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Dieser Gamer hat ein Google Maps für 'Red Dead Redemption 2' gebaut

Wohl kein Gamer ist so detailversessen wie Oisín O'Neill: Er erstellt interaktive Online-Karten für 'RDR2', 'GTA V' und 'Fallout 4'. Weltweit feiern Fans die hilfreichen Schatzkarten.
Der Programmierer Oisín O'Neill vor einer Schatzkarte
Der irische Programmierer Oisín O'Neill bastelte eine Schatzkarte für 'Red Dead Redemption 2' | Bild: Screenshot | RDR2-map.com || Porträt: Oisín O'Neill || Bearbeitung: Motherboard

Die Karriere des wohl ambitioniertesten Schatzkartenzeichners der Gaming-Welt begann in einer deutschen U-Bahn. Es war das Jahr 2013, der 22-jährige Ire Oisín O'Neill war gerade nach München gezogen, um als Spieleentwickler zu arbeiten, und die Stadt war voller Plakate für Grand Theft Auto V, jenem Spiel, das in den ersten drei Tagen eine Milliarde Dollar einbrachte. Vom Hype inspiriert, erstellte Oisín zuhause die erste interaktive Karte von GTA V für den Browser. Seitdem ist Oisín virtueller Landvermesser.

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Schatzkarten mit den Geheimnissen von virtuellen Welten gibt es, seit es Computerspiele gibt. Gaming-Fans haben daraus ein lukratives Geschäft gemacht: Früher durchforsteten sie die Maps von Pokémon über GTA bis hin zu Final Fantasy nach versteckten Gegenständen und Geheimnissen und druckten ihre Karten in Komplettlösungshefte. Dank des Internets müssen sich Gamer nun keine Hefte mehr kaufen, die Karten sind frei verfügbar. Aber mit ständig wachsenden Welten werden auch die Spieler anspruchsvoller; kein Detail soll fehlen.

Den Traum eines zu 100 Prozent durchgespielten Spiels, den möchte Oisín erfüllen. Nach seiner ersten Karte für GTA V baute er noch eine für das Endzeitspiel Fallout 4 sowie einen Pokémon-Go-Detektor für die Smartwatch. Sein bisher größter Erfolg sollte allerdings die Karte für das erfolgreichste Open-World-Spiel seit GTA V werden: das Ende Oktober erschienene Western-Epos Red Dead Redemption 2. Die Community feiert ihn dafür: In den vier Wochen seit der Veröffentlichung wurde die Seite 2,5 Millionen Mal besucht.

Google Maps trifft auf 'Red Dead Redemption 2'

Schatzkarte von IGN

Die Schatzkarte der Profis von 'IGN' ist im Vergleich zu Oisíns Karte unvollständig und wirkt unübersichtlich | Bild: Screenshot IGN

Oisín O'Neill ist Programmierer, hat in Irland IT studiert. Die Welt eines Open-World-Spiels zu kartographieren, das sei vor allem viel Fleißarbeit, erklärt er im Discord-Chat mit Motherboard. "Am einfachsten kann man sich das so vorstellen, dass man ein großes Bild der Spielwelt nimmt und das dann auf Google Maps legt", erklärt Oisín. Dahinter stehe ein Arbeitsaufwand von mehreren Tagen.

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Oisín muss die Karte der Spielwelt in einzelne Kacheln aufteilen und jede einzelne auf Google Maps übertragen. Entwickler können Googles Kartendienst für solche Spielereien nutzen. Als Vorlage dienen Oisín die Karten vom Spieleentwickler selbst. Bei GTA V sei das damals eine besondere Herausforderung gewesen, wie der Entwickler erzählt: Die GTA-V-Karten hätten eine schlechte Auflösung gehabt. Zusammen mit seiner Frau habe Oisín tagelang die Welt per Hand nachgezeichnet.

