Politik

Alle Gründe, warum die Fleischindustrie so kaputt ist

Und wie du das ändern kannst.
Ein Schlachter zerteilt einen Schweinekörper. Die Fleischindustrie behandelt Tiere schlecht und die Menschen, die für sie arbeiten
Symbolfoto: imago | Westend61

Das hier ist das Skript zu unserem Video So so fucked: Die Fleischindustrie. Hier findest du Links zu allen unseren Quellen. Aber zuerst: Die Links zu den Petitionen, von denen Yannah im Video erzählt hat.

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So, und hier der Text, mit den Quellen:

Ihr habt es vielleicht mitbekommen: Die Fleischindustrie bekommt gerade ordentlich auf den Sack, weil mehrere große Schlachtereien es nicht hinbekommen haben, ihre Arbeiter vor Corona zu schützen und wir deshalb vielleicht bald alle zurück in unsere Bunker müssen.

Der Witz ist aber: Die Corona-Epidemie hat nur gezeigt, wie widerlich es in der Fleischindustrie schon immer läuft. Und darum geht es in dieser ersten Folge von unserem neuen Format So, so Fucked: Die Fleischindustrie!

Die deutsche Fleischwirtschaft ist die größte in Europa, sie ist eine riesige Zucht-, Tötungs- und Zerkleinerungsmaschinerie, die jedes Jahr acht Millionen Tonnen von Fleisch produziert.

Das Ziel der Fleischindustrie ist klar: So viel Gewinn wie möglich aus jedem Produktionsschritt herauspressen. Und darin ist sie wirklich gut. Nur: Das geht auf Kosten von Tieren, Menschen und der Umwelt – also am Ende von uns allen. Also schnallt euch an und konzentriert euch, denn jetzt wird es richtig finster.

Fangen wir mal bei den Tieren an.

Und genauer: Bei der Massentierhaltung.

Jedes Jahr werden in Deutschland rund 55 Millionen Schweine, 620 Millionen Hühner und mehr als 3 Millionen Rinder für die Fleischproduktion getötet. Insgesamt sind es über 763 Millionen Tiere, die bei uns jedes Jahr industriell geschlachtet werden.

Aber hey, kleiner Trost: Deren Leben war vorher meistens auch schon scheiße. Und zwar so richtig, hardcore, niemals-endender-Horrorfilm-mäßig scheiße.

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Ein Schwein in Massentierhaltung verbringt sein Leben auf 0,75 bis 1,5 m2 – nicht viel für ein Tier, das bei seiner Schlachtung im Durchschnitt 120 kg wiegt. Und nee, "bio" ist auch keine Lösung: Bio-Schweine bekommen auch nur auf um die 1,3 m² Innenfläche und 1 m² Außenfläche. Ähnlich abgefuckt ist die Situation bei Hühnern: Auf 1m² kommen in konventioneller Bodenhaltung neun Hühner. In Freilandhaltung sind es sechs.

Was wir essen, sind also die Leichen von Tieren, die ein kurzes, aber qualvolles Leben voller Stress, Schmerzen, Verhaltensstörungen und offenen Geschwüren verbracht haben. Guten Appetit!

Und jetzt zu den Menschen, die in Schlachtfabriken arbeiten.

Deren Arbeitsbedingungen waren nämlich schon vor der Corona-Krise richtig beschissen.

Die meisten Arbeiter und Arbeiterinnen auf Schlachthöfen stammen aus Osteuropa und werden für diese sauschwere Arbeit erbärmlich schlecht bezahlt.

Klar, offiziell bekommen sie Mindestlohn. Aber eben nur offiziell: Die deutschen Subunternehmer, die sie für die Fleischfirmen mittels Werkverträgen anstellen, ziehen ihnen davon Kosten für die Sammelunterkunft, für den Transport zum Arbeitsplatz und sogar für die Arbeitskleidung ab. Rumänische Arbeiter haben deshalb schon berichtet, dass sie nach ihrem ersten Monat im Schlachthof erstmal genau null Euro vom Lohn übrig hatten. Das ist klassische Ausbeutung, im ganz großen Stil. Oder was hast du geglaubt, wer den echten Preis bezahlt, wenn du 600 Gramm Nackensteak bei Aldi für 1,99 kaufst?

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Die Umwelt

Die Fleischindustrie ist aber nicht nur für Tiere und Menschen scheiße, sondern auch für die Umwelt. Und da ist nämlich der Knackpunkt: Selbst wenn dir die Tiere und die Arbeiter egal sind – für das Discount-Nackensteak zahlen wir alle drauf, weil dessen Produktion unseren Lebensraum zerstört.

