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Der Bann ist gebrochen: Gamer besiegt legendäres, eigentlich unschlagbares Golf-Spiel

'Desert Golfing' gilt unter Zockern seit Jahren als obskurer Geheimtipp. Nach jedem Loch taucht ein neues Level auf und das Spiel wird eine Stufe schwieriger. Bei Loch 14.758 gelang einem Gamer jetzt das Unmögliche.
Bild mit freundlicher Genehmigung von Captain Games

In dieser Woche gelang Luke Yagnow etwas, was zuvor nur ein anderer vor ihm geschafft hatte: Er besiegte Desert Golfing. Das Spiel ist unter Gamern Kult, denn der simple aber schier endlos wirkende Golf-Simulator gilt als unschlagbar. Es heißt, niemand könne das Ende des Spiels, das letzte Loch, erleben. Yagnow hat das Unmögliche jetzt jedoch geschafft. Für diese Mammutaufgabe investierte er zwischen 300 und 400 Stunden über einen Zeitraum von vier Jahren – ans Ziel kam er allerdings nicht alleine, er brauchte die Hilfe eines ganz besonderen Menschen: des Entwicklers von Desert Golf selbst.

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Tausende Gamer lieben das simple Pixelspiel – auch wenn es sie regelmäßig in die Verzweiflung treibt. Denn eigentlich ist Desert Golfing als Endlos-Spiel konzipiert. Nach jedem erfolgreich gespielten Loch folgt einfach das nächste zufällig generierte Level, das ein wenig schwieriger ist, als das vorherige. Spielt man das Spiel lange genug, spuckt das Spiel irgendwann ein Loch aus, dass der virtuelle Golfer unmöglich besiegen kann.

Das war dem Entwickler Justin Smith zwar bewusst, als er das Spiel entwarf – er hielt es aber für nicht weiter relevant, da er nie gedacht hätte, dass sein Game zu einem solchen Geheimtipp werden würde. Darum war Smith sehr überrascht, als es 2016 dem Nutzer AldenLudwick als Erstem gelang, das Spiel durchzuspielen – Alden hatte damals wohl einfach Schwein gehabt: Jedes Level und jedes Loch waren dank Zufallsalgorithmus schaffbar.

Yagnow hingegen hatte nicht so viel Glück und kam vor zwei Jahren an den frustrierenden Punkt, den andere vor ihm bereits erreicht hatten: Die Aufgabe war einfach nicht zu bewältigen.

Das "unmögliche" Loch, das Yagnow fast zum Aufgeben zwang

"Es ist einfach unmöglich", Yagnow strandet an Loch 14.758. Trotzdem versuchte er nicht weniger als 2.599 Mal das Loch zu besiegen, wie der Screenshot zeigt, den er uns bereitgestellt hat.

Als wir Smith, dem Entwickler des Spiels, das Bild zeigten, bestätigte er, dass es sich dabei um ein "klassisches unbesiegbares Loch" handele.

Doch Yagnow weigerte sich, aufzugeben. Bereits in vorherigen Leveln hatte er die Willkür des Spiels am eigenen Leib erfahren: Manchmal brauchte er für einzelne Löcher tausende Versuche, bevor er sie meisterte. Bei manchen Löchern setzt Yagnow auf abstruse Abfolgen von Schlägen, die den Ball irgendwann ins Ziel ploppen ließen. Bei anderen Löchern hat er einfach "Glück", wie er uns erzählt.

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'Desert Golfing' als ständiger Begleiter – doch Loch 14.758 ändert alles

Yagnow wurde durch den Games-Kritiker Chris Remo auf Desert Golfing aufmerksam, der in seinem Podcast Idle Thumbs von dem Spiel berichtete. Es dauerte nicht lange, bis der kleine Golf-Simulator ihn in seinen Bann gezogen hatte.

"Ich spielte anfangs sehr viel und kam in einem Monat bis Loch 5.000", sagt er. "Das Spiel ist perfekt für zwischendurch: auf der Arbeit während einer Telefonkonferenz, beim Podcast hören, wenn die Kinder beim Schwimmunterricht sind oder wenn ich warte, dass mein Sohn einschläft. Du kannst das Spiel innerhalb von Sekunden starten oder unterbrechen. Du musst nicht viel investieren."

