Alle Fotos von Morten Andersen
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Die Attacken der PCC in den vergangenen acht Jahre gegen die zivile Außenwelt bezeugen, dass vernetzte Häftlinge das Konzept der Haftstrafe vollständig verändert haben. So kontrolliert die PCC über Mobiltelefone in Bolivien und Paraguay große Teile des Kokain- und Marihuanahandels und verdingt sich an Entführungen, Prostitution und Erpressung. Anstatt isoliert und ohne Einfluss zu sein—wie es der Strafvollzug eigentlich bezwecken soll—kann ein Insasse mit seinem Telefon Morde organisieren, Zeugen einschüchtern und seine Prostituierten für den nächsten „Intimbesuch” bestimmen.„Hier im Gefängnis kann keiner einfach kommen und mich töten… Aber ich kann deinen Tod da draußen beauftragen.“
Konfiszierte Handys. Bild: Morten Andersen
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Der Boss der Bosse ist Marcos Willians Herbas Camacho, aka “Marcola”. Obwohl Marcola seit 1999 im Gefängnis sitzt, kontrollierte und erweiterte er seitdem sein Imperium auf 22 Brasilianische Bundesstaaten—alles heimlich übers Handy. Auf die Interview-Frage, ob er Angst habe zu sterben, hat Marcola einst geantwortet: „Hier im Gefängnis kann keiner einfach kommen und mich töten… Aber ich kann deinen Tod da draussen in Auftrag geben.”Einmal inhaftiert werden Neulinge von der PCC rekrutiert. Jedes frisch gebackene PCC-Mitglied muss einen Schwur leisten der zwar Vergewaltigungen verbietet, bei dem Raub, Erpressung, Mord und ähnliche Machenschaften jedoch explizit erwünscht sind. Außerdem wird ein monatlicher Mitgliedsbeitrag fällig: 18 Euro, wenn du sitzt, und 180 Euro, wenn du draußen bist. Zu den Vorteilen einer Mitgliedschaft zählt unter anderem das günstige Entleihen von Waffen, die nach dem Verbrechen zurückzugeben sind. Von seinen neuen Anhängern sagt Marcola, dass sie „Absolventen des Gefängnisses“ seien, „wie Monster, die mithilfe moderner Technologie von Satelliten, Handys und dem Internet eine neue Kultur des Tötens schaffen.“„Die Häftlinge organisieren Exekutionen übers Telefon. Das vergisst Du nie wenn die Gangster-Bosse über ein Attentat nacheinander mit ‘töten’, ‘töten’, ‘töten’ abstimmen.”
Gefängnis-Arsenal. Bild: Morten Andersen
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Auf der Basis der Handys hat sich die Struktur der PCC über die Jahre von einer klassischen Pyramide hin zu einem Netzwerk autonomer Zellen entwickelt. So können einzelne Mitglieder der Organisation nur wenig schaden. Ironischerweise geben sogar die kritische Stimmen zu, dass die PCC durch die neue Vernetzung mehr Ordnung und verringerte Gewalt in den Gefängnissen geschaffen hat: „Es gibt einen Deal zwischen den Gefängnisdirektoren und der PCC“, erzählte mir Julio Ferreira, ein Fotojournalist aus São Paulo.„Für den Gefängnisdirektor bedeutet die Übereinkunft: wenn ihr [die PCC] im Gefängnis keinen Ärger macht, sehe ich nichts und ihr könnt haben was ihr wollt—Handys, Mädchen, Drogen, Marihuana, Kokain, Drinks, alles. Und alle sind glücklich. Der Gefängnisdirektor ist zufrieden—es gibt keine Aufstände. Die Aufseher sind zufrieden—sie kriegen Ihre Bestechungsgelder. Und die PCC ist zufrieden mit ihren Handys und ihren Drogen.”Durch solche Deals und die Innovationsbereitschaft bleibt die PCC den Bemühungen ernsthafter Strafverfolger immer eine paar Schritte voraus. Im Oktober 2013 wurden mit viel Fanfare Störantennen in Dutzenden Gefängnissen aufgestellt in der Hoffnung die PCC-Bosse in unterschiedlichen Gefängnissen zu isolieren. Prompt fanden Insassen Funklöcher in denen die Störwellen schwach genug waren um zu telefonieren. Und in die Gefängnisse in denen die Störversuche gelingen versucht die PCC nun Satellitentelefone zu schmuggeln. Diesen haben die Störwellen nichts an und erlauben sogar verschlüsseltes telefonieren, so dass sogar das Abhören unmöglich wird.Aber die technologische Entwicklungslust der PCC hört auch hier nicht auf. Im Januar 2008 hörte die brasilianische Polizei Gespräche der PCC ab in denen die Anschaffung eines Abhörsystem für Handys im Wert von rund 231.000 Euro geplant wurde. Mit diesem System namens „Guardian“, das vor allem von der brasilianischen Bundespolizei genutzt wird, wollten die Bosse im NSA-Stil Polizei und Staatsanwaltschaft ausspionieren und Ihre Kontrolle in den Gefängnissen zementieren. Sogar einen korrupten Anwalt aus Miami hatten sie schon für ihren Plan rekrutiert.Jonathan Franklin ist Autor von 33 Men, einer Bestseller-Saga über einen verschütteten Bergmann. Jobathan lebt und arbeitet in Südamerka. Von dort schreibt er regelmässig für den Guardian und dieWashington Post. Folge ihm unter @FranklinBlog.“Es gibt einen Deal zwischen den Gefängnisdirektoren und der PCC.”