FYI.

This story is over 5 years old.

Tech

Hat jemand Live-Videos einer US-Spionagedrohne ins Netz gestellt?

Vor wenigen Tagen entdeckten User einen eigenartigen Livestream. Sofort gingen die Spekulationen los: Nimmt hier eine Kampfdrohne Boote und Jet-Skier ins Visier und warum ist der Clip online gelandet?
Screenshot

Der Journalist Kenneth Lipp staunte nicht schlecht, als er am 1. Mai bei einer Recherche zufällig auf einen auffälligen Videostream stieß. Die Live-Aufnahmen schienen nicht weniger als die Bilder aus einer im Einsatz befindlichen Kampfdrohne über Floridas Küste zu zeigen. War den US-Behörden hier etwa ein gewaltiger Fehler mit einer ungewollten Live-Schalte unterlaufen? Handelte es sich um eine Militärübung oder waren die Aufnahmen vielleicht schon mehrere Monate alt?

Anzeige

Folgt Motherboard auf Facebook, Instagram, Snapchat und Twitter

Die Aufnahmen zeigen, wie eine Drohne scheinbar aus mehreren Tausend Metern Höhe mit ihren High-Tech-Kameras Zivilisten und Boote ins Visier nimmt. "Am Ende beobachtete ich über Luftaufnahmen der US-Regierung Leute auf Jet-Skiern", schrieb Lipp auf seinem Blog. Kurze Zeit später entdeckte ein Twitter-User einen weiteren vermeintlichen Drohnen-Feed:

Beide Feeds sind inzwischen nicht mehr über die URLs zu erreichen, Lipp hat jedoch mehrere Mitschnitte auf YouTube hochgeladen:

Die über dem Drohnen-Clip eingeblendete Abkürzung "FMV" steht für Full Motion Video. FMVs werden vom US-Militär normalerweise zur Videoüberwachung über Krisengebieten wie Irak, Afghanistan oder Somalia eingesetzt.

Das US-Verteidigungsministerium besitzt Tausende Drohnen, mit denen solche Einsätze im Ausland geflogen werden können, und führt auch regelmäßig Tests auf seinen Militärstützpunkten durch. Es dürfte also kein Zufall sein, dass die Eglin Air Force Base nur einen Katzensprung von dem Gebiet entfernt ist, über das Lipps Drohne scheinbar flog.

Auf der Website, auf der das Video zu sehen war, sind drei Logos von Regierungsorganisationen zu erkennen. Darunter ist auch das Logo des National Reconnaissance Office (NRO), das für das Satellitenprogramm des US-Militärs verantwortlich ist. Die NRO-Sprecherin Loretta DeSio sagte gegenüber Motherboard, dass ihr die Videoaufnahmen nicht bekannt vorkamen. Sie sagte zwar, dass sie der Sache weiter nachgehen würde, meldete sich dann jedoch nicht mehr zurück.

Anzeige

Scott Swanson, der in der Air Force Predator-Kampfdrohnen steuerte, bestätigte gegenüber Motherboard, dass der Video-Stream zumindest dem Aussehen nach einen authentischen Eindruck mache: "Das grafische Overlay sieht wie eine aktualisierte Version des Predator-Feeds aus. Es könnte sich aber auch um ein anderes modernes [elektronisch-optisches oder infrarot] System handeln", erklärt der ehemalige Drohnenpilot.

Swanson findet es jedoch merkwürdig, dass die Drohne und seine Piloten scheinbar für das National Reconnaissance Office tätig sind, denn das NRO gewährt normalerweise keinen Einblick in seine Arbeit – und führt normalerweise auch keine Drohnentests durch.

Zumindest was den Zeitpunkt der Aufnahme angeht, konnten Lipp und andere Zuschauer schließlich für etwas Aufklärung sorgen. Ihnen fiel nämlich auf, dass es sich bei dem Video auf der NRO-Seite nicht um Live-Aufnahmen handeln konnte. Lipp hatte bemerkt, dass der Himmel in dem Video wolkenlos war, während es in Florida tatsächlich bewölkt war. "Das hier scheint kein Livestream zu sein", stellte Lipp am 4. Mai in einem Tweet fest.

Der Journalist Sean Gallagher ging der Sache weiter nach und kam zu dem Schluss, dass das Drohnenvideo bereits im Februar aufgenommen worden war und dass ein Subunternehmer des Pentagons das Video im Rahmen einer Produktvorführung hochgeladen hatte. Gallagher meint, dass das Unternehmen wohl nicht die Absicht hatte, dass jemand außerhalb des NRO das Video zu Gesicht bekam.

Unabhängig davon, wann das Video genau aufgenommen wurde, hat das NRO möglicherweise einen Fehler begangen, indem sie es öffentlich zugänglich machte. "Dass das Video im Internet gelandet ist, kommt mir doch sehr merkwürdig vor – selbst wenn es ein Versehen war", erklärt Swanson.