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Wie Hobby-Archäologen von zu Hause aus das Grab von Dschingis Khan finden wollen

Dschingis Khan wollte unbedingt verhindern, dass seine letzte Ruhestätte je lokalisiert wird. Mit einer kollektiven Suche auf der Grundlage von Software und Satellitenbildern hat er nicht gerechnet.
​Bild (Ausschnitt): Vidor, Wikimedia | Public Domain

​Dschingis Khan wollte mit allen Mitteln vermeiden, dass seine letzte Ruhestätte je entdeckt wird: Die Soldaten, die den Leichnam zu seinem Grab eskortierten, ​töteten jeden, den sie auf ihrem Weg trafen, richteten den Sargbauer, um abschließend selbst ermordet zu werden.

Manche behaupten, dass die mongolische Armee anschließend riesige Pferdeherden in der Region des Grabs weiden ließ und sogar einen Fluss umgeleitet hätte, um die Spuren der Ruhestätte ihres beliebten Herrschers gründlich zu verwischen. Die Region, in der das Grab von Dschingis Khan vermutet wird, ​zählt zum Allerheiligsten des kulturellen Erbes der Mongolei. Der Name des Gebiets, „Ikh Khorig", bedeutet übersetzt tatsächlich „das große Tabu." 800 Jahren lang—bis 1989—war Archäologen der Zugang hier grundsätzlich verwehrt, und auch die folgende erste offizielle Expedition wurde von lautstarkem öffentlichem Protest begleitet.

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„Mongolen wehren sich gegen jegliche Versuche, das Land ihrer letzten Ruhestätte zu betreten oder gar die Gräber anzufassen geschweige denn, zu öffnen", ​erklärt Mongolia Today: „Gemäß alter Sitten sind Grabstätten und diese Gebiete verbotenes Land."

Dennoch bzw. vielleicht gerade deshalb ist die Ikh Khorig Region äußerst interessant für archäologische Expeditionen. Die erste drei Jahre andauernde Untersuchung identifizierte 1.380 unterirdische Höhlen, die als mögliche Grabstätten mongolischer Adeliger in Frage kommen.

Aufgrund des öffentlichen Protests wurden allerdings an keiner der potentiellen Ruhestätten tatsächlich Untersuchungen durchgeführt und das grundsätzliche Dilemma, vor dem die Forschung hier steht, bleibt bestehen: Den genauen Ort von Dschingis Khans Grab archäologisch zu ermitteln, könnte den Ort schließlich auch vor dem illegalen Bergbau in der Region schützen. Gleichzeitig gilt es, auf die kulturellen Werte derjenigen Rücksicht zu nehmen, denen das Tal am meisten bedeutet.

Dabei könnte sich eine Lösung aus zwei eher unerwarteten Richtungen ergeben: Durch die Arbeit von Schreibtisch-Archäologen und durch einen nüchternen Forscher, der gerne auch mal als „​Indiana Jones der Gegenwart" betitelt wird. Klingt beides nicht nach der Art von Experten, die du gerne in der Nähe einer sensiblen Grabstätte herumfuhrwerken sehen willst? Glücklicherweise ist das auch gar nicht nötig.

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Entgegen seines Indiana-Jones-Spitznamens hat Albert Yo-Min Lin ein nüchternes Tool entwickelt, mit dem jeder von zu Hause aus potentielle Grabstätten suchen kann. Hobby-Grabjäger durften auf zahlreichen hochauflösenden Satellitenbildern der Region mögliche historische Strukturen, aber auch Flüsse, Straßen und moderne Zivilisationsanzeichen markieren. Es galt, 6.000 Quadratkilometer abzudecken, aber glücklicherweise hatte Lin zahlreiche ehrenamtliche Unterstützer.

Albert Yo-Min Lin, der „Indiana Jones der Gegenwart

Nachdem sein System im Juni 2010 online ging, hatten 5.838 Unterstützer innerhalb von nur 90 Tagen über 1,2 Millionen Markierungen hinzugefügt. Ende des Jahres waren durch über 10.000 Freiwillige insgesamt sogar 2,3 Millionen Tags hinzu gekommen. Laut den ersten, ​jetzt in PLOS One veröffentlichten Ergebnissen, sind das über 30.000 Stunden visueller Analysearbeit.

Mit der Studie bieten die Forscher zukünftigen Hobby-Grabjägern auch eine freundliche Motivation zum fröhlichen Weiterforschen: „Unter den besten 100 von der Crowd identifizierten, zugänglichen Stätten, konnten wir 55 potentielle archäologische Anomalien durch unser Team vor Ort bestätigen—von Stätten aus der Bronzezeit bis zur Blütezeit der mongolischen Stämme."

Noch ist nicht bekannt, wie es jetzt vor Ort in der Mongolei und bei der archäologischen Suche nach dem Grab weitergehen soll, aber die großen Möglichkeiten kollektiver Forschung mittels dieser Methode sind in jedem Falle mehr als deutlich geworden.

„Traditionelle archäologische Methoden zu nutzen, wäre in diesem Fall respektlos gegenüber den Gefühlen der Gläubigen", erklärte Lin gegenüber National Geographic.

„Mit dieser dezentralen Arbeitsweise können wir möglicherweise ein uraltes Geheimnis lüften, ohne kulturelle Bräuche zu verletzen. Außerdem können wir gleichzeitig auch mongolischen Forschern Werkzeuge und Wissen an die Hand geben, zu denen sie möglicherweise sonst keinen Zugang gehabt hätten. Unsere heutige Welt profitiert immer noch von Dschingis Khans großer Kunst, Ost und West einander näher zu bringen. Er hat internationale Verbindungen geschaffen, die nie wieder gekappt wurden. Indem wir sein Grab lokalisieren, möchten wir seine unschätzbare Bedeutung hervorheben und zeigen, wie wichtig es für uns alle ist, seine Grabstätte bestmöglich zu bewahren."