Was auf den offiziellen Karten der Hersteller natürlich fehlt: All die Geheimnisse und Schätze, die Gamer mühsam selbst entdecken müssen. Der Marktführer im Spielejournalismus, die Internetseite IGN, baut deshalb ebenfalls eigene Karten. Oisín vermutet, dass seine GTA-V-Karte IGN damals dazu inspiriert habe, denn die Website habe davor keine Karten veröffentlicht. Oisín finde die Karten von IGN aber "ehrlicherweise ein bisschen schrottig". Für Nutzer sind Oisíns Karten tatsächlich intuitiver zu bedienen.

Bei 'GTA V' prangte plötzlich ein riesiger Penis auf der Karte

Karte von GTA V

Bei 'GTA V' setzte Oisín anfangs noch auf die Crowd. Später nahm er alle Einträge manuell vor | Bild: Screenshot GTA-5-Map.com

Nachdem die Landschaft der Spielwelt vollständig nachgezeichnet wurde, fängt laut Oisín die Arbeit erst richtig an: "Der größte Aufwand ist es, die Standorte einzutragen und vor allem zu entscheiden, in welche Kategorien man sie aufteilt." Dafür muss er sich erst auf die Suche machen: Viele Schätze und besondere Orte finde Oisín durch Berichte von Gaming-Seiten, manchmal kämen aber auch Hinweise direkt von den Nutzern. Sie schreiben ihm auf Reddit oder markieren selbst Vorschläge für neue Standorte auf der Karte.

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Oisín und seine Frau tragen die Standorte selbst per Hand ein. Bei der GTA-V-Karte habe er kurz versucht, die Schwarmintelligenz der Gamer-Community zu nutzen. Es sei allerdings zeitaufwendiger gewesen, die Einträge zu kuratieren, als sie selber zu suchen. "Das Erste was die Leute gemacht haben, war mit den Markierungen einen riesigen Penis abzustecken."


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Schätze machen reich, Schatzkarten leider nicht

Auf der Website seiner RDR2-Karte sind derzeit rund 50.000 Nutzer registriert. Mit einem Account können Gamer ihren Fortschritt speichern und notieren, welche Schätze sie schon gefunden haben. Geld verdient Oisín mit Werbung auf der Website; Gamer können die Werbung gegen Bezahlung abschalten. Oisín sagt, er sei noch weit davon entfernt, von den Einnahmen leben zu können.

Natürlich sind nicht alle Gamer von einer umfassenden Karte wie dieser begeistert: Einige wollen die Geheimnisse und Schätze der Welt nach und nach suchen und freischalten. Seine RDR2-Karte hatte Oisín direkt zum Release veröffentlicht. Damit Gamer die Karte auch möglichst ohne Spoiler nutzen können, lassen sich einige Kategorien von Einträgen abschalten. Oisíns Tipp für Neueinsteiger. "Ihr solltet die Gräber-Kategorie vermeiden. Standardmäßig ist sie sowieso ausgeschaltet." Die Gräber bei RDR2 zeigen an, wer von den Charakteren im Laufe des Spiels stirbt.

Dass Oisín seine RDR2-Karte überhaupt so schnell veröffentlichen konnte, liegt an einem von ihm selbst entwickelten Programm, er nennt es "MapGenie". Mit dem Programm lassen sich Oisín zufolge in kurzer Zeit interaktive Karten für jedes mögliche Spiel erstellen.

Oisín glaubt, sein Tool dürfte auch für Entwickler interessant sein, die Begleit-Apps für große Games entwickeln, sogenannte Companion-Apps.

Oisíns Traum: "Ich hoffe, dass ich eines Tages selbst beauftragt werde, eine offizielle Companion-App für ein Spiel zu entwickeln." Dann würde er sogar von den großen Publishern bezahlt werden. Doch selbst wenn der reale Reichtum auf sich warten lässt: Die Dankbarkeit der Fans von Open-World-Spielen hat Oisín schon jetzt.

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