Warum es für Porno-Snapchatter jetzt eng werden könnte
Bild: Jake Guild | Flickr | Lizenz: CC BY 2.0

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Warum es für Porno-Snapchatter jetzt eng werden könnte

Anbieter von pornografischem Material fürchten, dass es ihnen nach dem Börsengang des Snapchat-Betreibers bald an die Wäsche gehen könnte.

Titelbild: Jake Guild | Flickr | Lizenz: CC BY 2.0

Anfang März hat Snapchats Mutterkonzern Snap Inc. mit großem Tamtam seinen Börsengang gefeiert. Doch für eine bestimmte Nische an Snapchattern ist der Börsengang alles andere als eine gute Nachricht: Pornostars, die das soziale Netzwerk nutzen, um Sex-Content von sich und anderen zu verbreiten. Sie befürchten, dass die öffentliche Aufmerksamkeit dazu führt, dass ihre Accounts geschlossen werden. Das wäre für sie fatal, denn für viele ist Snapchat inzwischen zu einer wichtigen Einnahmequelle geworden.

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Snapchat ist zwar längst mehr als eine diskrete Sexting-App, doch selbstverständlich werden nach wie vor fleißig erotische Inhalte verbreitet. Überraschen sollte das niemanden, denn auch andere Plattformen wie Twitter, Tumblr, Instagram und Facebook werden von Pornostars als Werbeplattformen für ihre Inhalte genutzt. Snapchat bietet im Vergleich zu anderen Sozialen Netzwerken jedoch einen großen Vorteil: Die Accounts dienen nicht nur als Köder für andere kostenpflichtige Inhalte, die dann woanders stattfinden – auf Snapchat lässt sich für die Porno-Snapchatter auch direkt Geld verdienen.

Folgt Motherboard auf Facebook, Instagram, Snapchat und Twitter

Doch warum nutzen Porno-Anbieter Snapchat überhaupt so gerne für die Vermarktung ihrer Inhalte? Im Gegensatz zu Instagram oder Facebook war Snapchat bisher pornografischen Inhalten gegenüber recht tolerant eingestellt. Ein Ansatz, der auch für Twitter und Tumblr gilt. Was Snapchat allerdings von anderen Anbietern unterscheidet: Die App basiert auf Videos, was im Zusammenhang mit pornografischen Inhalten natürlich ein großes Plus ist. Außerdem wirkt es auf Snapchat stets so, als gäbe es ein relativ persönliches Verhältnis zwischen einzelnen Usern und Anbietern. Des Weiteren haben Nutzer die Möglichkeit, private Accounts einzurichten, wo schlüpfrige Inhalte fernab von Sittenwächtern und Zensur mit zahlungswilligen Fans geteilt werden können.

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Doch es gibt noch mehr Vorteile, die Snapchat für Pornoanbieter attraktiv machen: Die App verfügt über einen treuen Nutzerstamm, der von dem kurzlebigen Content gar nicht genug bekommen kann. „Leute, die Snapchat nutzen, möchten Snapchat gar nicht mehr verlassen", erklärt Lux Lives gegenüber Motherboard. Sie versorgt als Camgirl und Produzenten für Indie-Pornos ihre Fans über Snapchat mit ihren Porno- und Fetisch-Inhalten. Lives meint, dass die Nutzer von Snapchat so begeistert sind, dass man sie höchstens an eine andere Seite verliert, wenn sie dort umsonst Pornos zu sehen bekämen.

Um besser zu verstehen, mit welchen Strategien Porno-Snapchatter das soziale Netzwerk nutzen, haben wir mit einigen Anbietern gesprochen. Sie alle betreiben mindestens zwei Snapchat-Accounts: Der erste Account ist ein öffentliches Konto, auf dem relativ harmloses Material gezeigt wird. Dieser Account dient dazu, Fans anzulocken und die Angebote zu bewerben. Der zweite Account ist hingegen privat und nur für zahlende Fans zugänglich. Der Zugang zu solchen privaten Accounts kosten meist einmalig zwischen 30 bis 50 US-Dollar.

