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Tech

Warum Augmented Reality besser als Virtual Reality ist

Wenn es nach dieser Entwicklerin geht, kann VR gegen die vielen Vorteile von AR-Apps nicht mithalten – und wir werden alle bald Augmented Reality in unserem Alltag nutzen.
Porträt von Vivian Fu

Wer sich in der Start-up-Welt oder im Elektrofachhandel umschaut, wird feststellen: Längst wimmelt es nur so von Firmen, die behaupten, dass Virtual Reality die Zukunft ist. Doch es gibt auch Entwickler, die die physische Welt nicht gleich ganz über Bord werfen wollen: Ihre Idee von erweiterter Realität heißt Augmented Reality (AR) und kommt ohne die klobigen Helme und Headsets aus, die bei Virtual Reality allgegenwärtig sind.

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Die AR-Welt wird geprägt von Entwicklern wie Jeri Ellsworth, Mitgründerin des Tech-Start-ups castAR. Ihre Firma arbeitet an einer bezahlbaren AR-Brille, die Bilder über die sichtbare Umgebung legt. Ein solches AR-Interface kann zum Beispiel eine Karte auf eine echte Umgebung projizieren und sie um interaktive Elemente erweitern. Wie unterhaltsam das Ergebnis sein kann, hat Pokémon Go im vergangenen Jahr erfolgreich vorgeführt. AR-Technologie kann auch Figuren auf ein echtes Spielbrett projizieren und sie dann mit Hindernissen wie dem echten Wetter kämpfen lassen. Und das ist erst der Anfang: Da AR technisch meist so funktioniert, dass sie Projektionen über die Welt legt, kann sie letztlich alles, was simulierbar oder animierbar ist, in die „echte" Welt holen.

Die HoloLens von Microsoft zählt dabei zu einem der spannendsten AR-Modelle in der Entwicklung. Mit ihren eindrucksvollen 3-D-Nutzeroberflächen, mit denen Ingenieure und Modellbauer Objekte entwerfen können, bietet sie zwar faszinierende Sci-Fi-Ästhetik, doch noch ist die Technologie äußerst teuer. CastAR hat sich dagegen zum Ziel gesetzt: AR allen zugänglich zu machen und es kreativen Entwicklern und Designern heute schon zu ermöglichen, Apps für die Augmented Reality zu entwerfen. Ellsworth hat dabei vor allem die Gaming-Welt im Blick. Als Entwicklerin war sie bei Valve für das VR-System Vive, die Steam-Plattform und Spiele wie Portal und die Left 4 Dead-Reihe verantwortlich. Sie weiß, worauf es beim Auf- und Ausbau von Welten ankommt. Wir haben mit ihr darüber gesprochen, warum es eine so viel bessere Idee ist, unsere Welt mit AR zu ergänzen, statt sie mit virtuellen Parallelwelten zu ersetzen.

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VICE: Siehst du AR als eine zugänglichere Technologie als VR?
Jeri Ellsworth: Ich war schon immer der Meinung, dass Augmented Reality nicht nur zugänglicher sein, sondern unser Leben auch mehr beeinflussen wird. VR ist dem Wesen nach eine isolierende Erfahrung, die uns vom Rest der Welt trennt. AR dagegen erweitert deine Umwelt und ist sozial und zugänglich. VR braucht teure Hardware und viel Prozessorleistung. Wir zielen bei der castAR-Lösung auf einen massentauglichen Preis ab. Für VR musst du erst einmal in deinem Wohnzimmer Platz schaffen. AR wird dich begleiten, wohin du auch gehst. Auch wenn die beiden Dinge Varianten von ein und derselben Sachen sind, haben sie eigentlich nichts gemeinsam, außer dass man bei beiden etwas auf den Augen trägt.

„VR ist eine isolierende Erfahrung, die uns vom Rest der Welt trennt. AR dagegen erweitert deine Umwelt."

Wie geht ihr bei der AR-Entwicklung mit Problemen oder Hindernissen der echten Welt um?
Eine neue AR-Plattform zu erschaffen ist schwierig und ein Haufen schlauer Leute hilft uns dabei, knifflige Probleme zu lösen. Wir kennen alle die Werbevideos von AR-Firmen, die versprechen, AR werde einfach überall sein. Ehrlich gesagt wissen wir nicht, was wir davon halten sollen. Das ist wohl mehr ein Konzept als die Wirklichkeit. Ich will AR stufenweise auf den Markt bringen, angefangen mit einer Desktop-Version. Wir können sehr fesselnde Erfahrungen erschaffen, indem wir die Applikation erst einmal auf den Desktop beschränken. Davon werden wir viel lernen, und dann geht es von da aus weiter.

Was ist dein größter Wunschtraum für die nächsten fünf oder zehn Jahre? Wie wird AR mit anderen Technologien oder sogar Designmodellen verschmelzen?
Mein Wunschtraum für AR in den eigenen vier Wänden ist, dass es sich mit einigen anderen Technologien vermischt, die zurzeit aufkommen. Nimm das Smartphone: Es ist Telefon, Kamera, Internetzugang, Zeitung, Wetterfrosch, Kino und so weiter.

In einer nicht allzu fernen Zukunft werden AR und Handys verschmelzen, und auch die Stimmerkennung wird miteinbezogen werden. Wenn du heimkommst, kannst du sagen: "Raumtemperatur auf 20 Grad erhöhen", und über die Stimmerkennung in deinem Handy dein Smarthome kontrollieren. Vielleicht kannst du im Laden deine Brille aufsetzen, sodass die Werbebotschaften und Aktionen der Firmen zum Leben erwachen. Oder du kannst von zu Hause aus einkaufen, indem du holografische 3-D-Bilder der Produkte anschaust. Fabrikarbeiter werden AR-Brillen tragen, die ihnen zeigen, wie sie Waren zusammensetzen sollen. Und bis dahin wird die Branche sich darum gekümmert haben, dass wir die nötige Rechenleistung haben, um AR überall nutzen zu können.

Dieser Artikel stammt aus der VICE-Issue „The Future of Technology". Alle Artikel der Ausgabe findet ihr hier.