Erstmal die Erderwärmung: Tatsächlich macht Viehzucht fast 15 Prozent aller Emissionen von Treibhausgasen weltweit aus – also mehr als alle Autos, Schiffe, und Flugzeuge der Welt zusammen.

Und dann das Wasser: 43 Prozent des weltweit verbrauchten Wassers geht für die Viehzucht drauf. Für die Herstellung eines einzigen 150-Gramm-Rindfleischburgers braucht man im Durchschnitt 2.350 Liter Wasser. Für einen Sojaburger sind es rund 160 Liter.

Was noch? Ach ja, Viehzucht ist für 80 % der Rodungen des Amazonas verantwortlich.

Und dafür, dass wir immer kränker werden: Denn wenn man Tausende Tiere auf so engem Raum zusammenquetscht, ist klar, dass die dauernd krank werden. Also werden sie mit Dutzenden Antibiotika vollgepumpt – was dann dazu führt, dass die Keime dort immer resistenter werden, was dann dazu führt, dass unsere Antibiotika auch uns nicht mehr heilen können. Das Robert-Koch-Institut empfiehlt deshalb schon seit einer Weile, rohes Fleisch nur noch mit Einweghandschuhen anzufassen. Lecker!

Also, zusammengefasst: Die Fleischindustrie, wie sie aktuell funktioniert, ist schlecht für Tiere, für Menschen und für die Umwelt.

Für wen ist sie dann eigentlich gut? Ganz genau: Für die Chefs der Fleischindustrie!

Denn Fleisch herstellen ist in Deutschland so billig, dass die Konzerne sich daran dumm und dämlich verdienen.

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Clemens Tönnies zum Beispiel – also der Typ, in dessen Fabrik es gerade den massiven Corona-Ausbruch gab – hat mit seinem Schlachtkonzern 2019 einen Umsatz von über 7 Milliarden Euro gemacht. Ka-ching!

Er selbst verfügt über ein geschätztes Privatvermögen von 1,1 Milliarden. Ka-ching!

Und trotzdem hat sein Konzern über Jahre alles versucht, um Mindestlöhne für seine Arbeiter zu blockieren, und der gute Clemens wehrt sich aktuell mit Händen und Füßen gegen die Abschaffung der Werkverträge.

Und das hat System: Die Fleischproduzenten haben so viel Geld und so viel Macht in der Politik, dass sie es seit Jahren schaffen, praktisch alles zu blockieren, was ihren Tieren oder ihren Arbeitern das Leben auch nur ein bisschen erleichtern würde – weil klar, dann würden sie weniger verdienen.

Was können wir also dagegen tun?

Um es ganz klar zu sagen: Dass du auf Fleisch verzichtest, wird nichts bringen. Klar, schaden kann es auch nicht und gesünder ist es auch, aber Fakt ist: Der Fleischkonsum geht in Deutschland schon seit einigen Jahren leicht zurück, aber der deutschen Fleischindustrie geht es trotzdem weiter prächtig.

Die Produktion hierzulande ist nämlich so billig, dass die Fleischkonzerne das ganze Zeug mittlerweile in die ganze Welt exportieren – und im gleichen Zug die Landwirtschaft vor Ort zerstören.

Deine Konsumentscheidungen können die Fleischindustrie also nicht stoppen. Das einzige, was hilft: Klatsche vom Staat, und zwar so richtig. Also konkret: Viel, viel strengere Auflagen für die Arbeitsbedingungen, für den Tierschutz und für den Umweltschutz.

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Wenn du mithelfen willst, das zu erreichen, dann kannst du dich zum Beispiel Fridays For Future anschließen. Die fordern nämlich eine CO2-Steuer – und das würde ganz schön teuer für die Fleischindustrie werden. Die Gruppe Animal Rebellion geht sogar noch einen Schritt weiter und fordert das komplette Ende der industriellen Tierhaltung.

Wenn euch das zu gefährlich ist, könnt ihr auch Online-Petitionen unterschreiben – zwei davon haben wir euch verlinkt.

Am Ende entscheidet trotzdem die Politik. Und das heißt für dich: Wählen gehen! Oder Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner einen sehr wütenden Brief schreiben.

Klar ist: Die Fleischindustrie, so wie sie jetzt ist, ist fucked. Zeit, das zu ändern.

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