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Woher kommen die mysteriösen Leucht-Wolken, die über Deutschland schweben?

Noctilucent Clouds verzaubern mit ihrem silbrig-blauen Schein unseren Sommerhimmel.
Bild: imago

Die Sommernächte in den nächsten Wochen werden uns auch in Deutschland ein faszinierendes Himmelsstrahlen bescheren. Grund dafür sind die sogenannten Leuchtenden Nachtwolken, die jetzt schon in der Dämmerung zu sehen sind und im Juli und August ihre Hochsaison erreichen. Das betörende Schauspiel entsteht, wenn sich in der Mesosphäre (in 80 bis 90 km Höhe) befindliche Ansammlungen von Eiskristallen von der Sonne angestrahlt werden und beginnen, das Licht zu reflektieren.

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Wie die geheimnisvoll schimmernden Wolken jedoch wirklich zu Stande kommen, beschäftigt weiterhin die Astrophysiker—klar ist lediglich, dass winzige Staubpartikel aus dem Weltraum wesentlich zur Entstehung der Wolken beitragen und dass sich das Phänomen weit überhalb unserer normalen Wolken abspielt.

Die Leuchtenden Nachtwolken erscheinen genau dann, wenn die Sonne in einem Winkel von 6 bis 16 Grad schräg unter dem Horizont steht, und der Himmel ansonsten bereits dunkel ist. Je nach Sonnenstand changieren die Wolkenfarben in verschiedenen hellen Farben, die von rosa über gelb bis silbrig-blau und perlmuttartig erscheinen können.

Die dünnen Himmelsschleier formen sich zuerst in den Polarregionen, wo die Mesosphäre ihren äußersten Punkt erreicht. Dort oben bei einer Temperatur von minus 90°Celsius ist die Luft extrem trocken und ausgedünnt. Unter diesen extremen Bedingungen kristallisiert Wasserdampf bei jeglichem Zusammentreffen mit Staub oder anderen Teilchen, die im All herumfliegen. So entstehen jene gefrorene Schlieren, welche für die charakteristische Form der Leuchtwolken verantwortlich sind.

Seltsamerweise reflektieren die Auslöser des geheimnisvollen Zwielichtes nicht nur die Sonnenstrahlen, sondern auch Radiowellen. Das liegt daran, dass sich auf den Eiskristallen eine elektrisch leitende Schicht aus Eisen und Natrium bildet, wie Paul Bellan, Physiker am California Institute of Technology, herausfand. Wegen dieser Eigenschaft wird das Phänomen von National Geographic auch als „Electric-Blue Clouds" bezeichnet.

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Bild: Wikipedia | Ireen Trummer | CC BY-SA 4.0

Obwohl die Hauptsaison für die leuchtenden Himmelsbänder erst noch kommt, jagen auch in Deutschland die Fans atmosphärischer Phänomene schon dem himmlischen Strahlen hinterher. Natürlich gibt es für die Wolken, die sich weit über den gewöhnlichen Haufen- oder Schleierfolgen zu finden sind, längst eine eigene Facebookseite und auch in Foren berichten Hobby-Astronomen in den vergangenen Tagen vermehrt über Sichtungen.

Den Berichten zufolge ist die Wahrscheinlichkeit auf ein erfolgreiches Erlebnis besonders im Norden Deutschlands gegeben, da die meisten Bilder von der Küste stammen. In Fehmarn, Rostock, Kiel oder Warnemünde wurden in den vergangen Wochen bereits NLCs, wie die Noctilucent Clouds unter Kennern genannt werden, gesichtet. Besonders gut sind die Chancen, das Himmelsschauspiel beobachten zu könne, auch in den Höhenlagen. In den Foren herrscht jedenfalls bereits routinierte Nerd-Freude, und die Beobachter posten fleißig Videos und Fotos ihrer jüngsten Sichtungen hin und her—gerne auch inklusive einer Diskussion darüber, ob im Hintergrund denn nun Rotbauchunken oder einfach nur Frösche zu hören seien .

Zum ersten Mal wurden die Leuchtenden Nachtwolken im Jahr 1885 zwei Jahre nach einem Vulkanausbruch auf der indonesischen Insel Krakatau beobachtet. Die dort abgegebene Aschewolke verblieb monatelang in der Atmosphäre und bescherte noch über Jahre hinweg spektakuläre Sonnenuntergänge und das betörende Wolkenleuchten. Da das Himmelsphänomen jedoch auch unabhängig von den Folgen der Eruption beobachtet werden konnte, schlossen die Wissenschaftler, dass auch Überreste von Meteoren als Quelle dienen könnten. Diese Annahme ist auch deswegen wahrscheinlich, da jährlich hunderte Tonnen von Meteoritenstaub auf die Erde herabsinken. Auch Sternschnuppen entstehen durch ähnliche Phänomene wie die Noctilucent Clouds und werden in der gleichen atmosphärischen Höhe beobachtet.

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Leuchtende Nachtwolken auf Fehmarn | Bild: Thomas Schwarzbach | CC BY-SA 4.0

Leuchtende Nachtwolken auf Fehmarn | Bild: Thomas Schwarzbach | CC BY-SA 4.0

Da sich die Sichtungen Leuchtender Nachtwolken in den letzten Jahren gehäuft haben, wird vor allem der Klimawandel als Verursacher in Erwägung gezogen. „Wir können uns noch nicht vollständig sicher sein, aber es lässt sich nicht leugnen, dass die Zunahme von Methan in der Atmosphäre die Formation von NLCs begünstigt", so Tony Phillips von SpaceWeather. „Methan, das in die obersten Schichten der Atmosphäre vordringt, produziert Wasser, das für die Entstehung von NLCs nötig ist."

Die These bestätigt auch Gary Thomas, Astrophysiker an der University of Colorado. „Es braucht extreme Kälte, damit sich in der trockenen Umgebung der Mesosphäre Eis formen kann." Und die Erderwärmung sorgt nun dafür, dass die Temperaturen nahe der Erdoberfläche zunehmen und in höheren Schichten abnehmen.

Wer Ende des Sommers noch immer nicht genug Leuchtende Nachtwolken gesehen hat, sollte zum November auf die südliche Halbkugel umsiedeln. Dann beginnen die Leuchterscheinungen nämlich dort ihre verzückenden Bahnen zu ziehen.