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Physiker entwickeln neues Wundermaterial, das Graphen die Schau stehlen könnte

Die Grundlagen für faltbare Telefone und Raumschiffe mit Lichtantrieb scheinen gelegt zu sein.

Das Supermaterial Graphen hat einen ernsthaften Konkurrenten bekommen. Bisher galt es als unschlagbar: Es ist stabiler als Stahl, härter als ein Diamant, enorm flexibel und gerade mal so dick wie ein Atom. Doch Graphen hat auch einen entscheidenden Nachteil, denn die Modifikation des Kohlenstoffs ist kein Halbleiter. Eine neue jetzt in Physical Review B vorgestellte Entwicklung könnte dem Wundermaterial nun diesbezüglich den Rang ablaufen.

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Das neue Material, das noch keinen Namen trägt und bisher lediglich als Computersimulation existiert, vereint die besten Eigenschaften des Graphens und ist ebenfalls zweidimensional—also so dünn wie ein Atom. Außerdem liefert es bei einigen Anforderungen sogar noch bessere Ergebnisse als Graphen, dessen Entdeckung als Material der Zukunft nicht umsonst mit dem Nobelpreis gekürt wurde.

Die Einsatzmöglichkeiten von Graphen sollen sich in einigen Jahren durch die unterschiedlichsten Branchen ziehen: Schaltkreise sollen kleiner und Mikrochips schneller und leichter werden, Monitore könnten sich wie Tapeten aufrollen lassen, Handys zusammenfalten und in die Tasche stecken lassen, auch ein Lichtantrieb für Raumschiffe ist schon im Gespräch.

Die hexagonale Struktur des neuen Materials ist mit der des Graphen vergleichbar, doch da hören die Ähnlichkeiten auch schon auf. Bild: University of Kentucky

Das neue Material steht diesen fantastischen Fähigkeiten jedoch anscheinend in nichts nach. „Wir haben Simulationen durchgeführt, um zu sehen, ob die Verbindungen brechen oder zerfallen—das ist aber nicht passiert", so der beteiligte Physiker Madhu Menon von der University of Kentucky. „Wir haben das Material auf 1.000 Grad Celsius erhitzt und es ist immer noch nicht kaputt gegangen."

Erschaffen wurde diese besonders stabile Kombination aus den enorm leichten und noch dazu kostengünstigen Elementen Silizium, Bor und Stickstoff, die auf der Erde in großen Mengen vorhanden sind. Neben Madhu Menon sind noch der deutsche Forscher Ernst Richter von Daimler und der Grieche Antonis Andriotis vom Institute of Electronic Structe and Laser an der Entwicklung beteiligt.

Auf der Suche nach neuen 2D-Halbleitermaterialien, welche unglaublich dünn sind und lediglich aus einer einzelnen Schicht von Atomen bestehen, stießen die Wissenschaftler auf die sogenannten Übergangsmetall-Dichalkogenide. Dabei handelt es sich um eine neue Gattung von Materialien, die über eine natürliche Bandlücke verfügen, was die Voraussetzung für einen Halbleiter ist. Graphen hat keine natürliche Bandlücke, wodurch die Elektronen sofort als freie Ladungsträge zur Verfügung stehen.

Ein Halbleiter hingegen besitzt im kalten Zustand keine beweglichen Ladungsträger und fungiert als Isolator. Mit einer Engergiezufur, wie zum Beispiel Wärme, entstehen bewegliche Ladungsträger und die Leitfähigkeit nimmt zu. Diese Eigenschaften sind in der Computertechnologie unverzichtbar.

Allerdings exisitert das neue Material bisher nur als Computersimulation, wir haben es hier also vorerst mit reiner Grundlagenforschung zu tun. Als nächstes wollen die Physiker das Material erst einmal im Labor herstellen. „Diese Entdeckung öffnet ein ganz neues Kapitel in der Materialforschung, indem es den Forschern neue Möglichkeiten bietet, die funktionsfähige Flexibilität und neue Eigenschaften für neue Anwendungen zu untersuchen", so Menon in einem Statement. „Wir können uns auf ein paar Überraschungen gefasst machen."