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Das Jahr am Ende der Welt

2013 hätte ein entspannter Hangover vom Weltuntergang sein sollen. Das Gegenteil war der Fall und die Apokalypse war allgegenwärtig.

Zombies waren mal wieder ein überlebensgroßes Thema dieses Jahr. Via: The Walking Dead, AMC.

Ich habe mich noch nie besonders gut an meine Träume erinnert. Aber soweit ich weiß, habe ich noch nie vom Ende geträumt. Doch dieses Jahr war ein übermäßig apokalyptisches Jahr und im Dezember hatte ich mehr aufgenommen als mein Unterbewusstes verkraften kann. Es bescherte mir meine erste Vision, davon wie ich wild um mich schlage, während alles andere auseinander fällt.

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New York war in eine glühend schwarz-rote Optik getaucht und Reihen von mir wohl bekannten Appartementblocks brannten oder brachen zusammen. Ein Berg von einer zerklüfteten Stadt tat sich vor mir auf und schleuderte mit Asphalt um sich, wie mit Spielkarten. Und irgendwo in dem Chaos war ich. Auf der gegenüberliegenden Seite von wo ich eigentlich sein sollte. Der Himmel war pechschwarz vom Rauch, und Feuer brannten sich durch das verschwommene Schlachtfeld. Meine Freundin war unter den Ruinen und ich musste sie finden—meine einzige Chance war mottenrein.

Bei allem Respekt für meine Traumwelt aber 2013 hätte eigentlich mal ein ruhigeres Jahr sein sollen, für alles im Zusammenhang mit Apokalypse. Ein weiteres Jahr, indem wir unbeholfen und schmerzhaft realisieren, dass wir immer noch hier sind, nachdem wir uns doch gerade erst aus dem Jahr 2012 mit dem von den Mayas prognostizierten Untergang gerettet haben.

Es hat wohl niemals einen besseren Zeitpunkt als das Jahr 2013 gegeben, um unseren Wunsch nach Desaster zu beschränken und unsere Welt stattdessen ein wenig in Ordnung zu bringen. Doch die popkulturelle Vergötterung der Endzeit hat sich verdoppelt. Armageddon war allgegenwärtig. Ein Vorzeigejahr für Filme, Musik, Bücher, Fernsehshows, Sci-Fi und allgemeine Obsessionen über das Ende der Welt. In diesem Jahr lief z.B. das Drama mit den meisten Zuschauern im Kabelfernsehen und es ging um eine Zombie-Apokalypse. Der bestplatzierte Rock-Song in den US-Charts behandelte haargenau das Thema Ende der Welt. Und ich kann mich an kein Jahr erinnern, in dem unsere Kinowelt, so nachhaltig zerstört, überlaufen, ruiniert und ausgelöscht worden wäre wie das vergangene.

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Ich habe mir die Zerstörung in Multiplex-Kinos und Zuhause angeschaut, auf Apps wie Vudu und iTunes. So viele zweidimensionale Umgebungen explodierten auf so vielen Bildschirmen.

Danken wir Hollywood für das Produzieren so vieler epischer Film um uns Untergangs-hungrige Massen zu sättigen. Ich für meinen Teil wollte jedenfalls sehen wie die Erde überlaufen und ausgelöscht wurde—nicht nur von Zombies, sondern wahlweise auch von sozialem Konflikt, von Alien-gesteuerten Drohnen, oder auch von Satan persönlich. Ich war ehrlich gesagt so was von gelangweilt dieses Jahr und zu sehen wie alles auseinander fliegt hatte etwas entwaffnend einfaches. Und ich bezweifle, dass es nur mir so erging.

World War Z, der Superstar-Vorzeige-Zombie-Film des Jahres, rief zum x-ten Male unsere Furcht vor einer modernen Mutantenplage hervor—unser latenter Drang unsere Wut an geistlosen Halb-Menschen mit stumpfen Waffen abzulassen. Elysium erschuf eine Dystopie, die ruiniert wurde von Geiz und Ungleichheit. Die Superreichen genießen das Leben auf einem gesicherten ringförmigen Raumschiff des Vergnügens, während die Armen in Fabriken auf der Erde festsitzen, verstrahlt werden von einer verdorbenen Umwelt und sich gegenseitig in staubigen Laboren biohacken.

