Wo ein Wille ist, ist auch ein W-LAN
Sechs Jahre lang vier Tage pro Monat auf Wanderschaft, um seine Mails zu checken: Der sehr entschlossene Mahabir Pun. Alle Bilder: Clemens Purner

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Wo ein Wille ist, ist auch ein W-LAN

Wie ein sehr entschlossener Mann seine Vision von W-Lan-Internetzugang in einer abgeschiedenen Bergregion wahrmachte und seine Heimat für immer veränderte.

Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg: Mahabir Pun ist ein entschlossener Mann.

Weil es in seinem Dorf keinen Internetzugang gab, wanderte der Nepalese sechs Jahre lang jeden Monat von Nangi nach Boghara, um seine Mails zu checken. Für eine einzige dieser Strecken durch das unwegsame, bergige Gelände benötigte Pun zwei volle Tage zu Fuß—anders kann man viele Gebiete in der Annapurna-Region bis heute nicht erreichen.

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Bis er es irgendwann satt hatte und begann, Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Er träume von einem drahtlosen Netzwerk, das das abgeschottete Nangi mit dem Rest der Welt verband. Und so schrieb er der BBC auf seiner Mailcheck-Wandertouren eine E-Mail mit einer Bitte um Hilfe.

HIKING FOR EMAILS from Clemens Purner on Vimeo.

PCs aus Holzkisten habe er schon selbstgebastelt, und ansonsten fehle es seinem von permanenten Stromausfällen geplagten Heimatort vielleicht noch an etwas Expertise, schreib er. Internet-Equipment war und ist in Nepal zwar Mangelware, doch riesige Satellitenschüsseln für Fernsehempfang ließen sich auftreiben—und deren Antennen umfunktionieren.

„Und zu unserer eigenen Überraschung hat es funktioniert"

„Ich habe entschieden, dass es einen schlaueren Weg geben müsste", sagte er dem österreichischen Filmemacher Clemens Purner, der ihn in seiner Heimat Nangi besucht und einen kurzen Dokumentarfilm in brillanten Farben über Puns Wanderschafts-Engagement gedreht hatte. Dass Purner und Pun sich überhaupt kennengelernt haben, liegt daran, dass Puns Vision vom Gipfel-Internet Wirklichkeit geworden ist—Nangi ist online, auch dank der Hilfe zweier Freiwilliger, die von Puns Web-Vision auf der BBC lasen und sich entschlossen, vor Ort an der Konnektivität mitzubasteln.

Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg: Eine adaptierte Fernseh-Satellitenschüssel. Alle Bilder: Clemens Purner

2002 stand das Setup bereit. Eine adaptierte Satellitenantenne in Pokhara funkte ein Signal grob in die Richtung des Dorfes, wo Pur mit einem Team und einem riesigen Receiver stundenlang an einer Klippe wartete und den Empfänger herumrollte, um das Signal abzufangen.

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„Und zu unserer eigenen Überraschung hat es funktioniert", berichtet er dem Regisseur fast ungläubig.

Nangi ist online—und die lokalen Ärzte können sich beispielsweise per Videokonferenz mit einem Krankenhaus in Kathmandu verbinden.

Seine Heimat hat Pur für immer verändert. Nicht nur können nun Touristen das Dorf erreichen (und wenn sie wollen, ihre E-Mails lesen, statt sich vom Bergpanorama beeindrucken zu lassen), sondern auch in Bereichen der öffentlichen Infrastruktur ist nichts mehr wie vorher. Mitarbeiter der behelfsmäßigen Praxis können mit einer Klinik in Kathmandu per Videokonferenz kommunizieren. Die Bewohner können handgefertigte Produkte über eine E-Commerce-Plattform absetzen. Den allergrößten Unterschied machte der Anschluss an den Rest der Welt jedoch im Bereich der Bildung: In Nangi gibt es jetzt eine High School. 350 Kinder lernen dort mit Hilfe eines Curriculums, das auf Online-Materialien basiert.

Denn allzu oft verlassen arbeitsfähige, junge Nepalesen ihre Heimat, weil sie keine Jobs bietet—und sehen sich gezwungen, unter schlechten Bedingungen als Wanderarbeiter im Ausland Arbeit zu suchen. Gegen den nepalesischen Brain Drain möchte Pur ein Innovationscenter in Nangi eröffnen, das Einkommensmöglichkeiten für junge Menschen eröffnet, um sie so im Land zu halten.

Und Herr Pur träumt weiter: Von Olivenbäumen, die man am Hang pflanzen könne, um das Öl zu verkaufen. Von nepalesischem Whisky und Wein made in Nangi. Und von einer kleinen Seilbahn, mit der die Einwohner endlich mal Schnee auf einem benachbarten Berg anfassen könnten. „Das wäre für viele das erste Mal", so Pur.