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Schweden ist stolzer Müllimporteur von hundertausend Tonnen Abfall jährlich

Die Skandinavier erzeugen mit ihrem Müll so viel Energie, dass sie noch jede Menge Platz für Importabfall haben. Ein guter Ansatz jedoch keine Lösung der Ursache.

Unsere Welt hat ein  Müllproblem. Darüber brauchen wir gar nicht zu diskutieren, schließlich bekommen wir die Dimension ständig von unseren eigenen Hausmüllbergen vor Augen geführt. Sogar am Strand schwimmen uns die Erzeugnisse der Wegwerfgesellschaft entgegen.

Nur in Schweden sieht es etwas anders aus als in den restlichen Ländern unserer schönen, dreckigen Welt. Die cleveren Skandinavier sind nicht nur besser darin, Beruf und Familie zu verbinden, haben ein funktionierendes Bildungssystem und stehen der Globalisierung gelassener gegenüber als die skeptischen Deutschen, sie pflegen auch schlichtweg einen Lebensstil, indem sie weniger Müll verbrauchen als ihre Heizkraftwerke benötigen. Und so importiert das Land jedes Jahr geschlagene 800.000 Tonnen ausländischen Abfalls.

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Die Schweden sind so stolz auf ihren Umgang mit Müll, dass sie auf ihrem offiziellen staatlichen Vimeo-Kanal (ja auch sowas hat man in Schweden) gleich mal ein Video hochgeladen haben. Darin beweisen sie, was sie als Müllflüsterer so alles mit ihren Importen und Eigen-Schrott-Gewächsen anzufangen wissen:

Die Skandinavier trennen und recyceln ihren Müll, um möglichst viel wieder zu verwerten, der Rest landet in einer der 32 Abfallverbrennungsanlagen des Landes. Müll wird also zur Energieerzeugung genutzt. Das ist nicht unbedingt besser als Solar-, Wind- oder Wasserkraft, doch immer noch weniger giftig als die Ablagerung in einer Deponie. Müllkippen verpesten mit ihrem massiven Methanausstoß die Luft und verseuchen mit allerlei toxischen Absonderungen das Grundwasser. In Schweden landet lediglich ein Prozent des Abfalls auf solch einer stinkenden Müllkippe.

Deutschland schlägt sich im internationalen Vergleich übrigens nicht allzu schlecht. Auch hier wird mehr recycelt und verbrannt als in vielen anderen Ländern.

Ein Mitarbeiter eines schwedischen Kraftwerks schaut dem Müll bei der Energieerzeugung zu. Screenshot aus dem Video des offiziellen Vimeo-Kanals Schwedens.

Natürlich ist die Verwendung des Mülls zur Energieerzeugung letztlich auch nur eine Wahl zwischen Pest und Cholera. Denn statt die Abfälle in Deponien verrotten zu lassen, ist eine Verbrennung zur Stromerzeugung einfach nur die weniger schlimme Entscheidung. Die meisten Gifte werden dabei zwar mit den hohen Temperaturen vernichtet, doch Feinstaubbelastungen und toxische Rückstände bleiben uns und unserer Atmosphäre erhalten.

Es ist also lediglich der proaktive Umgang mit einem bestehenden Problem, welches so jedoch nicht gelöst werden kann. Die einzige wirklich gute Idee, um den Müll-Schlamassel in den Griff zu bekommen oder wenigstens einzudämmen liegt darin, schlicht weniger Abfall zu produzieren. Weniger Verpackungen, weniger Einweg und vor allem weniger Plastik. Die Berlinerinnen von Original Unverpackt geben dabei mit ihrem verpackungslosen Supermarkt den Weg vor, und es wäre schön, wenn bald auch mehr große Unternehmen auf den Zug mit aufspringen. Dann wären vielleicht auch irgendwann die Zeiten vorbei, in denen Müll die wohl zuverlässigste erneuerbare Energiequelle unserer Wegwerfgesellschaft darstellt.