Das Ende der Welt in Elysium, war die Schuld der Menschen. Wir fanden keinen Weg, Unternehmen in ihre Schranken zu weisen, die Umwelt zu schützen, Ressourcen gerecht zu verteilen oder auch nur nett zueinander zu sein—dringende prä-apokalyptische Probleme aus unserer echten Welt. Der Film sollte ein sozialkritisches Werk sein, so wie der vorherige Film Regisseurs Neill Bloomkamp, District 9. Gedreht wurde er überwiegend in jenem schicksalhaften Jahr 2011 und versuchte gar nicht erst seine Symphatie für die 99 Prozent zu verstecken. Allerdings bekam Elysium das alles letztlich nicht ganz zusammen, und war vor allem eine grelle Rumballerei. Aber immerhin war es einer der wenigen Filme, der einen Vorschlag zum drohenden planetaren Untergang vorschlug: allgemeine, universelle Krankenversicherung. In Elysium besitzen die Reichen die alle heilende Technologie—wir müssen sie nur dazu kriegen, diese mit den Armen zu teilen.

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Oblivion war da schon interessanter—zumindest wenn es um Szenarios totaler Zerstörung geht. Eine Alien Figur macht sich auf zum Erzfeind der Erde zu werden und greift sie an—aber nicht mit Strahlenkanonen, sondern in dem sein gigantisches Mutterschiff den Mond aus seiner Umlaufbahn gezogen hat und dadurch unsere Städte überflutet werden. Nicht-Sichtbare Drohnen-steuernde Aliens besaßen auch noch die Unverfrorenheit auf der Erde zu bleiben, um Energie aus unseren Ozeanen abzuziehen und eine Armee geklonter Menschen einzusetzen, die die letzten Überlebenden belästigt.

Was als Versuch begann die zunehmende kulturelle Relevanz von Drohnen und unserer Angst vor ihnen anzusprechen—vielleicht sind Drohnen gar die neuen Zombies—, endete als purer Hollywood Sci-Fi: Action-besessen und symbolsprachlich verwirrt. Dennoch gibt es auch hier noch eine halbwegs greifbare Aussage, nämlich dass Technologie uns vor unseren Augen versklaven könnte, während wir die Erde zur Ruine verkommen lassen und kopflose Klone werden.

Die Welt ging zwar nicht vollständig unter in Pacific Rim, einem munteren Robo-Gladiator Streifen, aber tobende Aliens haben schon einen Großteil zerstört. Das Ende ist nah, wären da nicht ein vereinter militärischer Versuch ihre künstlichen Köpfe einzuschlagen mit den Stahlfäusten gigantischer DARPA ähnlicher Maschinen. Der Nachfolger von Hunger Games wiederum, Catching Fire, ist ein Crash-Kurs in dystopische Fiktion für junge Erwachsene: Die Welt ist zur Hölle geworden, Reality Fernsehen ist außer Kontrolle und reiche Eliten unterdrücken die Armen und zwingen sie Ressourcen in knochenbrechender Arbeit abzubauen. After Earth wiederum war eine von Scientology beeinflusste Story aus einer fernen Zeit auf unsere Erde—und das ganze war furchtbar, also hat es niemand gesehen.

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Keines dieser Massensterben war übermäßig ernst, aber die diesjährige Apokalypse hatte auch einige richtige Lacher auf Lager. In der Sommerkomödie This is the End durchforsteten Hipster-Comedians das Ende aller Tage nach Humor; Satanische Armeen, Straßenkämpfer und reichhaltiges Feuer lieferten den Hintergrund für Witze über Exorzismus, angespannte Freundschaften und dämonische Penisse. Vorwiegend letzteres.

Der beste Apokalypse Film des Jahres wurde auch als Comedy vermarktet: The Worlds End, der letzte Teil der sogenannten Cornetto Trilogie griff das Thema von einer anderen Seite an, Shaun of the Dead. Ich sah die Komödie mit meiner Freundin am Wochenende; eine im Bett in Brooklyn, die andere auf dem Sofa in Philadelphia. Neue Jobs zwangen uns in eine Fernbeziehung. Nachdem wir zuvor Jahre zusammen gelebt hatten, blieben uns nun die Wochenenden. Oblivion hatten wir auch zusammen gesehen. Die Synthies aus dem Soundtrack überwältigten uns in einem billigen Kino mit stickigen flachen Etagen in Phily. Und Walking Dead zog ich mir rein auf meinen Busfahrten durch die Dämmerung nach Phily.

The Worlds End war jedenfalls ein überraschend wirksamer Film. Die Apokalypse wird geschickt in mehreren narrativen Dimensionen verhandelt: Da gibt es den tatsächlichen Weltuntergang, in dem Roboter in kleine Städte überall auf der Welt vordringen und diese zerstören, aber dies spielt sich vor allem als Hintergrund ab für ein persönlicheres Untergangsszenario.

