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Weltraumbären sind überall und unzerstörbar

Bärtierchen überleben Vakuum und elektromagnetische Strahlung.
Bild: Eye of Science | SPL

Mike Shaw ist ein stiller, bescheidener Mann, der die Natur liebt und sehr viel über Bärtierchen („Tardigrada“) weiß, mikroskopisch kleine Kreaturen, deren Name von den lateinischen Wörtern für „langsam“ und „Schritt“ kommt und die wegen ihrer bärenhaften Klauen und biologischen Eigenarten auch als „Wasserbären“ bezeichnet werden. Während ihr Nervensystem dem unseren ähnelt, sind sie doch ganz anders als wir und können in Extremsituationen überleben, die kaum ein anderer Organismus unbeschadet übersteht—sogar den Weltraum.

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Als Biologen im Jahr 2007 erstmals diese kleinen Viecher ins Weltalt schossen (zusammen mit anderen Mikroorganismen, die extreme Umgebungen überstehen können), stellten sie fest, dass Bärtierchen Vakuum ebenso überstehen können wie die zerstörerische elektromagnetische Strahlung der Sonne. Andere Experimente ergaben, dass erwachsene Bärtierchen sowohl extreme Druckverhältnisse als auch Temperaturschwankungen zwischen -273°C und +149°C überleben können. Und obwohl die aktuelle Aufschlüsselung ihrer DNS Bärtierchen als mit der Gruppe der Gliederfüßer („Arthopoda“) und dem Stamm der Stummelfüßer („Onychophora“) verwandt identifziert, bleibt ihre evolutionäre Abstammung ungeklärt. Es wurde auch schon spekuliert—spielt die Musik von Akte X in eurem Kopf ab—, dass Bärtierchen mit Geröll und Meteoriten von einem anderen Planten auf der Erde gelandet sind.

Ihr Geheimnis? Der kleine Wasserbär gehört zu den wenigen Gattungen, die fähig sind, ihren Stoffwechsel fast komplett herunterzufahren, so dass sie in einen extrem dehydrierten Zustand fallen, den man als Kryptobiose bezeichnet. Ihr Metabolismus liegt hierbei bei weniger als 0,01% seines normalen Zustands, mit einem prozentualen körpereignen Wasseranteil von weniger als 1%. Kein Wunder, dass sie über regelrecht unzerstörbare Kräfte verfügen: Rund 1150 verschiedene Arten von Bärtierchen wurden weltweit identifiziert und zwar wirklich überall auf der Welt, vom Himalaya (auf über 8000 Metern Höhe) bis auf den Grund des Meeres (in Tiefen von unter 5000 Metern) und von den Polarregionen bis hin zum Äquator.

Zurück zu Mike. Er beschloss, dass der Mensch mehr über diese Kreatur aus einer anderen Welt erfahren sollte und brach zu einer Feldstudie zur Untersuchung der Bärtierchen-Population von New Jersey auf (man kann sie dort in Flechten und im Moos finden, auf Dünen, Stränden, und fruchtbarem Ackerboden, in Süßwasser- und Meeressedimenten). Mike studierte diese historischen Kraut-Ferkel über anderthalb Jahre und sandte dazu sogar einen Aufsatz an einen renommierten Tardigradologen (ja, das ist tatsächlich ein anerkannter Wissenschaftler). Seine Forschung ist mittlerweile beendet und während er noch auf die Publikation seines Aufsatzes wartet, ist er nach Virginia umgezogen. An seiner Lebensweise aber hat sich nichts geändert. Draußen in den stillen Wäldern hat ihn der Fokus auf die Interaktion mit diesen mikroskopischen Tieren verändert. Auch wenn er nicht sicher nachweisen kann, ob diese mysteriösen kleinen Kreaturen tatsächlich aus dem Weltall stammen, so hat er doch seinen Frieden gefunden, sagt er. Nachdem wir einige Zeit mit Mike und den kleinen Weltraum-Bären in den Wäldern verbracht haben, geht es uns genauso.