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Stephen Hawkings Kommunikations-Interface erhält nach 20 Jahren das erste Update

Die neue Auto-Complete-Funktion des Intel-Programms schlägt Hawking nach „The“ selbstverständlich „Universe“ vor.
​Stephen Hawking. Bild: ​Lwp Kommunikáció, flickr ​CC BY 2.0

Stephen Hawking hat nach 20 Jahren endlich eine Grundüberholung seines Kommunikationssystems bekommen. Regelmäßig kommen zwar neue Features und Erweiterungen für Smartphones, Computer und Wearables auf den Markt, doch die Kommunikationstechnik am Rollstuhl eines der klügsten Menschen der Welt stammte bisher aus der Frühgeschichte der Worterkennung. Ein antikes Standardsystem, das wohl kaum einem Physik-Genie gerecht wird.

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Hawkings physische Fähigkeiten nahmen in den vergangenen Jahren permanent ab so, dass er sein Windows-basiertes Kommunikationssystem immer schlechter bedienen konnte. Bereits in den 1980er Jahren wurde die Kommunikationstechnik für ihn entwickelt, die dem Astrophysiker zunächst per Handsteuerung und später per Wangenmuskel den Kontakt mit der Außenwelt ermöglichte. Das Gerät enthält auch den Sprachcomputer mit der typischen Hawkingstimme, welche er in der neuen Version selbstverständlich beibehalten wird. Als ich mir damals als galaxienbegeisterter Teenager „Eine kurze Geschichte der Zeit" zu Weihnachten wünschte, machte der sprechende Techno-Rollstuhl das Genie mit Vorliebe für Schwarze Löcher zu einem noch beeindruckenderen Mysterium.

Seit 1963 leidet Hawking unter Amyothropher Lateralsklerose (ALS), einer degenerativen Erkrankung des motorischen Nervensystems, in deren Verlauf er auch die Fähigkeit zu Sprechen verlor. In den ersten Jahren diktierte er die Buchstaben und Wörter einem Pfleger, der mit einem Stab eine Buchstabentafel entlang fuhr und Hawking reagierte, sobald die richtige Stelle erreicht war. Eine ziemlich mühselige und langwierige Angelegenheit, selbst wenn Hawking sicher nicht unpräzise herumfabuliert, wenn er sein unendliches Wissen zu Papier bringt.

Das erste Sprach-Computer-Interface war lediglich eine Fortführung dieser manuellen Methode. Doch irgendwann war die Technik einfach nicht mehr auf der Höhe der Zeit und vor drei Jahren wandte sich Hawking an Intel, um nach einem Update zu fragen. Verwunderlich, dass die Wissenschaftler nicht schon von selbst auf die Idee kamen, dem 70-jährigen Genie eine ausgefallene, perfekt auf ihn zugeschnittene Technik zu entwickeln.

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Nicht einmal die Macht der Gewohnheit rechtfertigte damals den Zustand, dass Hawking für das Diktat eines einzelnen Wortes eine ganze Minute benötigte und die Verständigung so schwierig für ihn war wie nie zuvor. Er hatte seine Gesichtsmuskeln nicht mehr so gut unter Kontrolle und beim Essen kam es regelmäßig zu unangenehmen Situationen, wenn das Sprachprogramm die Kaubewegungen in Laute übersetzte.

Wir würden dich gerne wie ein wissenschaftliches Experiment behandeln.

Zeit für eine Veränderung. Dr. Horst Haussecker, Leiter des Computational Imaging Lab von Intel, erzählte bei ​​CoExist, der Astrophysiker wollte mehr Unabhängigkeit und Kontrolle über sein Kommunikationssystem. „Wir sagten Stephen: „Wir würden dich gerne wie ein wissenschaftliches Experiment behandeln", erklärte Haussecker. „Weil Hawking selbst Wissenschaftler ist, gefiel ihm das natürlich."

Hawking ist im Prinzip das perfekte Versuchsobjekt für die Vernetzung von Mensch und Maschine und die Fragestellung, wie Computer körperlich eingeschränkte Personen zu einem komfortableren Leben in Gesellschaft und Alltag verhelfen könnten. Ein digitales Update jenseits des Schreckgespenstes Künstlicher Intelligenz, die ​laut Hawking das Ende der menschlichen Existenz einläutet—wie Blade Runner uns ja bereits eindrucksvoll demonstriert hat.

Nach drei Jahren Entwicklungsarbeit besitzt Hawking nun ein Lenovo x230 Tablet, welches eine Customversion des virtuellen SwiftKey-Keyboards und den neuen Assistive Context Aware Toolkit beinhaltet. Er kann nun mit dem Zucken einer Augenbraue seine On-Screen-Aktivitäten bestätigen, außerdem ist seine Brille mit einem IR-Sensor ausgestattet, mit dem er auf dem Bildschirm navigieren kann.

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Auf „The" folgt laut dem neuen System „Universe".

Standardfunktionen wie das Öffnen einer Datei benötigten bisher oftmals ganze zehn Minuten. Diese Prozesse wurden nun um ein Zehnfaches beschleunigt und das Verfassen ganzer Sätze geht nun ebenfalls 20 Prozent fixer. Bisher hatte sogar ein Smartphone eine bessere Worterkennung und Autovervollständigung als Hawkings Kommunikationscomputer. „Noch rudimentärer geht es kaum", so Haussecker. Das neue Interface lernt die Wörter nach den Aktionen und am meisten verwendeten Begriffen des Wissenschaftlers. Auf „The" lautet der erste Vorschlag des Systems nun „Universe", die wahrscheinlichste Weiterführung des Satzes also.

Intel hat auch Sonderfunktionen dazu gefügt, die Hawking sich gar nicht speziell gewünscht hatte und so kann er nun selbständig E-Mails mit Anhang versenden. „Wir stellten fest, dass er bisher immer einen Assistenten benötigte, wenn er eine Datei anhängen wollte", erzählt Haussecker. „Etwas, das wir auf jeden Fall dazu gelernt haben ist, dass das System extrem personalisiert sein muss."

Unter dem Youtube-Video versammeln sich jede Menge Hawking-Fans und kommentieren das Update. Vor allem der sich reimende Intel-Slogan „Keep Hawking Talking" wird stark kritisiert, da er dem phänomenalen Wissen und den Erkenntnissen des Physikers keinesfalls gerecht wird.

Doch auf die Frage, was das berühmte Genie wohl bei einem Virenbefall tun könnte, gibt es nur eine gültige Antwort.

„Since he is a computer genius, he would probably delete it like a boss."