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Erstes deutsches Swatting: Hater schicken YouTuber die Feuerwehr auf den Hof

24 Einsatzkräfte statteten dem Drachenlord während seines Livestreams einen ungebetenen Besuch ab.

Screenshot: Youtube

Nun hat das Swatting offiziell auch Deutschland erreicht: Am vergangenen Mittwoch um 23 Uhr stürmten von Unbekannten gerufene Einsatzkräfte das Zuhause des YouTubers Drachenlord, als er gerade einen seiner regulären Livestreams übertrug. Drachenlord leidet schon länger unter virtuellen Angriffen von Hatern (und motzt gerne zurück)—doch der ungebetene Besuch von 24 Feuerwehrleuten stellt eine neue Eskalationsstufe in den Auseinandersetzungen dar.

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Während sich Gamer und Hacker in den USA seit geraumer Zeit SWAT-Teams auf den Hals hetzen, die die Opfer dann während eines Livestreams vor dem heimischen PC überraschen, war es in der mittelfränkischen Marktgemeinde Emskirchen immerhin nur die Feuerwehr und keine hochmilitarisierte Spezialeinheit, die den Drachenlord beim Senden störte.

Der ohnehin schon gereizte Vlogger rastete verständlicherweise ziemlich aus und ließ seinem Frust live freien Lauf: „Liebe Hater jetzt habt ihr richtig Scheiße am Arsch! Ihr seid tot, Alda, ihr seid tot, scheiß Hater. Alda, schwör ich euch. Tschüss!" Als hätte Drachenlord das Unheil geahnt, lief während der Übertragung auch noch der melancholische Indie-Klassiker „Runaway Train" im Hintergrund.

Warum sich der Hass gegen den Youtuber so hochgeschaukelt hatte, dass es nun zum Swatting kam, ist abschließend kaum noch zu klären. Klar ist, dass sich manche seiner Zuschauer und Fans über Rants und wüste digitale Schimpftiraden von ihm beschwerten. Andere wiederum betonten kurz nach dem Swatting, dass der durch Unbekannte ausgelöste Feuerwehreinsatz auch angesichts des rabiaten virtuellen Umgangstons viel zu weit ginge.

So sieht es auch die zuständige Polizeidirektion Ansbach: „Das ist kein Bubenstreich, das ist eine Straftat nach §145 Strafgesetzbuch", so ein Mitarbeiter gegenüber Motherboard. „Wenn die ermittelnden Beamten den Täter ausfindig gemacht haben, dann droht ihm eine Geldstrafe von 3.000 bis 4.000 Euro plus drei Monatsgehälter oder einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr." Sollte die Feuerwehr auf Grund des Fehlalarms nicht schnell genug bei einem anderen, wirklichen Brand vor Ort gewesen sein, wird das Strafmaß noch erhöht.

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Laut Suchanfragenstatistik von Google Trends stieg Drachenlords Bekanntheit nach dem Überraschungsangriff immerhin exponentiell an und von Forumsmitgliedern bis zu selbsternannten Bürgermeistern des Ortes gibt inzwischen jeder seinen Senf zu dem Fall ab.

Screenshot:Google Trends

Nach dem Einsatz erschien sogar ein gefälschter Kommentar des Bürgermeisters Harald Kempe des Ortes Altschauerberg, der den Fall in eloquentem Neulandsprech kommentierte. „Herr Winkler ist selbstständiger Schichtarbeiter und betreibt nebenbei einen Kanal auf der Plattform YouTube, der mehrere tausend Follower hat. Etwa 13% davon sind jedoch so genannte „Hater", also absichtliche Provokateure, die Sibermobbing betreiben", heißt es auf einem virtuellen Gemeindebrett des Ortes.

Eine weitere unangenehme Aktion: SWAT-Team nimmt Counter-Strike-Spieler während Gaming-Livestream fest

Der Einsatz, der von „böswilligen Jugendlichen aus dem Internet" ausgelöst wurde (wie sich der falsche Bürgermeister auszudrücken pflegt), ist wohl nicht das erste Vorkommnis dieser Art. Bereits im Vorhinein berichteten die Nachbarn des Drachenlords von Ruhestörungen und Handgreiflichkeiten, die sich vor dem Anwesen des Vloggers zugetragen hätten. Wer hätte gedacht, dass CyberSibermobbing nun auch das beschauliche, mittelfränkische Altschauerberg erreicht. Harald Kempe wird demnächst möglicherweise noch öfter in seinem ausgedachten Amt walten dürfen.

Andere User zeigen sich angesichts des Angriffs besorgt und kommentieren diverse Boards voll:

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Die Freiwillige Feuerwehr Markt Emskirchen, die den Einsatz gefahren hatte, hat ihre Kommentarspalte nach einigen wirren Posts mittlerweile offline genommen. Ein fixer User sicherte die Diskussion jedoch in einem

Bilderupload

.

Nun kündet die Feuerwehr auf ihrer Website eher nüchtern von den Ereignissen:

Screenshot: Freiwillige Feuerwehr Markt Euskirchen

Ganze 24 Feuerwehrleute fuhren die 3,7 Kilometer zum Einsatzort und überraschten den Youtube mit ihrer Anwesenheit. Die zuständige Polizeileitstelle Ansbach berichtete auf eine Anfrage von Motherboard, dass der Notruf anonym bei ihnen eingegangen sei und sie daraufhin die Freiwillige Feuerwehr mit dem Einsatz beauftragt hätten.

Angeblich wurde das „landwirtschaftliche Anwesen" vom Drachenlord wohl schon mehrfach Opfer ungebetener Besuche, die unter anderem behaupteten, dem Internet-Semipromi sein Tiefkühleis zu klauen. Ob diese Berichte stimmen, ist zwar nicht zu klären, aber angesichts des wütenden Live-Rants vom Drachenlord scheint zumindest klar, dass das virtuelle Gezanke mit dem Swatting noch lange nicht zu Ende sein dürfte.Hier hat sich übrigens ein User die Mühe gemacht, das wilde Zitat des Drachens am Ende des Videos in Schriftsprache zu übersetzen:

Bisher hat sich niemand zu dem Angriff bekannt. Auch ob die Polizei den anonymen Anrufer finden wird oder die Gemeinde auf den horrenden Kosten des Feuerwehreinsatzes sitzen bleibt, ist noch nicht abschließend geklärt.