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Forscher belegen, dass restriktive Anti-MDMA-Gesetze Raves nicht sicherer machen

Anhand des amerikanischen RAVE-Gesetzes zeigen Soziologen, dass eine Zero-Tolerance-Politik kontraproduktiv ist, wenn es darum geht tragische Drogentodesfälle zu verhindern.
Bild: Psychonaught / Wikimedia; Lizenz: Public Domain.

Zwei Tote Raver bei der Mad Decent Block Party im Juli, zwei Tote nach Drogenkonsum beim Electric Daisy Carnival und ein weiterer beim Hard Summer Festival in LA. Natürlich stellt sich da die Frage, ob die Veranstalter (auch die deutschen) genug gegen die Gefahren von Partydrogen auf großen Mega-Raves tun.

Nach dem us-amerikanischen EDM-Hype der vergangenen Jahre ist in diesem Sommer die MDMA-Paranoia dabei einen neuen Höhepunkt zu erreichen. Anschaulich zu beobachten in dem eigenartigen Anti-Ecstasy-Video, dass den Besuchern des New Yorker Electric Zoo Festivals vorgeführt wurde.

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Unabhängig von der Frage nach der abschreckenden Wirkung solcher Keine-Macht-den-Drogen-Ästhetik, werden bei Drogenzwischenfällen immer wieder auch Verbotsstrategien ins Spiel gebracht. Allerdings zeigt eine jetzt vorgestellte Studie, dass die aktuellen, tragischen Todesfälle nach MDMA-Konsum zum Teil auch auf Gesetze zurückgeführt werden können, die mit einer strikten Zero-Tolereance-Politik versucht hatten den Ecstasy-Konsum zu bezwingen.

Die gestern beim 109. Jahrestreffen der American Sociological Association vorgestellte Untersuchung beschäftigt sich mit den Veränderungen, die das 2003 verabschiedete RAVE-Gesetz gebracht hatte. Die Forscher berichten dabei, dass die Regelung eine kontraproduktive Rolle gespielt habe und tatsächlich den Konsum von MDMA gefährlicher gemacht habe, indem sie versuchte das Problem auszumerzen, statt es sicherer zu machen. Zero-Tolerance-Politik funktioniert nicht—darf das denn wahr sein?

Die Essenz des RAVE-Acts lag darin Club-Betreiber und Veranstalter rechtlich für den illegalen Drogenkonsum bei ihren Partys haftbar zu machen. Die Regelung war als Reaktion auf die prosperierende Rave-Szene der 1990er gedacht. Ende der 1990er erreichte vor allem der Konsum von MDMA in den USA einen neuen Höhepunkt, wobei eine Statistik beispielsweise sogar von einer Verdoppelung von Krankenhausaufenthalten in Verbindung mit MDMA von 1997 auf 1998 ausgeht. Spätestens da nahmen sich Law-and-Order-Politiker wie Bob Graham der Sache an. Das Strafmaß für den Besitz kleiner Mengen wurde angehoben, und letztlich nahmen die Regelungen des RAVE-Acts auch das Umfeld der Zwischenfälle, wie zum Beispiel die Clubs, ins Visier.

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Die neue Untersuchung zeigt nun die fatalen Folgen: Indem diejenigen bestraft werden, die auch nur als entfernte Unterstützer von Drogenkonsum gelten könnten, bestrafen wir auch all diejenigen, die versuchen den Konsum sicherer zu machen. Vor dem Erlass des RAVE-Acts haben Club-Besitzer häufiger umsonst Wasser verteilt oder auf Sicherheitspersonal zurückgegriffen, dass dafür geschult war nach gefährdeten Ravern Ausschau zu halten.

DanceSafe zum Beispiel ist eine in den USA noch immer aktive Organisation, die sich darauf konzentriert den Drogenkonsum in den Szene sicherer zu gestalten. Häufig stellen sie Info-Tische vor Partys auf, an denen Ecstasy auf Reinheit oder andere gefährliche Inhaltsstoffe getestet werden kann. Momentan gibt es übrigens sogar Beef zwischen DanceSafe und dem Mad Decent, wobei erstere den Label-Boss Diplo beschuldigen die Verteilung von Infomaterialien auf seinen Partys unterbunden zu haben.

Die leitende Forscherin der neuesten Studie, Tammy Anderson, ist auch Verfasserin des Buches „Rave Culture: The alteration and Decline of a Music Scene." Sie fasst die dramatischen Entwicklung nach dem RAVE-Act in einem Statement zur Studie prägnant zusammen:

Es gab viele solcher Gruppen [wie DanceSafe] und viele Informationen über die verfügbaren Drogen. Heute sind Clubs und Veranstalter zurückhaltend beim Anbieten solcher Maßnahmen, da sie als Beweismittel gegen sie verwendet werden können.

Die Clubs und Veranstalter könnten in manchen Fällen sogar mit dem Rufen eines Krankenwagens zögern. Anderson untersucht die Rave-Szene seit über fünf Jahren systematisch. Sie hat zusammen mit ihrem Team „intensive" Beobachtungen in Spanien, London und an der amerikanischen Ostküste durchgeführt. „Der RAVE-Act ist ein Relikt des Krieges gegen die Drogen", sagte sie. „Das hat noch nie funktioniert, und es wird auch heute nicht funktionieren."