Mit welchem Inhalt die Snapchatter ihre Accounts bespielen, ist von Anbieter zu Anbieter unterschiedlich: Der Porno-Star Bryan Gozzling beispielsweise bietet Fans auf seinem Snapchat-Account mit Livestreams einen Blick hinter die Kulissen seiner Hardcore-Shoots. Ariana Marie gewährt ihren zahlenden Fans exklusive Blicke auf Stripteasedarbietungen und nackte Brüste, die sie über ihren öffentlichen Snapchat-Kanal nicht teilt. Lives betreibt nicht nur einen, sondern gleich zwei private Snapchat-Accounts: Einer bietet Zugang zu ihren Hardcore-Pornos, der andere ist ein Femdom-Account, der die Fetisch-Interessen ihrer unterwürfigen Anhänger befriedigt.

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Niemand, mit dem wir während unserer Recherche gesprochen haben, verdient den Großteil seiner Einnahmen mit Snapchat. Marie und Lives schätzen beide, dass sie rund 10% ihrer Einnahmen mit den pornografischen Snaps machen. Gozzling hingegen verlangt für den Zugang zu seinem privaten Snapchat-Account gar kein Geld. Jeder, der einen Mitgliedsbeitrag für seine Website zahlt, kann sein Snapchat-Konto sehen.

Das soll jedoch nicht heißen, dass es nicht auch Leute gibt, die mit Porno auf Snapchat viel Geld verdienen: Marie sagt, dass sie gehört hat, dass einige Frauen mit ihren Snapchat-Accounts monatlich 6.500 Euro oder mehr verdienen. Eine australische Nachrichtenseite berichtete letztes Jahr von jungen Leuten, die mit dem Verkauf von sexuellen Inhalten über Premium-Accounts 1.400 Euro monatlich verdienten.

Das bringt uns zur offensichtlichen Frage: Was wird mit diesen Snapchat-Nutzern passieren, falls Snapchat wirklich gegen pornografische Inhalte vorgeht? Der Nachrichtendienst bräuchte dafür nicht einmal eine gesonderte Begründung, denn wer Pornografie über Snapchat verbreitet, verstößt schon heute gegen die Nutzungsbedingungen und Community Guidelines.

Marie versucht sich abzusichern, indem sie sich auf relativ harmlose Inhalte beschränkt. Die Snapchatterin meint, dass es auch schon vor dem Börsengang Fälle gab, in denen Accounts von Pornostars gelöscht wurden. Diesem Schicksal möchte sie entgehen, indem sie keine zu provokanten Inhalte veröffentlicht. Sollte Snapchat den gleichen rigorosen Weg einschlagen wie Instagram oder Facebook und den Zensurstift bei jeder aufblitzenden Brustwarze ansetzen, so hat Marie schon einen Notfallplan parat: Einige Freunde aus der Branche haben ihr Only Fans empfohlen. Die App wirbt damit, dass sich mit ihr kostenpflichtige Inhalte problemlos auf Plattformen wie Twitter einbinden lassen. Sollte Marie ihre Fans überzeugen können, Twitter-Links zu kostenpflichtigen Inhalten zu folgen, könnte das den Einkommensverlust problemlos ausgleichen, falls ihr Snapchat-Konto gesperrt wird.

Auch wenn Snapchat sich für die Pornoindustrie als wichtige Einnahmequelle nützlich erwiesen hat, so ist die Seite letztlich nur eine von vielen Werbekanälen. „Jede Seite, die pornografische Inhalte präsentiert oder anbietet – egal ob es sich um Sex-Cams, Videos oder was-auch-immer handelt – läuft immer Gefahr, aus dem ein oder anderen Grund geschlossen zu werden", erklärt Lives. Genau deshalb hat sich der Erotik-Star auch schon eine spezielle Strategie zurecht gelegt: Sie ist stets darauf bedacht, mehr als eine Einnahmequelle in der Hinterhand zu haben.