten überzeugen."

Franziska D., 30, ist Sonderschulpädagogin in Charlottenburg, Kathrin R., 36 Jahre, unterrichtet Geschichte und Deutsch an einer anderen Schule in Reinickendorf

Franziska (links): "Die AfD positioniert sich zu weit am rechten Rand. Auch wenn Parteien Schulräume prinzipiell für politische Veranstaltungen nutzen dürften, sollte die AfD davon ausgeschlossen sein."

Kathrin (rechts): "Die Politik der AfD hat wenig mit dem zu tun, was wir den Schülern beibringen. Sie sollen einstehen für Humanität und Schwächere verteidigen. Die AfD vertritt diese Werte nicht."

Karl, 18, kommt extra aus Köpenick, um die Schüler der Arnim-Schule zu unterstützen

"Ich finde das Wahlprogramm der AfD lächerlich. Ich habe bei einer Podiumsdiskussion an unserer Schule mit einem AfD-Politiker versucht zu diskutieren. Der hat mir aber keine meiner Fragen beantworten können, hat rumgefaselt und immer nur Gegenfragen gestellt. Der Mann war absolut nicht standhaft, seine Positionen wackelig, er konnte seine Einstellung nicht begründen. Deswegen bin ich zur Demo extra aus Köpenick hergefahren."

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Aylin, 17, Samar, 17, und Mayvis, 16 (v.l.n.r.) sind in der 11. Jahrgangsstufe

Samar (mitte): "Wir haben Schulstunden genutzt, um Plakate zu malen. Die AfD-Politikerinnen und -Politiker sollen nachdenken. Zum Beispiel über Artikel 3 im Grundgesetz: Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden."

Emma, 18 Jahre, Abiturjahrgang

"Die Werte, die die AfD-Anhängerinnen und -Anhänger vertreten, sind nicht unsere Werte. Wenn Leute Angst vor Migrantinnen und Migranten haben, ist es wichtig, über die Probleme im Viertel zu sprechen, aber es ist schade, dass das über die AfD passieren soll. Ich habe heute Nachmittag mit einem AfD-Politiker vor der Schule gesprochen, aber er konnte mir keine Antworten geben, hat nur Fragen gestellt."

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