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Hat eine Asteroiden-Kollision die Entstehung der Artenvielfalt hervorgerufen?

Der Fund eines Meteoriten aus unbekanntem Material in Schweden, heizt die Diskussion darüber an, ob ein entscheidender Fortschritt unserer Evolution durch einen Meteorschauer ausgelöst wurde.
Perseid-Meteor von der Erde aus gesehen. Bild (Ausschnitt): Andreas Möller / Wikimedia | Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE

Astronomen fasziniert die Entstehung des Kosmos, des Sonnensystems und unserer Planeten. Biologen begeistert die Vielfalt der Arten, deren Verhalten und deren Evolution. Geologen aus Schweden vermuten nun in einem neu entdeckten Meteoriten die Verbindung zwischen Artenvielfalt und einer Kollision zweier Asteroiden vor 470 Millionen Jahren entdeckt zu haben.

Die meisten Meteoriten sind so klein, dass sie in unserer Atmosphäre verglühen. Das sind dann Sternschnuppen oder Meteoritenschauer. Doch gelegentlich schafft es ein größerer Brocken bis zum Erdboden—wie z.B. der Meteorit auf dem Bild unten. Dieser hier ist ein sogenannter L-Chondrit.

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L-Chondrite machen 25% aller Meteoritenfunde aus und stammen wahrscheinlich allesamt von einem einzigen Asteroiden, der vor 470 Millionen Jahren von einem unbekannten Objekt zerstört wurde. Das Objekt wird von Astronomen daher auch mit dem schönen Titel „mysteriöses Objekt" bezeichnet.

Ein L-Chondrit, Fragment der grössten Asteroiden-Kollision der letzten 3 Milliarden Jahre. Bild: H Raab / Wikipedia | Lizenz: CC BY-SA 3.0

Fossilien solcher L-Chondrite werden immer wieder in einem Steinbruch in der Nähe des südschwedischen Kinnekulle (im Bild unten links) gefunden. Auch diese stammen von der Asteroiden-Kollision vor 470 Millionen Jahren und sind danach in einem Zeitraum von 10 Millionen Jahren auf der Erde niedergegangen. Von den ursprünglichen Meteoriten sind in diesen Fossilien nur noch ein paar Stückchen übrig und sie sind sonst total verwittert (Bild unten rechts). Seit 1993 wurden in dem Steinbruch etwa 101 Meteroiten-Fossilien gefunden.

Links: Thorberg-Steinbruch. Rechts: Fossil einer bisher unbekannten Meteoriten-Art. Bild: Birger Schmitz | Mit freundlicher Genehmigung

Die dichte Verteilung der L-Chondriten im Thorberg-Steinbruch zeigt, dass Meteoriten-Einschläge in der Zeit nach der Asteroiden-Kollision etwa 100 mal häufiger gewesen sein müssen als heute. Und diese Anhäufung deutet daraufhin, dass damals eine Art Meteoritensintflut auf die Erde eingeprasselt sein muss.

Die Evolution ist wie das menschliche Leben: ist der Druck zu groß, brichst du zusammen. Ist er zu klein, dann bist du zu träge für Veränderungen.

Erstaunlicherweise gab es während und nach diesem urzeitlichen Meteoritenbombardement für etwa 40 Millionen Jahre eine rapide Entwicklung neuer Tierarten: eine Art evolutionäre Explosion. Diese Phase der Evolution wird Ordovicium genannt und umschreibt den Zeitraum zwischen den Jahren 485 und 443 Millionen vor Darwin—235 Millionen Jahre vor den ersten Dinosauriern. Während dieser Zeit enstanden viele neue Arten, zum Beispiel unter den bekannten Trilobiten, deren Fossilien heute oft gefunden werden. Diese Blüte der Evolution wird auch GOBE (Great Ordovician Biodiversification Event) genannt.

Ein Trilobit aus der GOBE-Phase. Bild: Vassil / Free Media Repository

Birger Schmitz denkt, dass der Zusammenprall der Asteroiden vor 470 Millionen Jahren und der daraus entstandene Meteoritenregen auf die Erde diese Artenvielfalt erzeugt haben könnte. Der Professor für Geologie von der Universität Lund spekuliert, dass die permanente Bombardierung über 10 Millionen Jahre dazu geführt hat, dass immer wieder neue ökologische Nischen entstanden sind, die durch die am besten angepassten Mutanten ihrer Zeit gefüllt wurden.

In einem Telefongespräch sagte mir Birger Schmitz, dass „die Evolution einen gewissen Druck von außen gut verträgt, ja sogar braucht. In der Evolution ist es wie im menschlichen Leben: ist der Druck zu groß, brichst du zusammen, ist er zu klein, dann bist du zu träge für Veränderungen." Der Meteoritenbeschuss im Ordovicium könnte also genau der richtige Druck gewesen sein um die Evolution bei Laune zu halten.

Der neueste Fund in der Thorberg-Steingrube ist ein Meteoriten-Fossil, dass anders ist als alle bisher gefundenen. „Wir wissen nicht genau, was das für ein Material ist", erzählte mir Schmitz. Seine Zusammensetzung wurde noch nie vorher von der Wissenschaft beschrieben und wird weiter analysiert.  Aber wahrscheinlich ist es ein Splitter des „mysteriösen Objekts", dass auf den Elternkörper aller L-Chondriten geprallt ist und ihn vor 470 Millionen Jahren zerstört hat. Damit könnte dieser Meteorit ein Stückchen vom ursprünglichen Auslöser der grossen evolutionären Blüte des GOBE sein.