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Künstliche Intelligenz beweist: Unser Sonnensystem ist nicht einzigartig im All

Was menschlichen Forschern bisher entgangen war, hat nun ein neuronales Netz von Google und der NASA entdeckt.
Das Kepler-Weltraumteleskop| Bild: NASA

Am gestrigen Donnerstag gab die NASA ihre neueste Entdeckung bekannt: Es gibt neben unserem Sonnensystem noch ein weiteres System, das acht Planeten besitzt. Der sensationelle Fund gelang der Raumfahrtbehörde mit Hilfe von Google und einer Künstlichen Intelligenz. Laut der NASA wertete Googles Lernalgorithmus die Daten des Weltraumteleskops Kepler aus und stieß so auf einen achten Exoplaneten im Sonnensystem Kepler-90. Damit hat unser Sonnensystem nun Konkurrenz bekommen: Bisher galt es als das System mit den meisten Planeten, die um eine einzige Sonne kreisen.

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Der neuentdeckte Planet wurde auf den Namen Kepler-90i getauft. Er ist der kleinste im Kepler-90-System, das etwa 2.545 Lichtjahre von der Erde entfernt liegt. Kepler-90i umrundet seine Sonne einmal alle 14 Tage. Die Forscher vermuten, dass es sich um einen felsigen Planeten handelt, dessen Oberflächentemperatur bei etwa 425 Grad Celsius liegt.

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Die Sonne von Kepler-90 ist etwas massiver als unsere eigene Sonne, und obwohl die beiden Sonnensysteme dieselbe Anzahl von Planeten besitzen, unterscheiden sie sich in einigen anderen wichtigen Aspekten. So befinden sich alle Planeten von Kepler-90 näher an ihrer Sonne, als die Erde an unserer Sonne ist. Auch sind alle acht Planeten größer als die Erde.

Andererseits ähnelt die Anordnung der Planeten im Kepler-90-System sehr der Anordnung unseres eigenen Sonnensystems – kleinere felsige Planeten sind der Sonne am nächsten, während sich größere Jupiter-ähnliche Gasriesen in den äußeren Umlaufbahnen befinden.

Die Abbildung zeigt das Kepler-90-System im Vergleich mit unserem Sonnensystem. Der neu entdeckte Exoplanet Kepler-90i müsste zwischen den Planeten 'c' und 'd' in der Abbildung liegen | Bild: Wikipedia | DLR | Lizenz: CC-BY 3.0

So läuft die Suche nach fremden Welten

Die Hauptmission des Kepler Weltraumteleskops, das 2009 in die Umlaufbahn geschickt wurde, ist es, den Kosmos nach sogenannten Exoplaneten abzusuchen; also Planeten, die um andere Sterne kreisen. Seit 1992 der erste Exoplanet entdeckt wurde, haben Astronomen insgesamt 3.720 Exoplaneten in 2.787 verschiedenen Sonnensystemen gefunden. Allerdings sind bisher nur 623 Sonnensysteme bekannt, die mehr als einen Planeten beherbergen.

Astronomen können Exoplaneten mit verschiedenen Methoden aufspüren. Die gängigste Methode, die auch vom Kepler-Teleskop angewandt wird, ist die sogenannte Transitmethode. Dabei wird nicht der eigentliche Planet beobachtet, sondern die Sonne, um die er kreist. Schiebt sich ein Exoplanet nämlich vor seine Sonne, kommt auch weniger Licht beim Teleskop an. Diese verringerte Helligkeit wird vom Teleskop als Signal registriert.

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Die KI setzt da an, wo der Mensch kapitulieren muss

Mit dieser Methode konnten Astronomen bereits an die 2.500 Exoplaneten aufspüren, die um die 150.000 Sterne kreisen, die das Kepler-Teleskop beobachtet. Allerdings war die Datenmenge aus vier Jahren zu groß, um effektiv von Menschen ausgewertet zu werden. Daher konzentrierten sich die Wissenschaftler nur auf die 30.000 stärksten Signale, die das Teleskop registriert hatte. Daher fürchtete man, dass sich auch unter den 120.000 schwächeren Signalen weitere unentdeckte Planeten verbergen könnten.

Um auch diese Planeten mit Hilfe des riesigen Datensatzes zu finden, schloss sich die NASA mit Google zusammen, um ein Neuronales Netz zu entwickeln. Dieser Lern-Algorithmus, der dem menschlichen Gehirn nachempfunden ist, wurde speziell darauf trainiert, in den schwächeren Signalen nach Exoplaneten zu suchen. Dazu fütterten die Google-Forscher das Netzwerk mit 15.000 Datensätzen, die bereits von den NASA-Astronomen ausgewertet worden waren. Auf diese Weise konnte die KI lernen, wie ein Exoplanet als Datensatz 'aussieht'. Nach der Trainingsphase konnte der Algorithmus Exoplaneten in Datensätzen mit einer Trefferquote von 96 Prozent erkennen.


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Laut Christopher Shallue, der als leitender Softwareentwickler am Google-Projekt beteiligt war, wurde das Netzwerk anschließend eingesetzt, um die Daten von 670 Sternen zu untersuchen. Unter diesen schwächeren Signalen entdeckte die KI prompt zwei Exoplaneten – einer davon umkreist Kepler-90, ein anderer liegt im Sonnensystem namens Kepler-80.

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"Es ist sehr gut möglich, dass Kepler-90 noch mehr Planeten hat, von denen wir nichts wissen", sagte Shallue bei der NASA-Konferenz, auf der die Entdeckung bekannt gegeben wurde. "Es gibt noch viele unerforschte Gebiete im Kepler-90-System. Es würde mich fast schon überraschen, wenn es nicht noch mehr Planeten geben würde."

Zahl der Planeten könnte weiter steigen – denn das war erst die Testphase

Shallue erklärte außerdem, dass die Analyse des ersten Kepler-Datensatzes ein Machbarkeitsbeweis, ein sogenannter Proof of Concept, war. Die Forscher wollten überprüfen, ob ein Algorithmus wirklich Exoplaneten aufspüren könnte, die menschlichen Forschern ansonsten entgangen wären. Shallue hofft, dass der Algorithmus in Zukunft dafür eingesetzt wird, auch die Daten der anderen abertausenden Sterne zu durchforsten, die vom Kepler-Teleskop aufgezeichnet wurden.

Die neue KI-gestützte Methode wird die Anzahl der bekannten Exoplaneten wahrscheinlich rapide erhöhen. Außerdem sollen in den nächsten zwei Jahren mit dem James Webb Teleskop und dem TESS noch zwei weitere Weltraumteleskope der NASA ins All starten. Somit wird es in naher Zukunft noch viel mehr Daten über mögliche Exoplaneten zu analysieren geben.

Und wer weiß: vielleicht beherbergt einer dieser Planeten Bewohner, die gerade ihre eigenen Teleskope auf unser Sonnensystem gerichtet haben.