FYI.

This story is over 5 years old.

Tech

Das didaktische Stromschlag-Armband erfreut sich erschreckend großer Beliebtheit

Wie die Vorbestellungen für Pavlok zeigen, scheinen überraschend viele Menschen sehnsüchtig darauf zu warten, sich ihre negativen Gewohnheiten mit Elektroschocks austreiben zu lassen.

Das Wearable Armband Pavlok ist die Full Metal Jacket-Version unter den Quantified Self-Geräten. Wenn du mal wieder an der üppigen Sahnetorte genascht oder zu lange im Bett herumgelümmelt hast, dann sendet Pavlok nicht einfach eine entlarvende Social Media-Info an deine Mitstreiter, wie all die anderen Selbstoptimierungs-Apps, sondern diszipliniert dich mit einem ordentlichen Stromstoß.

Gestern lief nun die Crowdfunding-Kampagne für die Produktion von Pavlok an. Die Vorbestellungen für das rabiate Optimierungs-Device zum Early-Bird-Preis von schlappen 80 Euro sind schon heute vollständig vergriffen. Wer hätte gedacht, dass so viele Menschen sich zum persönlichen Erfolg triezen lassen wollen. Die Finanzierung von Pavlok ist mit inzwischen 99 Prozent der 50.000 Dollar bereits so gut wie abgeschlossen, so dass der Auslieferung der ersten Armbänder im April 2015 nichts mehr im Weg stehen sollte.

Anzeige

Momentan ist Pavok auf Indiegogo noch zum Preis von rund 100 Euro erhältlich und im attraktiven Doppelpack für knapp 200 Euro verfügbar—denn was kann es schöneres geben, als den Masochismus technischer Selbstoptimierung zu zweit zu erleben.

Ersetze schlechte Gewohnheiten mit Leistung.

Für die erfolgreiche Anwendung des Pavlok-Armbands identifizierst du deine negativen Eigenschaften und koppelst sie mit einem unangenehmen Stimulus zum Beispiel einem Elektroschock. Jeder Stromschlag schwächt angeblich die neuronale Verbindung in deinem Gehirn zu der unerwünschten Gewohnheit und bald schon sind Faulsein, Schlemmen und Rauchen nur noch eine graue Erinnerung aus der Prä-Pavlok-Ära. Und wenn du doch mal zu deinen alten Manieren zurückkehrst folgt die Strafe auf dem Fuß.

Du kannst dich andererseits natürlich auch belohnen, wenn du erfolgreich im Fitnessstudio warst, dir den Snack aus der Chipstüte verkniffen hast, deine Hausarbeit zuende geschrieben oder deine Mutter angerufen hast. Wie die Belohnung jedoch aussehen könnte, wird von den Entwicklern nicht erwähnt. Man konzentriert sich bisher scheinbar eher auf die Ausarbeitung der Strafe. „Erlebe den Elektroschock, der dich dabei bleiben lässt", so die motivierende Einstellung hinter dem Gerät.

Hier ein paar Beispiele schlechter Gewohnheiten, die sich mit Pavlok abstellen lassen:

„Ich weiß, dass Elektroschocks verrückt klingen", erzählt Mannesh Sethi, der Hauptentwickler des Motivationsgeräts, in seinem Crowdfundingvideo. „Doch verrückt funktioniert manchmal eben auch."

Anzeige

"Erlebe den Elektroschock, der dich dabei bleiben lässt."

Pavlok kombiniert die Methode der Konditionierung Pawlowscher Hunde mit der negativen Verstärkung, die in den 1930er Jahren von B.F. Skinner, dem Vater des Behavorismus, eingeführt wurde, und bringt die wissenschaftlichen Errungenschaften des letzten Jahrhunderts in die Wearable Technology der Gegenwart.

Das wirkungsvolle Gerät, das in dem Armband eingearbeitet ist, ist in etwa so groß wie zwei Euromünzen und soll in Zukunft auch noch auf verschiedene andere benutzerfreundlich Arten getragen werden können. Maneesh Sethi kann sich vorstellen, den Mini-Shocker in einen Gürtel einzuarbeiten oder in deinen Hemdkragen. Solange Pavlok deine Haut berührt bist du perfekt gerüstet für die Welle deines persönlichen Erfolgs.

Und Pavlok will nicht nur ein individuelles Besserungs-Device sein, sondern der Beginn einer Bewegung. Die Seite soll als eine Plattform fungieren, auf der jeder seine eigene Pavlok-App zur Lösung unterschiedlichster Alltagsprobleme kreieren und online stellen kann.

Die Crowdfunding-Kampagne verspricht vollmundig: „Werde zu der Person, die du immer schon sein wolltest." Mit diesem enthusiastischen Slogan scheinen die Entwickler tatsächlich ihren dystopisch-masochistischen Kundenstamm zu erreichen, wie die begeisterte Unterstützerschar zeigt. Dennoch stellt sich ein wenig die Frage: Wo sind wir eigentlich gelandet, wenn wir uns nur noch mittels Elektroschocks aus der gesellschaftlichen Lethargie reißen können?