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Gary King, unser pathetischer Lederjacken-tragender Protagonist möchte nicht, kann nicht und wird nicht erwachsen werden und der stumpfen geordneten Gesellschaft beitreten. Er lässt sich tatsächlich lieber auf das Ende ein, als sich über den Ruhm seiner Highschool-Tage hinaus zu entwickeln. Diese Absurdität wird im Nachtrag zum Film deutlich, in dem unser Held ein neues Leben genießt und in der post-apokalyptischen Einöde Robo-Kopien seiner Kinderheitsfreunde verprügelt. Das war ein ergreifender Moment, dem es gelang zu erreichen, was die meisten Untergangsfilme verfehlen: Die Frage zu stellen, warum wir es überhaupt sehen wollen, wenn die Welt um uns herum in Stücke fällt.

Es muss einen Grund geben, warum es uns eine gewisse Freude bereitet Haufen toter Körper zu sehen und daneben ein paar Überlebende—stellvertretend für uns selbst—zu sehen, wie sie versuchen aus dem Übriggebliebenen etwas zu machen. Mit ein Grund für unseren Spaß ist dabei sicher auch, dass wir uns kaum für die toten Körper interessieren.

„All die Ungewissheit und all die Angst kommt zusammen, so dass die Menschen tatsächlich denken, dass es ein besseres Leben“ nach einem gesellschafts-zerstörenden Desaster gäbe, sagt der Kinderpsychologe und Autor für Zombie-Fiktion Steven Schlozman zu Scientific American.

Massenhaftes Desaster bedeutet auch die Möglichkeit für eine klare Grenze—sowohl für einen gesellschaftlichen, und, vielleicht noch wichtiger, auch für einen persönlichen Neustart. Vermutlich sind wir in diesem Jahr in die Kinos gegangen, um zu sehen, wie die Welt sich stellvertretend entwirrt, damit wir uns vorstellen können, was wir machen würden, hätten wir nur die Chance von vorne zu beginnen.

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Schlozman merkt trefflich an, dass wir niemals über den Neubau einer Infrastruktur, oder das Leben ohne sauberes Wasser fantasieren, sondern das wir uns eine romantische Vorstellung von dem Ende aller Verpflichtungen machen, aber dabei nichts von der Misere begreifen, die mit dem Ende der Welt nun einmal einhergeht. Eine Narration begünstigt diese Tendenz—abgesehen von einführenden Bildern gefallener Monumente und stiller Leichen, haben wir kaum eine Chance Empathie mit dem Verlust zu entwickeln. Und darum geht es ja auch: Diese Action-Filme sollen Spielplätze sein, Abstraktionen einer ästhetisierten Apokalypse. Kaum einer von uns baut eine Beziehung zu den Toten in diesen Filmen auf, oder entwickelt Verständnis für die Zombies und Aliens. In 2013 allerdings, tat ich es sehr wohl—und zwar meist gegen meinen Willen.

Bild: Flickr

Letztes Jahr fand ich mich als Ersthelfer in der Mitte eines Highways wieder. Ich versuchte einen Mann wiederzubeleben, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits tot war. Er hatte einen Motorradunfall und nur Sekunden später waren wir die ersten an der Unfallstelle. Ein Rad seines Motorrads drehte sich noch.

Der Freund mit dem ich unterwegs war, ist Arzt und brüllte ein paar Anweisungen an die ich mich jetzt nicht erinnern kann. Ich erinnere mich nur noch daran, dass ich eine dicke lila Zunge aus seinem Atemweg zu befreien versuchte, in dem ich hinein pustete, während mein Freund ihm eine Herzdruckmassage gab. Der innere Geruch seines Mundes übel und seine Haut war bleich. Das war das Gesicht des Todes, das echte Gesicht des Todes direkt an meines gedrückt.

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Das Gesicht tauchte auf, wenn ich es nicht wollte, aber erst Monate später, tatsächlich ein Jahr später. Aus dem nichts heraus, kurz, in einem wandernden Gedanken oder einem Tagtraum. Manchmal sollte es sogar jeglichen Apokalypse-Porno gegen meinen Willen bevölkern, den ich mir ansah—wie zufällig unter die Leichen-geschminkten Schauspieler gemischt, als wäre es ein übler fantasievoller Bonus. Ich erinnerte mich vielleicht selbst daran, dass es das Gefühl echten Todes gibt—während ich so vergnügt an dem Karneval der fabrizierten Toten teilnahm, und mir Karten für Filme kaufte, in denen Milliarden Menschen ohne einen Gedanken ausgerottet werden. Es gibt etwas, was sich nicht in die Sprache dieses Spektakels übersetzen ließ, auch wenn es auf den ersten Blick kaum anders aussehen mag als das Szenario auf der Leinwand.

