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Berliner will bedingungsloses Grundeinkommen mit Crowdfunding realisieren

Der Berliner Michael Bohmeyer wird die Einnahmen seiner StartNext Kampagne als monatliches Einkommen von 1.000 Euro unter allen Unterstützen verschenken—als ersten Schritt im Kampf für die Einführung des BGE.

Solange ein ausnahmsloser Mindestlohn und ein bedingungsloses Grundeinkommen eine politische Utopie sind, liegt es an der Bevölkerung, die finanzielle Basisversorgung selbst in die Hand zu nehmen. Der Berliner Architekt Van Bo Le-Mentzel beispielsweise hat seine Finanzierung bereits dem geneigten Internet-Kollektiv überlassen: Mit der #dScholarship will er sich ein Jahr seines Lebens crowdfunden lassen—um als persönliches Beispiel zu fungieren, und um zu sehen auf welche großartigen Lösungen er ohne stetige Geldsorgen kommen kann.

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Der Berliner Michael Bohmeyer schlägt nun einen ähnlichen Weg ein: Mit seiner Startnext-Kampagne möchte er unter allen Unterstützern ein einjähriges Grundeinkommen von 1.000 Euro pro Monat verlosen. Dafür muss seine Kampagne mit dem Titel „Mein Grundeinkommen" natürlich erfolgreich abgeschlossen werden—aktuell fehlen noch rund 2000 Euro, die sollten in den verbleibenden 57 Tagen jedoch locker erreicht werden.

Ich habe Michael über den aktuellen Stand der Kampagne befragt, und wir er mit einem Crowdfunding versuchen will die Politik zu verändern.

Welche Erfolgschancen hast du dir ausgerechnet, als du deine Kampagne gestartet hast?

Michael Bohmeyer: Ich war anfangs sehr unsicher, ob das ganze funktionieren kann und habe es auch nur als Experiment betrachtet. Ich bin weder politisch organisiert noch gut vernetzt. Einer der ersten Online-Kommentare lautete: „Eher friert die Hölle zu, als dass 12.000 Euro zusammenkommen".
Doch nach 20 Tagen sind nun mehr als 9.000 Euro durch 300 verschiedene Geldgeber_innen eingegangen.

Drei Leute, die ich vorher überhaupt nicht kannte, haben einfach so 1.000 Euro gegeben. Wohlgemerkt: An einen Fremden. Ganz ohne Gegenleistung oder Bedingungen. Wo gibt es denn so etwas heute überhaupt noch? Ich bin begeistert von so viel bedingungsloser Solidarität.

Was bedeutet dieser Verlauf der Kampagne für dich?

Diese Entwicklung zeigt, wie gut Internet und Grundeinkommen zusammen passen: Beide sind selbstermächtigend, freiheitlich und gleichberechtigt zugleich—sofern die NSA gebremst wird und die Netzneutralität gewahrt wird. Das Internet verändert so viele Bereiche des Lebens, warum nicht auch die Politik? Ich finde es charmant, Dinge selbst in die Hand zu nehmen anstatt auf den Staat zu vertrauen. Gehen wir doch lieber voraus und ziehen die Politik hinter uns her anstatt zu warten!

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Van Bo Le-Mentzel sammelt mit #dScholarship Geld, um ein ganzes Jahr seines Lebens zu finanzieren und als Beispiel für ein Grundeinkommen zu dienen. Kennt ihr euch?

Ich habe Van Bo kennengelernt und wir haben auch ein gemeinsames Videogespräch online gestellt. Mich hat jemand auf sein Projekt hingewiesen und es gibt ja viele Ähnlichkeiten. Ich finde sein bisheriges Werk und sein out-of-the-box-Denken großartig und freue mich, dass es so aussieht als würde auch er ein ganzes Jahr Grundeinkommen finanziert bekommen.

Wie beurteilst du eure unterschiedlichen Ansätze?

„Mein Grundeinkommen" ist insofern sehr anders, als dass noch nicht feststeht, wer das Geld bekommen wird. Wir alle haben unser Leben lang gelernt, dass es sinnvoll sein kann Menschen Geld zu geben, die bereits Tolles geleistet haben. Aber was ist eigentlich mit all den anderen? Die Idee meines Projekts ist deshalb: Auch wenn du bisher noch „nichts" geleistet hast, stecken tolle Potentiale und Ideen in dir—mit einem Grundeinkommen kannst du sie herauslassen!

Michael Bohmeyer, der Mann fürs Grundeinkommen. Bild: Jannis Mayr | Mit freundlicher Genehmigung.

Für mich war es spannend zu sehen, wie sich die unterschiedlichen Herangehensweisen auf die Kampagnen auswirken. Während er mit seiner freundlichen Persönlichkeit und seinen tollen Projekten strahlen kann, ist meine Idee ja sehr abstrakt und liefert zum Beispiel kaum Bilder. Und dennoch waren Menschen bereit Geld zu geben. Das macht mir Mut.

Wenn der Gewinner fest steht, wirst du dann mit ihm oder ihr in Kontakt bleiben oder nimmt die Person das Geld und das wars?

Ich kann und will die Gewinner_in nicht dazu zwingen Rechenschaft abzulegen. Aber ich hoffe, dass sie sich gern portraitieren lässt. Spannend wird es dann zu sehen, was sich die Person vorher vornimmt und was sie dann wirklich tut. Klar kann das nicht repräsentativ sein—aber es wird Gesprächsstoff liefern. Und danach können wir ja einfach noch ein zweites, drittes oder zehntes Grundeinkommen sammeln, um noch mehr Eindrücke zu gewinnen.