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Dieser Travel-Hacker fliegt seit 43 Wochen non-stop um die Welt

Low-Budget in der Ersten Klasse: Willkommen im Reich des Vielflieger-Hobbyisten.

Bild: onemileatatime Instagram

Ben Schlappig fliegt 400.000 Meilen pro Jahr. Weil er es kann. Der 25-jährige kennt fast alle großen Flughäfen dieser Welt—von den dazugehörigen Städten aber eher wenig. Denn Schlappig—Spitzname Lucky—steigt meist nicht aus, sondern fliegt gleich weiter. Er fliegt um des Fliegens willen. Sein Zuhause ist das Flugzeug. Dabei reist er immer First Class—und das meist für weniger Geld als die anderen Passagiere auf den vermeintlich günstigeren Plätzen der Economy Class.

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Ermöglicht hat er sich diesen abgehobenen Lebensstil durch ein Verfahren namens Manufactured Spend. Es funktioniert nach dem Prinzip, über eine an Flugmeilen gekoppelte Kreditkarte Dinge zu kaufen, deren Wert man schnell in Bargeld zurückverwandeln kann: Gutscheine, Guthaben oder Geldbriefe zum Beispiel. Man tätigt also einen Kauf, lässt sich die entsprechenden Flugmeilen gutschreiben und führt anschließend den ausgegebenen Betrag zurück auf sein Konto.

„Ich mache das jetzt seit zehn Jahren. Stets finden wir neue Schlupflöcher. Wir sind ihnen immer einen Schritt voraus."

Auf seinem Instagram-Account präsentiert Schlappig nicht nur die Luxushotels, Flughäfen und Business-Class-Features, in deren Genuß er kommt—sondern fachsimpelt mit seinen Followern auch über Flugpläne und die Vor- und Nachteile der Luxusausstattungen unterschiedlicher Airlines:

Mit einer der Lieblingsairlines von Schlappig—Qatar Airways auf dem Weg nach Frankfurt. Alle Bilder (wenn nicht anders angegeben): Instagram onemileatatime

Ein Einblick in ein Pekinger Hotel, für das Schlappig den Flughafen gerne auch kurrzeitig einmal verlässt.

Hier hat Schlappig eine ganze Reihe First-Class-Sitze für sich und eine besondere Begleiterin.

Manufactured Spend ist eine Wissenschaft für sich und in Deutschland kaum verbreitet. In den USA hingegen, wo so ziemlich alles per Kreditkarte gezahlt werden kann, gibt es jede Menge professioneller Online-Communities, die sich dem Ziel verschrieben haben, in kürzester Zeit so viele Gratis-Meilen wie möglich zu generieren.

Schlappig—den seine Mutter gegenüber dem Rolling Stone als hochbegabten Schüler beschrieb, der sich stets langweilte—trieb sich bereits als 13-Jähriger in Foren wie FlyerTalk herum, wo er lernte, zum First-Class-Vielflieger-Hobbyisten aufzusteigen. Leute diskutieren hier darüber, wie man bei einer Airline ins Vielfliegerprogramm einsteigt, ohne Geld auszugeben, Fehler im Ticket-Algorithmus ausnutzt oder die gewieften Kniffe des Manufactured Spend anwendet.

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Auf boardingarea.com schreibt eine ganze Armada von Hobbyisten. Screenshot: boardingarea.com

Nachdem Schlappig sich hier ein nettes Hotelzimmer gesichert hat, bekommt er von seinen Followern sogleich freundliche Tipps für Restaurants und Unternehmungen in der Umgebung.

Bild: onemileatatime Instagram

Travelhacker, wie sich die Ausbeuter des Systems auch nennen, verschreiben sich dabei nicht selten einzelnen Schwachstellen der Reiseindustrie.

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Während sich Schlappig eine Zeit lang intensiv dem Studium von Gutscheinen für beschädigte Gegenstände widmete und auf jedem Flug irgendein Gerät fand, das nicht funktionierte und ihm einen Coupon im Wert von 200 bis 400 US-Dollar einbrachte, beschäftigen sich andere Blogger der Community ausschließlich damit, kostenlose Essensmöglichkeiten aufzutun oder Gratis-Hotelübernachtungen abzustauben.

Ben Schlappig ist inzwischen seit 43 Wochen nonstop unterwegs. Freunde und Familie hält er per Instagram auf dem Laufenden. Sein Account gleicht einer visuellen Luxusorgie: Champagner, Flugzeugbetten und edle Hotelsuites im Endlos-Stream. Um über seine strategischen Meisterleistungen aufzuklären und ein paar Kniffe weiterzugeben, nutzt er seit Jahren sein Blog onemileatatime.

Allerdings steht Schlappigs Lebensmodell auf der Kippe. Seine Stammairline United hat Anfang des Jahres angekündigt, Treueprämien in Zukunft nicht mehr aufgrund der zurückgelegten Meilen, sondern aufgrund ausgegebener Dollars zu vergeben. Schlappig lässt das kalt: „Ich mache das jetzt seit zehn Jahren. Und es ist kein einziges Jahr vergangen, in dem ich nicht etwas gehört habe wie: 'Damit bald Schluss.' Aber jedes Jahr finden wie neue Schlupflöcher. Wir sind ihnen immer einen Schritt voraus."

Sprach's und verschwand in der Business Class.

Update: In einer früheren Version hieß es, dass Schlappig gratis um die Welt fliegt. Tatsächlich fallen bei seinen Reisen Kosten an, allerdings hat er verschiedene Methoden, um die Kosten für seine Luxusflüge zu minimieren, wie er inzwischen auch selbst in seinem Blog noch einmal klargestellt hat. Wir bedauern die Ungenauigkeit.