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Diese Cafés zaubern Gerichte aus Essensabfällen und ihr bezahlt, was ihr möchtet

The Real Junk Food serviert Pastagerichte, Suppen und Kuchen aus unästhetischen Zutaten.
​Bild: The Real Junk Food | Mit freundlicher Genehmigung

Die Auswirkungen unserer Überflussgesellschaft sind mittlerweile allgemein​ bekannt und in das öffentliche Bewusstsein vorgedrungen. Inzwischen haben wir endlich einen Punkt erreicht, an dem sich die Initiativen, die praktisch etwas gegen die Auswüchse des Konsums unternehmen, häufen: In Berlin eröffnete letztes Jahr mit  ​Original Unverpackt der erste verpackungslose Supermarkt und die ​New Yorkerin Lauren Singer macht allen Zweiflern vor, dass ein Leben ohne Müll auch in der Großstadt möglich ist, und fern von Hippie-Klischees sogar glücklich machen kann.

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Doch die Verpackungsalternativen und ihre Vermeidung sind das Eine. Ein anderer Aspekt der Lebensmittelverschwendung in unserer westlichen Welt sind die essbaren Überreste, die unseren gehobenen Ansprüchen nicht Stand halten. In Berlin entwickelte sich die Initiative  ​Culunary Misfits, die krumm gewachsenes Gemüse und unförmiges Obst weiter verwertet und in England erntet nun eine Bewegung namens ​The Real Junk Food Project enormen Zuspruch.

Mittlerweile gibt es zehn The Real Junk Food-Cafés in England, die aus ausrangierten Lebensmitteln Gerichte kochen. Für die Gäste kosten ihre upgecyclten Speisen genau so viel, wie sie bereit sind zu zahlen—und die freiwillige Spende ist ausdrücklich nicht verpflichtend. Getränke werden ganz normal berechnet, um eine Konkurrenz zu den umliegenden Bistros und Kaffeehäusern zu vermeiden.

The Real Junk Food Project sammelt Lebensmittelabfälle, die nicht den ästhetischen Standards der Supermärkte entsprechen und auf Müllhalden entsorgt werden sollen. Das Prinzip des ​Containerns, also des (illegalen) Durchsuchen von Supermakrt-Mülltonnen nach verwendbarerer Nahrung, wird hier somit professionalisiert und der zivilen Bevölkerung zugänglich gemacht.​​

Die britischen Cafés zwischen London, Bristol und Leeds, die sich der Idee verpflichtet haben, vereinen sich zwar unter der gemeinschaftlichen Initiative, agieren jedoch unabhängig voneinander in der Umsetzung dieser speziellen Upcycling-Idee.

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Sie wollen nicht nur Lebensmittel vor dem Abfall retten, sondern gleichzeitig eine neue Wertschätzung für unsere Nahrung propagieren, Personen in einem inspirierenden Raum für nachhaltige Konzepte zusammenbringen und den Menschen die Möglichkeit auf eine warme Mahlzeit geben, die sich eine solche sonst nicht leisten könnten.​

„Jeder kann hier reinkommen und etwas essen. Es liegt an jedem selbst, ob er dafür zahlen möchte", erzählt Duncan Milwain von der Saltaire Canteen in Bradford in einem Interview mit dem  ​Guardian. „Die Leute kommen rein, bezahlen ihre Getränke und setzen sich dann hin. Auf einer Tafel steht das Menü des Tages. Sie suchen sich etwas aus, werden bedient und am Schluss dürfen sie in einem braunen Umschlag eine Spende abgeben. Wir betonen jedoch immer, dass das keine Verpflichtung ist."

Wer nichts hat oder geben mag bekommt die Suppe oder den Salat trotzdem. Die kleinste Gabe lag bei 39 Cent, doch bezahlt hat bisher jeder etwas. „Die Spenden waren bisher unglaublich. Einmal war jemand da, der hat für eine Suppe und ein Stück Kuchen  20 Euro in den Umschlag gesteckt", sagt Stacy Farrar, Managerin und einzige bezahlte Mitarbeiterin der Saltaire Canteen. „Gestern gab uns ein Gentleman einen Euro für für ein Pastagericht und spendete dazu noch ganze 140 Euro. Doch die Leute wissen, dass es hier weder Steak noch Hummer gibt, darum ist jeder Betrag völlig ok."

Neben den Café-Gerichten gibt es in der Food-Boutique den Snack für unterwegs oder eine kleine Aufwertung des Abendessens zu Hause:

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In der EU werden jährlich 90 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen was in beladenen LKWs etwa einer Kolonne rund um den Äquator entsprechen würde, wie die Dokumentation Taste The Waste in einem eindrucksvollen Film demonstriert.

Neben dem gemütlichen nachbarschaftlichen Zusammensitzen und einem leckeren Essen sprechen also alleine die nackten Zahlen dafür, sich mit The Real Junk Food auch zunehmend für die Chancen unseres Mülls zu begeistern