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Mann will mit selbst gebauter Rakete beweisen, dass Erde eine Scheibe ist, hält aber "nichts von Wissenschaft"

Am Samstag gibt's den ersten Testlauf im Livestream zu bewundern. Oder lassen wir uns alle einfach zu gerne trollen?
Mike Hughes posiert vor seiner selbst gebauten Rakete | Foto: Facebook Mad Mike Hughes

"Ich glaube nicht an Wissenschaft", erklärt der Stuntman Mike Hughes selbstbewusst gegenüber AP News. Das wirkt vor allem vor dem Hintergrund befremdlich, dass der 61-jährige Kalifornier sich nicht nur als Hobby-Pilot, sondern auch als privater Raketenbauer betätigt. Unter Anwendung des dritten Newtonschen Gesetzes und sonstiger Raketenwissenschaft gelang es Hughes 2014 immerhin, mit einem selbst gebauten Flugobjekt knappe 420 Meter weit zu fliegen – von der anschließenden Bruchlandung musste er sich laut AP ganze drei Tage erholen.

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Ob die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Medizin seine körperlichen Schmerzen damals lindern konnten, ist nicht bekannt. Doch wieso berichtet die größte Nachrichtenagentur der Welt überhaupt über Mike – Spitzname "Mad" – Hughes?

Nun, Hughes hat für kommenden Samstag, den 25. November, einen zweiten Flug angekündigt. Er will eine neue Rakete testen, die er in den vergangenen Jahren in der heimischen Garage zusammengezimmert hat und vor wenigen Tagen auf Facebook präsentierte. Sie wird – wenn alles gut geht – den riesigen Schriftzug "Research Flat Earth" (Erforschung der flachen Erde) in den Himmel tragen. Und da erscheint nicht nur das anti-wissenschaftliche Statement von Hughes auf einmal wieder in anderem Licht, sondern auch das plötzliche Medieninteresse an seiner Person. Handelt es sich bei "Mad" Mike etwa um einen sogenannten "Flat Earther", der glaubt, dass die Erde eine Scheibe sei und diesen Blödsinn mit seinen Raketen beweisen will?

Viele Medien schreiben das, darunter auch VICE, und beziehen sich dabei auf AP. Als "Flat Earther" bezeichnet sich Hughes in der Meldung allerdings an keiner Stelle. Auch auf seinem Facebook-Account und seiner Website präsentiert er sich als "Teufelskerl" und "Guiness-Weltrekord-Halter", nicht aber als Anhänger der Flat-Earth-Verschwörungstheorie. Der prominente Schriftzug prangt aus einem sehr viel profaneren Grund auf seiner Rakete.

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Hughes brauchte für den Bau seiner neuen Rakete, die eigentlich schon im vergangenen Jahr starten sollte, nämlich vor allem eins: Geld. Er hatte deshalb bereits 2016 von TV-Produzent Richard Chamberlin eine Crowdfounding-Kampagne auf Kickstarter anlegen lassen. Das maue Ergebnis nach 26 Tagen: 310 US-Dollar. Die Dampfdruckrakete, mit der Hughes nun am Samstag starten will, hat dagegen satte 20.000 US-Dollar gekostet. Einen Großteil dieses Geldes, nämlich knapp 8.000 US-Dollar, akquirierte Hughes dabei aus einer neuen Crowdfounding-Kampagne, die er erst dieses Jahr startete bzw. starten ließ – und zwar von der Website The Daily Plane, die sich in aller Ernsthaftigkeit der Verschwörungstheorie rund um eine flache Erde in all ihren Facetten widmet.

Wie The Daily Plane auf der GoFundMe-Seite erklärt, habe Hughes die Redaktion kontaktiert: "Er wollte, dass die Flat Earth-Gemeinschaft sein nächstes Event sponsort." Und da hatte Hughes in der Tat einen guten Riecher. Die Aufmerksamkeit der Flat Earther da draußen hatte er spätestens nach seinem Auftritt in einer YouTube-Live-Schalte auf dem Kanal von The Daily Plane, wo er plötzlich unverhohlen erklärte: "Wir suchen gerade nach neuen Sponsoren. Ich glaube an die flache Erde […] Ich habe mich einige Monate damit beschäftigt." Nachdem Hughes dann ein paar der bekannteren Verschwörungstheorien rund um die NASA runterrattert, erklärt der begeisterte Host der Sendung seinen Zuhörern: "Dieser Typ ist großartig. Wir müssen ihn unterstützen!"

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Ob Hughes dagegen wirklich plötzlich an die flache Erde glaubt oder nur an die Macht der Aufmerksamkeit für abseitige Ideen im Netz, wird nicht ganz klar. In der Kickstarter-Kampagne von vergangenem Jahr spielte die "flache Erde" jedenfalls noch gar keine Rolle. Chamberlin schrieb damals: "Mad Mike Hughes wollte schon immer berühmt sein. So sehr, dass er sich fragte: 'Was kann ich tun, um sofort zum Superstar zu werden?'"

Auf GoFundMe setzt sich Hughes nun anders in Szene: "Mad Mike ist ein Draufgänger, aber er ist auch ein Flat Earther" – der Erfolg der Kampagne, die ihm letztendlich nun seinen zweiten großen Raketenstart ermöglicht, gibt ihm recht. "Ich möchte andere inspirieren", wird er von AP zitiert. "Und man muss etwas Unglaubliches tun, um die Aufmerksamkeit von jedermann zu bekommen" – die von den Anhängern der flachen Erde hat er jetzt jedenfalls sicher.

Wo der wissenschaftsskeptische Teufelskerl mit seiner DIY-Rakete und der flammenden Unterstützung der Flat Earther letztlich landet, können wir alle gemeinsam am Samstag im Livestream auf YouTube verfolgen.

Update, Montag, 27.11., 10:40 Uhr: Wie das Online-Magazin Gizmodo berichtet, musste Mike Hughes seinen für vergangenen Samstag geplanten Start noch einmal verschieben. Grund dafür sei ein Anruf des Bureau of Land Management bei Hughes gewesen. Nachdem die Behörde für die Verwaltung öffentlichen Landes durch die Medien von "Mad" Mikes Aktion Wind bekommen hatte, rief ein Mitarbeiter umgehend bei Hughes an, um diesem zu erklären, dass er eine Genehmigung für den Flug brauche. Dieser sagte daraufhin den Raketenstart ab, will die Angelegenheit aber so schnell wie möglich klären.