Ich finde es wichtig dies zu bedenken, denn massenhafter Tod war unglaublich populär in diesem Jahr. The Walking Dead ist vermutlich das beste Beispiel. Das Zombie-Drama ist momentan das beliebteste TV-Programm der USA. Und das bedeutet beliebter als Football. Zwanzig Millionen Menschen haben die Premiere der vierten Staffel in diesem Oktober geschaut. Entertainment Weekly hat die Popularitätswerte genauer analysiert und herausgefunden, dass du fünf Jahre zurückgehen musst, um eine Show zu finden, die überhaupt einmal positiver bewertet wurde: American Idol. The Walking Dead ist offiziell die am meisten gesehen Kabel-TV Serie der Geschichte.

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Aber da hört es ja noch nicht auf mit Hype vom Ende. 2013 war auch die Musik apokalyptisch. Denk an Dragon’s „Radioactive“ eine eisenharter Song über das Ende der Tage, welches laut Billboard „der größte Rockhit des Jahres.“ Nur „Blurred Lines“ und „Thrift Shop“ von Macklemore sind höher in die Charts eingestiegen; und alles was Miley Cyrus getan hat übertrumpft „Radioactive“ sowieso um Längen. In dem Stück geht es um das Einatmen von verstrahlter Luft, meine Apokalypse und ein neues Zeitalter einer scheinbaren Revolution. Vampire Weekends Modern Vampires in the City, der Gewinner des begehrten Platz 1 in der Pitchfork Liste der besten Alben, ist genauso universell trostlos, wenn auch etwas subtiler präsentiert. Das Album Cover zeigt ein dystopisches New York, verhüllt von dicken Woken von Luftverschmutzung.

„Die Bilder sehen alt aus, aber sie könnten auch eine Darstellung aus der Zukunft sein“, sagte Rostam Batmanglij, der „musikalische Architekt und de-facto ästhetische Direktor“, in einem Interview. Die Platte selbst ist voll solcher Momente von prognostischem Sound. Ich habe mir einen Großteil davon angehört.

Und natürlich gab es auch Bücher zum Ende der Welt. Fiktionales, wie „100 Apocalypses and Other Apocalypses", und Sachbücher wie „Scatter, Adapt, and Remember: How Humans will survive mass extinction". Auch Videospiele beschäftigen sich mit dem Thema, auch wenn ich nicht viele von ihnen gespielt habe. Aber State of Decay Spieler mussten nicht nur ihr eigenes Überleben im Angesicht einer Zombie-Apokalypse sichern, sondern auch gleich noch das einer ganzen Community. Die Geschichte des Spiels dreht sich vor allem darum Ressourcen zu liefern, Überlebende zu finden, und hunderte Untoter Horden zu bekämpfen. Das ganze verkaufte sich über eine Millionen mal und landete auf der [Liste der besten Videospiele 2013](http://www.newyorker.com/online/blogs/elements/2013/12/the-most-crucial-games-of-2013.html http://en.wikipedia.org/wiki/StateofDecay(videogame)) des New Yorker. Eine neue Version der von Kritikern gefeierten und äußerst populären The Walking Dead Serie gab auch ihr Debut und wurde millionenfach heruntergeladen. Alles ziemlich überwältigend.

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Selten war das Ende so gewöhnlich, so in Serien geordnet, und so wohl vermittelt, wie in diesem Jahr. Alles was mit Sterben zu tun hat ist offiziell nicht nur ein Genre, sondern eine Cartoonhafte Palette. So viel ist experimentell  und nichts bleibt hängen. Ich saß in der Badewanne und schaute mir einen 3D-Drucker an, der eine Stadt aufbaute und zerstörte, die nur aus Salz bestand. Der Künstler der das Ganze gebaut hatte, war scharf drauf zu zeigen, wie wir von der Natur ausgelöscht werden. Er glaubte aber dabei zu überleben. Du kannst keine Motorräder durch kleine Salzstädte fahren. Niemand von uns weiß, wovon wir reden; wir können noch nicht mal anfangen uns vorzustellen, worum es geht.

Vielleicht sollten wir uns bemühen. Vielleicht ist all diese apokalyptische Kultur unser moderner Totem, eine proaktives Abwehr gegen die Verhängnisse des echten Lebens.

