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Der Kraken aus dem All

Auch der neue US-Spionagesatellit versteckt nicht sein Wappentier. Wir haben versucht die beruhigende Wirkung des Oktopus zu entschlüsseln.

Am Donnerstag startete die Atlas-V-Rakete von der Vandenberg Air Force Base, an Bord hatte sie den Satellit NROL-39

Bedenkt man das mediale Aufsehen, das die US-Geheimdienste für ihre weltumspannenden Überwachungsnetze für kurze Zeit genießen durften, scheint momentan kein wirklich passender Zeitpunkt, um mit weiteren Überwachungsoperationen auf Werbetour zu gehen. Aber wenn ein amerikanischer Geheimdienst, wie vergangenen Donnerstag geschehen, einen Spionage-Satelliten ins All schießt, dann bitteschön auch inklusive eines PR-Maskottchen, das einem Football-Clu alle Ehre machen würde. Während des Starts konnte man auf der Seite der Rakete das Wappentier dieser Operation erkennen; es handelte sich um einen Oktopus, der sich an die Erdkugel gesaugt hat und mit dem dazugehörige Slogan aufwartete: „Nothing is beyond our reach (Nichts ist außerhalb unserer Reichweite).“

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Die Atlas-V-Rakete wurde am späten Donnerstag auf die sogenannte NROL-39 Mission geschickt. Auftraggeber ist das National Reconnaissance Office, ein Geheimdienst, der gelernt hat unaufällig im Schatten der NSA zu operieren und der sich speziell auf das Sammeln von Informationen aus dem Weltall konzentriert.

Bedenkt man die Flugbahn der Rakete, erscheint es wahrscheinlich, dass es sich bei der geheimen Hauptladung der Rakete um einen Radarbild-Satelliten handelt, der die bereits operierende Flotte von Radaraufklärern noch um einen weiteren Aufklärer vergrößern soll. Genauere Angaben können natürlich nicht gemacht werden, da alles top-secret ist. Umso seltsamer ist es, dass der nationale Geheimdienstdirektor, James Clapper, der sowohl für die NSA und auch für den NRO verantwortlich ist, den Start der Rakete live auf Twitter verkündet hat, inklusive entsprechender zum Download bereitgestellter Bilder.

Ready for launch? An Atlas 5 will blast off at just past 11PM, PST carrying an classified NRO payload (also cubesats) pic.twitter.com/ll7s0nCOPg

— Office of the DNI (@ODNIgov) December 5, 2013

Geschichten über das bösartig aussehende Oktopus-Logo verbreiteten sich nach dem Start schnell in der Blogsphäre. Aber abgesehen von den geschmacklosen Big-Brother-Implikationen ist dieses Missionswappen eigentlich gar nicht so ungewöhnlich.

Obskure und kryptische Insignien und Plaketten werden für gewöhnlich für verdeckte und psychologische Operationen zur subtilen Andeutung von Missionszielen und Mannschaftsmitgliedern benutzt. Meistens sind die Plaketten mit Absicht enigmatisch und unheimlich, haben etwas Komisches oder verweisen auf Historisches. Es ist eine Art Insider-Code, der auf die „dunkle Welt“ des Militärs verweist, die mit Gestalten und Mission gefüllt ist, die es eigentlich gar nicht geben dürfte.

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Der Saugnapf-ähnliche Oktopus der NRO sieht immerhin weniger bösartig aus, als das Logo mit dem wahnsinnig dreinblickenden Drachen, der seine Klauen in die Erde krallt und dabei eine amerikanische Flagge als Flügel hat. Ein noch unheimlicheres Symbol hat sich die US-Navy für ihr Tarndrohnen-Programm gewählt: den Sensenmann.

Das Logo das US-Navy Tarndrohnen-Programm, wie es in einer offiziellen Biografie von Konteradmiral Tim Heely, dem Chef des Programms, zu sehen war.

„Die NROL-39 Mission wird vom Oktopus repräsentiert, einer vielseitigen, anpassungsfähigen und hoch intelligenten Kreatur,“ sagte die NRO Sprecherin Karen Furgerson in einem Forbes-Statement: „Bildhaft soll ausgedrückt werden, dass die USA an jeden ihrer Feinde rankommt, egal wo sich diese auch verstecken mögen.“

Was ist aber mit dem ominösen Slogan? Laut Furgerson definiert, „,Nothing is beyond our reach' den Zweck und den Wert dieser Mission für unsere Nation und für die Soldaten, die überall auf der Welt tapfer ihren Dienst verrichten und unsere Nation schützen. Sie sollen dadurch unterstützt werden.“

Die okkulten Embleme der verdeckten Operationen könnten wie Schlüssel oder Puzzleteile der geheimen Missionen funktionieren. Der Name der NRO Mission „Taktische Auslastung der nationalen Potenziale“ könnte nicht vager formuliert sein, aber vielleicht hilft uns ja der auf den dazugehörigen Aufnäher gestickte Alien-Kopf weiter. Wollte man bei der Mission vielleicht extraterrestrisches Leben finden oder zumindest damit in Kontakt treten? Doch wie passt das Bild mit dem lateinischen Spruch des Aufnähers zusammen, der frei mit „mögen sie uns hassen, solange sie uns fürchten“ übersetzt werden könnte?

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Echte Missionsaufnäher von verdeckten Operationen des US-Militärs (via escotericworld.tumblr.com)

Eine weitere unheilvolles NRO-Insigne zeigt drei tödliche Schlangen, die sich um den Globus winden. Unterhalb des Bildes steht der lateinische Spruch „Niemals zuvor, niemals wieder.“ (Für weitere solcher Sahnestücke kann ich euch als Literaturempfehlung das Buch von Trevor Paglen über geheime Missionsembleme „I Could Tell You But Then You Would Have to be Destroyes by Me“ nahelegen.)

Was also werden wir von dem gefräßigen Oktopus der Mission NROL-39 haben? Nun, abgesehen von der geheimen Hauptladung, beförderte die Atlas-V-Rakete auch mehrere experimentelle Satelliten, oder auch GEMSats, ins All. Mit anderen Worten, ein Dutzend kleiner CubeSats durften per Anhalter in die Galaxis. CubeSats sind Mini-Satelliten, die man relativ leicht herstellen und einsetzen kann. Sind sie erstmal im All, nutzen sie die verfügbare Solarstrahlung, um sich fortzubewegen, was sie im Vergleich zu raketengetriebenen Satelliten um einiges ausdauernder macht. Speziell bei der NASA fiebert man gespannt dem Einsatz der sich am Bord befindlichen Nanosatelliten entgegen, von denen man sich noch weitgehende Weltraumerkundungen erhofft.

Beruhigenderweise sind diese Satelliten bis jetzt übrigens ohne obskure Symbole ausgekommen.

Via United Launch Alliance