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Grundschule in Berlin stellt Wachschutz ein – und das liegt nicht nur an den Schülern

Alleine 2017 soll es an der Schule zu 30 gewalttätigen Vorfällen gekommen sein.
Wachleute vor einer anderen Berliner Schule || Symbolfoto: Imago | Olaf Wagner

Einen Schaumstoffball durch die Gegend kicken, Diddl-Papiere tauschen oder sich Center Shocks auf die Zunge legen. So ähnlich dürfte die Grundschulzeit bei vielen von uns abgelaufen sein. Und manchmal wurde auch gerangelt. In einer Grundschule in Berlin Schöneberg aber wurde anscheinend fast nur noch "gerangelt". Deswegen stehen seit Montag zwei Wachleute vor der Schule.

Die Kinder sind zwar erst zwischen sechs und zwölf Jahren alt, trotzdem soll es auf der Spreewald-Grundschule immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen sein. Im vergangenen Jahr meldete die Schule 30 Gewaltvorfälle, zitiert der Tagesspiegel ein Mitglied der Schulkonferenz. Die Schulleitung bat sogar den Präventionsbeauftragten der Polizei um Rat – und entschied sich danach für den Wachschutz.

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Wie die Bild berichtet, gehe es aber nicht nur um Auseinandersetzungen zwischen Schülern, sondern auch um Gewalt zwischen Schülern und Lehrern und sogar um Angriffe von Eltern auf fremde Kinder. So berichtet eine Mutter, dass ein Vater eines Schülers einen anderen Schüler grob angefasst habe. Um übergriffige Schüler und Eltern zu bändigen, stehen die zwei Wachleute nun ab morgens um 7:30 Uhr am Eingang der Schule, wenn Schüler und Eltern kommen. Danach beaufsichtigen die Sicherheitsleute bis 16 Uhr den Schulhof und das Gebäude. Das will die Schule vorerst bis Ende April testen.

Die Kosten übernimmt die Schule selbst. Immerhin 1.719 Euro pro Woche sollen die Wachleute kosten, rechnete die Bild aus. Der Senat will dafür nicht zahlen. "Es gibt noch viele andere Maßnahmen, mit denen man Konflikte in der Schule lösen kann, darüber muss man erst einmal sprechen", sagte der zuständige Stadtrat Oliver Schworck von der SPD der Zeitung. Schließlich gebe es laut ihm auch an viele ähnlichen Schulen keinen Wachschutz.


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Wachleute, die eine Schule beschützen müssen, kennt man hierzulande eigentlich nur aus US-Filmen. Dabei wird das Modell auch in Deutschland schon länger angewandt: Im Schöneberger Nachbarbezirk Neukölln zahlte der Senat im Jahr 2013 600.000 Euro an Sicherheitsfirmen, um Schulen zu bewachen. Die Firma, welche die Spreewald-Grundschule nun bewacht, patrouillierte 2017 an acht Neuköllner "Brennpunktschulen". Als solche Schule bezeichnet die Bild auch die Spreewald-Schule und führt aus, dass 99 Prozent der Schüler dort einen Migrationshintergrund hätten und 93 Prozent Transferleistungen erhalten würden.

Gewalttätige Auseinandersetzungen an Grundschulen sind aber keineswegs nur ein Problem von Großstädten mit einem hohen Migrantenanteil. Vor einer Woche kam heraus, dass in einer Grundschule im 1.300-Seelen-Dorf Hessen in Sachsen-Anhalt die überforderten Lehrkräfte einen Brief an alle Eltern geschrieben hatten, berichtet Zeit Online. In dem über zwei Seiten langen Schreiben schildern sie "permanente Störungen und Schlägereien" und "extreme körperliche Gewalt". So sollen einige Kinder einen Mitschüler mit einer Eisenstange verprügelt haben. Bei vielen Kindern sei "eine bereits entwickelte Gefühlskälte gegenüber Mitschülern zu erkennen", schrieben die Lehrer. Auch hier gab es Vorwürfe gegen einige Eltern. Erst im Oktober klagte der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV): "Die Wucht der Aggressivität und der Frust der Eltern haben eindeutig zugenommen." Selbst beim Pisa-Spitzenreiter Bayern seien laut BLLV zu große Klassen, zu wenig Lehrer, schlechte Ausstattung meist für den Mangel an Respekt der Schüler und Eltern verantwortlich.

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