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Fragen

Fragen, die eine Panzergranate in einem hessischen Baum aufwirft

Ein Bauer hat den Sprengkörper aus dem Zweiten Weltkrieg in einer Baumkrone entdeckt. Aber wie zur Hölle ist der da hingekommen? Wer steckt dahinter?

Ein Bauer machte am Freitag im hessischen Marburg-Biedenkopf eine ungewöhnliche Entdeckung. Wie die Polizei mitteilte, fand er in einer Baumkrone einen verdächtigen rostigen Gegenstand. Er rief die Experten vom Kampfmittelräumdienst, die stellten fest: Es handelt sich um eine scharfe amerikanische Panzergranate aus dem Zweiten Weltkrieg. Eine Panzergranate, die in einem hessischen Baum liegt? Wir haben Fragen.

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Wie zur Hölle kam die Granate dorthin?

Die Polizei ist sich sicher, dass sie nicht von selbst in der Baumkrone gelandet ist. Jemand muss sie also erst gefunden – und dann dort platziert haben. Ein "bis dato Unbekannter, der den explosiven Gegenstand zuvor aufgefunden und anschließend im Geäst des Baumes abgelegt haben muss", so die Polizei in ihrer Meldung, habe sich "einer erheblichen Gefahr" ausgesetzt.

Wer tut so etwas?

Vielleicht war es eine Gruppe Jungs, die beim Herumtoben die Panzergranate fand. Statt die Polizei zu rufen, hielten sie es für eine geeignete Mutprobe, die Granate in einer Baumkrone zu verstecken – als vermeintlichen Beweis ihrer Männlichkeit.

Oder es war eine Schulschwänzerin, nennen wir sie Lotta, die kurze Rast auf einem umgekippten Baumstamm machen wollte, um sich eine Tüte zu drehen. Als ihr Tip runterfiel, sah sie plötzlich die rostige Granate auf dem Boden, an die sie sich dunkel aus dem Geschichtsunterricht erinnern konnte. Weil Lotta den Rucksack voller Gras hatte, konnte sie unmöglich die Polizei informieren. Außerdem wären ihre Eltern durchgedreht, wenn sie rausgefunden hätten, dass sie kiffend in einem Wäldchen statt im Mathe-Unterricht sitzt. Trotzdem will sie nicht, dass die Granate irgendwann in den Händen eines spielenden Kleinkindes explodiert. Leicht benebelt entschied Lotta sich dazu, die Granate raus aus der Gefahrenzone und rein in die Baumkrone zu hieven.

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Oder es war gar kein Mensch, sondern ein großes Eichhörnchen. Das die Granate für eine riesige Nuss hielt.

Hat der Baumleger gewusst, womit er es zu tun hat?

Tatsächlich ist es nicht unwahrscheinlich, dass der Finder nicht gecheckt hat, dass es sich um einen ziemlich gefährlichen Gegenstand handelt. Das würde zwar erklären, wieso er nicht die Polizei gerufen hat, aber immer noch nicht, weshalb er die Granate in den Baum gelegt hat. Eventuell hatte das ästhetische Gründe. Vielleicht war ihm oder ihr auch einfach alles scheißegal.

Was hätte schlimmstenfalls passieren können?

Hätte der Finder die Granate fallen lassen, hätte sie ihm vermutlich mindestens die Beine weggefetzt. Wie wir wissen, ist das nicht passiert. Hätte der Bauer die Granate jedoch nicht gefunden, wäre sie vermutlich spätestens beim nächsten heftigen Sturm aus der Baumkrone geplumpst. Wären genau in dem Moment die Wanderfreunde Treisbach in der Nähe gewesen, hätte das ein grausiges Ende nehmen können.


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Was sollte man tun, wenn man eine Granate findet?

So reagieren, wie der Bauer, der die Granate im Baum entdeckt hat. Die Polizei rät Menschen, die eine Granate oder einen verdächtigen Gegenstand finden, dringlichst, diesen nicht anzufassen. Stattdessen sollten sie schnellstmöglich die Polizei anrufen, andere Menschen, die sich in der Nähe befinden, warnen und zusammen mit ihnen das Weite suchen. Eine weitere Möglichkeit wäre es, das Gelände abzusperren.

Was sollte man auf gar keinen Fall tun?

Die Granate auf zwei Ästen in einer Baumkrone platzieren, niemandem Bescheid sagen und nach Hause gehen, um Germanys Next Topmodel zu gucken.

Passiert so etwas häufiger?

Wie viel Weltkriegsmunition in Deutschland noch unentdeckt im Boden liegt, lässt sich nicht genau sagen. Das Kampfmittelportal geht in seinem Merkblatt zu kampfmittelfreiem Bauen aus dem Jahr 2014 davon aus, dass in Deutschland noch rund 100.000 Tonnen Blindgänger im Boden liegen. Jährlich würden etwa 5.000 Bomben in Deutschland geräumt. In Berlin geht der Senat noch von Tausenden Blindgängern aus.

Immer wieder gibt es Berichte von Menschen, die Granaten und ähnliches finden und etwas zu lässig mit der Gefahr umgehen. Erst vor zwei Wochen fand ein Kind in Feldberg eine funktionstüchtige Handgranate. Der Opa brachte den Fund daraufhin gemeinsam mit seinen zwei Enkeln zu einem nahegelegenen Restaurant. Ein Sprecher des Kampfmittelbeseitigungsdienstes sagte gegenüber der Welt: "Zwar ist alles gut gegangen, aber es ist natürlich fragwürdig, eine Granate in einem Lokal abzugeben."

Im Dezember letzten Jahres fand ein 53-Jähriger aus Kassel beim Entrümpeln seines Dachbodens eine Mörsergranate. Statt die Polizei zu alarmieren, packte er sie in sein Auto und fuhr zur nächsten Wache. Die musste anschließend evakuiert und weiträumig abgesperrt werden. Die Polizei warnt dringlichst davor, unbekannte Gegenstände zu transportieren.

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