Desert Golfing wurde Teil von Yagnows Lebens. Doch Loch 14.758 war anders als die anderen Löcher und trieb den Golf-Enthusiasten zur Verzweiflung. Die Mischung aus niedrigem Abschlagpunkt, einer extrem steilen Böschung und weit entferntem Ziel, machten das Level schlicht unmöglich. Zwei Jahre lang dachte Jagnow, dass sein Wüsten-Abenteuer endgültig vorbei sei. Doch im vergangenen November zeigte ihm Apples App Store plötzlich ein Update für Desert Golfing an. Ein Patch versprach zwei Neuerungen: Support für das iPhone X und "keine unmöglichen Löcher mehr".

"Ich habe mich so sehr an das Spiel gewöhnt, dass es sich wie ein Verlust anfühlt, dass ich jetzt nicht mehr in der Wüste golfen kann"

Und tatsächlich: Yagnows persönlicher Endgegner war verschwunden und durch ein neues Loch ersetzt worden. Motiviert kehrte Yagnow zu seiner täglichen Routine zurück und stellte sich den Herausforderungen von Desert Golfing, Loch für Loch.

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Als er etwa bei Loch 21.700 angekommen war – an die genaue Zahl erinnert er sich nicht – war er plötzlich an einem Ufer angelangt.

Ein jähes, nasses Ende

Als er den Ball ins Wasser schlug, verschwand er einfach. Das war alles. Keine Glückwünsche, keine Credits, kein Feuerwerk. Trotzdem hatte er das Ende von Desert Golfing erreicht. Yagnows sieht seinen Sieg mit gemischten Gefühlen. "Ich habe mich so sehr an das Spiel gewöhnt, dass es sich wie ein Verlust anfühlt, dass ich jetzt nicht mehr in der Wüste golfen kann", sagte er. Yagnows Sieg über die Wüste hat ihm gleichzeitig das Spiel genommen, das ihn seit drei Jahren begleitet hat.

Das Update: Antwort auf die Hilferufe verzweifelter Gamer

"Irgendwann wurde es sehr deprimierend, wenn ich morgens mein Postfach öffnete", erklärte uns der Entwickler von Desert Golfing, Justin Smith. "Die Spieler stießen auf unbesiegbare Löcher und versuchten verzweifelt, sie zu schlagen. Sie waren total frustriert, wenn sie mir mailten und ich musste ihnen dann mitteilen, dass das Spiel für sie wohl vorbei sei. Das war ein sehr unwürdiges Ende."

Eine zeitlang sah Smith diese klagenden E-Mails als die gerechte Strafe für den "schlechten Code" an, den er verzapft hatte. Aber dann entschloss er sich, etwas zu unternehmen. Der tatsächliche Fix ist eigentlich eher ein Cheat.


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"Ich konnte die unmöglichen Löcher nicht über den Algorithmus reparieren", sagte er. "Stattdessen spielte ich selbst 10.000 Löcher durch und generierte die unschlagbaren Löcher neu. Wenn jetzt also ein Spieler das Update durchführt, erhält er 10.000 neue Löcher, egal auf welcher Stufe er sich gerade befindet, und erreicht dann das Wasser."

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Das Wasser war dabei nicht immer Teil des Spiels. Ursprünglich hatte Smith bei Loch 2.000 – eine Zahl, die ihm damals absurd hoch erschien – eine Art magnetische Abwehr um das Loch platziert, die den Ball immer wieder abprallen ließ. Doch einigen cleveren Spielern gelang es, auch diese Hürde zu umgehen.

Darum änderte Smith die letzten Level: Irgendwann stoßen Spieler auf ein Loch in einer komplett flachen Wüstenlandschaft. Jedes Mal, wenn sie einlochen, erscheint ein neues Loch in einer komplett flachen Wüstenlandschaft. "Wie zu erwarten war, spielten sich einige Gamer durch tausender dieser Löcher, weil sie hofften, irgendwann auf ein Geheimnis zu stoßen", erklärte Smith.

Also baute er das Wasser ein. Desert Golfing hatte ein Ende und konnte so endlich Menschen aus seinem Bann entlassen.

Smith ist mit diesem Ende zufrieden. "Ich würde lieber ein Sequel entwickeln, als noch mal ein Update durchzuführen", sagte er. Er ist sich "ziemlich sicher", dass die Reise hier zu Ende ist. Doch wer weiß, es ist schließlich nicht das erste Mal, dass Smith das behauptet.