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Ist unser Universum nur ein großes Computerspiel?

Physiker haben erstaunlich gute Argumente dafür, dass wir in einer Simulation leben.
Bild: Shutterstock

Manchmal sprengen die Theorien großer Wissenschaftler einfach die Aufnahmekapazität unserer 0815-Hirne. Es ist schon schwer zu verdauen, dass unser Universum ein gigantisches Hologramm sein könnte, doch es geht noch exzentrischer: Bei der diesjährigen Isaac Asimov Memorial Debate diskutierten angesehene Wissenschaftler darüber, ob wir in einer gigantischen Computersimulation leben. Und diese schier unglaubliche Annahme rangiert nicht einmal unter Science Fiction, sondern ist eine wahrhaftige und legitime wissenschaftliche Hypothese, wie die Diskussion am American Museum of Natural History erneut zeigte.

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Moderiert wurde die Debatte von dem bekannten Astrophysiker Neil deGrasse Tyson, der auch Direktor des zum Museum gehörigen Hayden Planetariums ist. „Ich denke, die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch", stellt er die These gleich zu Beginn der Diskussion, in der neben Argumenten auch mit ziemlich coolen Sonnenbrillen auf dem Podium geglänzt wurde, in den Raum. Neil deGrasse Tysons Erklärung: Wir teilen zwar 98 Prozent unserer DNA mit Schimpansen, jedoch herrscht eine immense Kluft hinsichtlich der Intelligenz zwischen uns und den Affen vor. Es könnte also durchaus möglich sein, dass es irgendwo noch eine wesentlich größere Intelligenz gibt als unsere.

„Wenn wir Programme in einem Computer sind, dann kann das Programm, solange der Computer keinen Schaden erleidet, immer wieder wiederholt werden."

Neil deGrasse Tyson hält es für wahrscheinlich, dass wir nicht allein in diesem Universum sind—und die Existenz von außerirdischem Leben hätte seiner Meinung nach auch Konsequenzen dafür, wie wir das menschliche Treiben auf dieser Erde zu verstehen haben: „Wir wären in ihrer Gegenwart sabbernde Vollidioten. Wenn das der Fall ist, fällt mir die Vorstellung leicht, dass alles in unseren Leben lediglich eine Kreation zur Unterhaltung anderer Wesen ist."

Teilnehmer der Diskussion waren Lisa Randall (Physikerin an der Harvard University), Max Tegmark, (Kosmologe am MIT), David Chalmers (Philosophieprofessor der New York University) und James Gates (Physiker an der University of Maryland).

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Wie wahrscheinlich schätzen diese großen Geister also die Möglichkeit einer Computersimulation unseres Universums ein? Tegmark nannte eine Wahrscheinlichkeit von 17 Prozent, während Randall eine glatte Null in die Runde warf. Und kaum hatte der Talk begonnen, überschlugen sich auch auf Reddit die Spekulationen über unser mögliches simuliertes Dasein.

Das Beweis-Dilemma

Chalmers argumentierte bezogen auf die Prozentrechnung seiner Kollegen folgendermaßen: „Wir werden keinen abschließenden Beweis dafür finden, dass wir nicht in einer Simulation leben. Denn jeder Beweis wäre ebenfalls simuliert." Wir können lediglich positive Beweise für eine Simulation finden, wie etwa, dass zum Beispiel die Sterne und Planeten ihren programmierten Bahnen folgen

Diese Unmöglichkeit der Beweisführung greift die These von Nick Bostrom auf, einem schwedischen Philosophen an der Oxford University. Ein Punkt in seiner populären Simulationshypothese besagt, dass eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass wir in einer simulierten Realität leben, und alle Lebewesen ein Teil dieser Simulation sind. Diese Behauptung lässt sich ihm zufolge jedoch weder beweisen noch widerlegen.

„Der Bau einer Matrix, die simulierte Gehirne mit Bewusstsein enthält, wäre außerordentlich schwierig. Jedes Wesen, das ein solches Kunstwerk vollbringen könnte, könnte fast sicher auch verhindern, dass Störungen in der Matrix von ihren Bewohnern bemerkt werden. Selbst wenn einige Menschen Unregelmäßigkeiten feststellen würden, könnte der Architekt die Simulation ein paar Sekunden zurückdrehen und so wieder abspielen, dass die Unregelmäßigkeit völlig ausgeschlossen wird, oder die Unregelmäßigkeit einfach aus dem Gedächtnis dessen streichen, der etwas Verdächtigtes bemerkt hat", so Bostrom 2003 in seinem Aufsatz „Are You Living In A Computer Simulation".

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Die IT-Falle

Weiterhin scheint das Universum, je tiefer wir mit unserer Forschung in die unendlichen Weiten vordringen, vollständig auf mathematischen Grundsätzen zu beruhen—wie Computerspiele eben auch. Wenn wir Charaktere in einem Computerspiel sein sollten, würden wir ebenfalls feststellen, dass die Regeln strengen mathematischen Gesetzen folgen", verteidigte Tegmark seine 17-Prozent-Hypothese. „Das reflektiert die Programmiersprache, in der es geschrieben wurde."

Auch der Physiker Gates hatte mysteriöse Ereignisse in seiner Forschung festgestellt, als er sich in Gleichungen zu Quarks, Elektronen und Supersymmetrien zu Fehlerkorrekturcodes getrieben sah. Als er dann auch noch folgerte „Ich kann nicht sagen, dass Menschen wie Max völlig verrückt sind", hielt Lisa „0 Prozent" Randall strikt dagegen. Sie bezweifelte, dass sich für jedes Problem eine IT-Lösung finden lässt. Tyson fasste ihre Argumentation bildlich zusammen: „Wenn du einen Hammer hast, sieht jedes Problem aus wie ein Nagel."

Doch was, wenn wir wirklich in einer computergenerierten Matrix leben, entwickelt von einer höheren Intelligenz, die nichts besseres zu tun hat als die Menschheit zu simulieren? „Mein Ratschlag ist, lasst uns rausgehen und interessante Dinge tun, dass die Simulatoren uns nicht einfach abschalten", so Tegmark.

Transhumanismus im Computergame

Und würde das nun endlich die immerwährende Frage der Unsterblichkeit beantworten? „Sollte die Simulations-Hypothese zutreffen, öffnen wir damit die Tür zu ewigem Leben, Auferstehung und Dingen, die bisher im Reich der Religion angesiedelt waren", überlegt der Physiker Gates. „Die Begründung liegt auf der Hand: Wenn wir Programme in einem Computer sind, dann kann das Program, solange der Computer keinen Schaden erleidet, immer wieder wiederholt werden."

Auch der Philosoph David Chalmers hält das für eine einleuchtende These: „In unserem eigenen Universum können wir simulierte Welten erstellen, und es ist nicht in geringster Weise gruselig. Auch unser Schöpfer muss keinesfalls unheimlich sein, sondern statt dessen vielleicht ein jugendlicher Hacker im nächst höheren Universum." Und Moderator Tyson springt der Argumentation wieder mit einer Metapher zur Seite: „Wir selbst halten uns auch nicht für Gottheiten, nur weil wir Super Mario programmieren können, auch wenn wir sogar einstellen können, wie hoch Mario springt. Es gibt keinen Grund zu denken, sie sind allmächtig, nur weil sie alles steuern, was wir so tun."

Nur eine Frage blieb während der Debatte unbeantwortet: Was passiert, wenn sich ein Bug in die Matrix einschleicht?