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"Bin ruiniert": 'Fortnite'-Entwickler drohen 18-jährigem Cheater mit 250.000-Euro-Strafe

Ein deutscher Teenager muss eine Viertelmillion Euro Strafe zahlen, wenn er weitere 'Fortnite'-Cheats verkauft. Motherboard-Recherchen zeigen, wie die Entwickler-Firma Epic Games die Cheater-Szene in Deutschland in die Knie zwingt.
Ein Promo-Video eines Cheat-Nutzers zeigt die Funktionen der EngineOwning-Software: automatisches, "smoothes" Zielen, bunte Linien und Rechtecke zeigen die Position anderer Spieler an | Screenshot: Tyr | EngineOwning

"Ich riskiere jetzt den völligen Ruin und dass meine Firma bankrott geht" – so kündigt der Cheat-Entwickler "Skyfail" das Aus seiner Firma an. Mit vierzehn Jahren begann er laut eigenen Angaben die Arbeit an Cheats. Doch vier Jahre nach dem Start seiner Cheat-Karriere bemerkten wohl die Macher von Fortnite seine Arbeit. "Sie haben eine Unterlassungserklärung erwirken können, die ich akzeptieren musste", schreibt der Entwickler auf seiner Website. "Diese Unterlassungserklärung verbietet es mir, Cheat-Software für Spiele von Epic Games, Inc. anzubieten."

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Skyfail droht ein sehr hohe Strafe: Der nach eigenen Angaben 18-Jährige soll 250.000 Euro Ordnungsgeld zahlen oder eine Haftstrafe absitzen, sollte er gegen die von ihm unterschriebene Unterlassungserklärung verstoßen. Das bestätigte eine Sprecherin des Landgerichts Frankfurt in einer E-Mail an Motherboard. Der Beschluss wurde bereits am 25. Juni 2018 erlassen, der Fall wurde aber erst jetzt durch den Forenpost von Skyfail bekannt. Der Cheater könnte gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt Widerspruch eingelegen.

Cheat-Entwickler sind so etwas wie die Anti-Helden des Gaming. Einerseits verdienen sie sich massiven Respekt, wenn sie es tatsächlich schaffen, komplexe Videospiele zu hacken: Sie schleusen ihre eigene Software ein und verschaffen sich und anderen mächtige Fähigkeiten. Andererseits gelten sie als riesiges Problem, denn Cheats können Gamern den Spaß am Spiel verderben und die Community zerbröseln lassen: Schließlich könnte nicht klar sein, ob die Niederlage im Multiplayer-Shooter wirklich an den eigenen Fähigkeiten lag oder ob ein Gamer mit Schummel-Software das Spiel dominiert.

Fortnite-Cheats sind besonders knifflig

Die Preise für die Cheat-Software

Die Preise, die Skyfail für seine Software verlangt, sind ziemlicher Cheating-Durchschnitt | Screenshot: Tyr | EngineOwning

Auf YouTube finden sich zahlreiche Videos, die teilweise erst dieses Jahr entstanden sind. Darin führen Spieler die Funktionen des Cheats vor: Der Cheat von Skyfail hebelt die Streuwirkung von Maschinenpistolen aus und macht so selbst ungenaue Waffen im Shooter zu präzisen Superkanonen. Auch eine automatische Zielerfassung ist sichtbar: Sobald Gegner das Sichtfeld betreten, springt das Zielkreuz millimetergenau auf den Kopf. Ein Radar macht Spieler im Umkreis sichtbar.

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Um genau diese Funktionen geht es auch am Landgericht Frankfurt. In einer E-Mail an Motherboard heißt es: "Es ist untersagt, im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Software anzubieten und/oder zu verbreiten, die es dem Nutzer der Software ermöglicht, im Online-Spiel Fortnite den Spielverlauf durch die folgenden Funktionen zu beeinflussen: Automatisches Anvisieren von Gegnern; Einsatz eines 3D-Radars; Einsatz eines 2D-Radars."

Das wird wohl auch andere Cheat-Anbieter aufhorchen lassen. Denn genau diese Funktionen gehören zum Standard-Repertoire von Cheat-Software. Der Verkauf dieser Programme kann sehr lukrativ sein. Über 8.000 Euro im Monat hat etwa ein deutsches Cheater-Duo nach eigenen Angaben verdient, wie Motherboard-Recherchen zeigten. Damit würden sie eher zum Mittelfeld gehören, hieß es damals.

Details über sein Geschäft wollte Skyfail Motherboard in einem Chat-Gespräch nicht verraten, ohne vorher mit seinem Anwalt zu sprechen. Wir werden diesen Artikel updaten, falls wir Neues von ihm hören.

Die meisten Cheats entstehen für den Shooter Counter-Strike: Global Offensive. Doch Skyfail bot Software für Fortnite an. Das ist unüblich, wie Szenekenner gegenüber Motherboard bestätigen. Denn Fortnite lässt sich zwar hacken und mit Chat-Codes verändern, doch das ist recht aufwendig und wird schnell entdeckt. Epic Games benutzt die Anti-Cheat-Software BattleEye, dessen Entwickler aktiv nach neuen Cheats suchen und sie sperren. Die Entwickler hinter BattleEye bestätigen Motherboard in einer E-Mail, dass sie die Software von Skyfail in Fortnite schnell entdeckt und ausgehebelt haben: "Sofort detected und gebannt", heißt es von den Anti-Cheat-Detektiven.

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Der lange Kampf gegen Cheater

Screenshot aus Fortnite

Das Versprechen von EngineOwning: Tontaubenschießen mit einer Minigun dank Zielautomatik | Screenshot: Tyr | EngineOwning

Doch der Bann der Software alleine reichte Epic offenbar nicht aus. Die Firma zog in den USA bereits gegen Cheater vor Gericht. Im November 2017 verklagte Epic eine Reihe von Schummlern, darunter einen 14-jährigen Jungen, der keine Cheats entwickelt, sondern nur benutzt haben soll.

Das harte Vorgehen von Epic gegen Skyfail ist historisch, denn es ist der erste bekannte Fall, in dem dieser Entwickler auch rechtliche Schritte gegen deutsche Cheater unternimmt. Möglich geworden ist das wohl durch den Fall "Bossland". Die Firma aus Zwickau in Sachsen verkaufte Schummel-Software und Bots für Spiele wie World of WarCraft. Sechs Jahre lang dauerte der Rechtsstreit zwischen der Spielefirma Blizzard und den Cheatern aus Zwickau.


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Auch Skyfail schreibt, er hätte die Folgen dieses Prozesses zu spüren bekommen, vor allem durch die Firma Activision, zu der auch die Warcraft-Macher Blizzard gehören: "Wir haben immer wieder Unterlassungsaufforderungen von Activision bekommen. Ein Privatdetektiv hat die Briefe gebracht, um uns einzuschüchtern", schreibt der Cheat-Entwickler auf seiner Website. Am Ende lautet im Fall "Bossland" das Urteil: Cheat-Software ist in Deutschland rechtswidrig.

"Das ist ein riesiges Problem für die Spieler von Fortnite", schreibt Skyfail in seinem Foren-Statement zum Aus seiner Firma. Denn das Urteil gegen Bossland ermöglicht es Firmen wie Epic, Cheat-Entwickler juristisch zu bekämpfen. Für die meisten Spieler wird das wohl nur kein Problem darstellen, sondern eher einen klassischen Win: für mehr Fairness im Game.

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