„Apokalyptischer Glaube macht existentielle Gefahren—die Angst vor unserem Tot—berechenbar,“ sagte der Neurowissenschaftler Shmuel Lissek gegenüber Scientific American. Studien belegen diese Theorie. Laut SciAm hat Lissek herausgefunden, dass „wir uns entspannen, wenn unangenehme oder schmerzhafte Erfahrungen, wie z.B. Elektroschocks, berechenbar werden. Die von der Unsicherheit produzierte Anspannung verschwindet. Zu wissen wann das Ende kommt, wirkt sich natürlich nicht auf alle von uns in dem selben Maße aus—aber für viele von uns ist es paradoxerweise ein Grund aufzuhören sich Sorgen zu machen.“

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Das ist allerdings durchaus ein Problem, und der Grund warum der Medienkritiker Douglas Rushkoff sich über unsere Obsession mit der Apokalypse beklagt: Indem wir uns selbst davon überzeugen, dass es hoffnungslos ist, erlösen wir uns auch von der Verantwortung zu reagieren. Es gibt aber jede Menge Gründe sich zu sorgen, wobei nur ein Bruchteil mit einem möglichen morgigen Untergang des Planeten zu tun hat, aber eine aktive Partizipation in unserem politischen System, ein Interesse an aktuellen Entwicklungen oder aktivistisches Engagement wird unwahrscheinlicher, wenn wir an ein mögliches Ende denken.

„Wie bekommen wir das Gute eine Zombie Apokalypse ohne die Zombies?“ fragte sich Rushkoff zu Zeiten von Occupy Wallstreet. Ein Neubeginn, ein wirklicher Wandel der Dinge, erfordert Aktionen von Seiten der Lebendigen. Und das gilt für alle anti-apokalyptischen Dinge, die wir ändern wollen anstatt sie zu beenden.

Bild: Flickr

All das kann noch nicht erklärt, wie es in diesem Jahr zum Herunterfahren einer ganzen Regierung in den USA kommen konnte. Aber das Ereignis, welches gerne mit apokalyptischer Terminologie und Symbolik präsentiert wurde, könnte auf diesem Wege vielleicht leichter verstanden werden. Die Apokalypse bedeutet nämlich nicht einfach nur den absoluten Tod, und nicht nur ein fehlgeborener Teenager-Traum oder eine düstere Ästhetik; sie bedeutet das kollektive Hissen der weißen Fahne. Apokalypse heisst Aufgeben. Es ist verlockend über das Ende nachzudenken, und einfach zu verstehen, warum wir es tun. Die Herausforderungen, die sich vor uns auftürmen mögen unüberwindbar erscheinen, und unsere Bandbreite ist beschränkt.

Aber die Grundlagen für unseren wahren Untergang werden schon gesät. Der Klimawandel befeuert unseren Planeten—Wissenschaftler meinen dies hätte den Typhoon, der die Philippinen verwüstet hat mit angetrieben, und den Hurrikan, der New York im vergangenen Jahr befallen hat; und erst in diesem Jahr hat der erste Klimaflüchtling um rechtliche Anerkennung ersucht. Viele Menschen erholen sich immer noch von den vergangenen konkreten Folgen des Klimawandels; viele sind ruiniert. Und auch in diesem Jahr litt der Planet unter einem der zehn heissesten Sommer seit Beginn der Klimaaufzeichnungen.

Die soziale Ungleichheit befeuert Unzufriedenheit und Aufstände überall auf der Welt—in diesem Jahr hat die Schere zwischen Arm und Reich zu Protesten unter anderem in der Türkei, in Brasilien und in der Ukraine geführt. Die Verschmutzung droht den Himmel zu verschlucken in China. Der Krieg ist endlos in Syrien und andernorts. Drohnen lassen Bomben auf ferne Länder fallen, weit weg vom Ort ihrer Steuerung aus gemütlichen Army-Sesseln; auf Hochzeitsgesellschaften.

Es ist wohl kaum verwunderlich, dass wir von der Apokalypse träumen. Kein Wunder, dass wir auf die Fiktion schauen, um das ganze zu vereinfachen und es ein für alle mal zu beenden; kein Wunder, dass meine Erinnerung an den echten Tod, mich nicht loslässt.

In meinem Traum, habe ich nicht aufgegeben. Ich bin durch die Flammen gegangen und durch den geschmolzenen Sandstein der Wohnhäuser und habe meine Freundin auf der anderen Seite der untergehenden Stadt gefunden. Und dort wuchsen bereits Planeten aus dem gespaltenen Zement. Es gab Hoffnung. Eine paar Tage später, im echten Leben, überlegten wir uns einen Plan—wo und wie wir uns treffen würden im Falle eines Desasters. Wer auf wen warten würde.