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500 Jahre Rätselraten: Massensterben der Azteken soll nun endlich geklärt sein

Es waren nicht die Masern, nicht die Pocken, und auch nicht die Spanier. Die wahrscheinlichste Lösung des Jahrhundert-Rätsels fanden die Forscher in den Skeletten eines mexikanischen Seuchenfriedhofs.
Bild: Imago.

15 Millionen Tote innerhalb von sieben Jahren: Das rasante Massensterben der Azteken Mitte des 16. Jahrhunderts hat die Wissenschaft für ein halbes Millenium vor ein Rätsel gestellt. Lange Zeit ging man davon aus, dass hinter dem plötzlichen Ableben der Azteken von europäischen Konquistadoren eingeschleppte Viren stecken könnten. Nun will ein internationales Forscherteam in Skelettresten den wahren Grund herausgefunden haben, der dem zentralmexikanischen Reich in so kurzer Zeit den Niedergang beschert hat.

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Laut einer nun erschienenen Studie im Fachmagazin Nature Ecology & Evolution erlagen die Azteken nicht den Masern, Pocken oder Grippeviren, sondern dem gefährlichen Erreger Salmonella enterica. Die Bakterien verursachten bei den Azteken eine Salmonellen-Vergiftung, die sich rasend schnell ausbreitete: Betroffene litten zunächst unter Fieber und starken Kopfschmerzen, wenig später bluteten sie aus Nase, Mund und Augen, bevor sie nach wenigen Tagen starben. 80 Prozent der aztekischen Bevölkerung steckten sich an der "Aztekenseuche" an, die im lokalen Sprachgebrauch Cocoliztli hieß.

Dem zwölfköpfigen Forscherteam zufolge scheint damit das 500 Jahre alte Rätsel um das Azteken-Sterben endlich gelöst. An der Studie teilgenommen hatten Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte, der Universitäten Tübingen und Harvard (USA) sowie vom Nationalen Institut für Anthropologie und Geschichte in Mexiko.

"Die Cocoliztli in den Jahren 1545 bis 1550 war eine von vielen Epidemien, die Mexiko nach der Ankunft der Europäer heimsuchten", so Co-Autor Åshild Vågene von der Uni Tübingen laut dem Guardian. Sie gehörte aber zu den "verheerendsten" ihrer Art, die die meisten menschlichen Todesopfer forderte, so Vågene.

Um auf die alte Frage nach dem Azteken-Aussterben eine neue Antwort zu finden, untersuchten die Forscher die letzten biologischen Überreste aus dieser Zeit. In einem Seuchenfriedhof bei Teposcolula-Yucundaa im mexikanischen Bundesstaat Oxaca gewannen die Forscher alte DNA aus 29 Skeletten, die Cocoliztli-Opfern zugerechnet werden. Mithilfe einer neuartigen DNA-Analysesoftware verglichen die Forscher die entnommenen Sequenzen mit einer Datenbank bekannter Krankheitserreger: "Wir haben das Material mit allen bakteriellen Erregern und DNA-Viren, für die genomische Daten vorliegen, verglichen", zitiert der Guardian Co-Autor Alexander Herbig, ebenfalls von der Universität Tübingen. Salmonella enterica sei der einzige nachweisbare Keim in den Azteken-Überresten gewesen.

Eine definitive Auflösung des Jahrhunderte alten Rätsels bietet ihre Untersuchung damit jedoch nicht, wie sie selbst zugeben. Denn es könnten sich auch andere tödliche Krankheitserreger in den Skeletten befunden haben, die entweder nicht mehr nachzuweisen sind oder zu keinem bekannten Genom der Erreger-Datenbank gepasst haben. Anders gesagt: Die Betroffenen hatten die Salmonellen-Bakterien zwar im Körper, doch die Todesursache könnte trotzdem eine andere gewesen sein.

In den Worten der Co-Studienautorin Kirsten Bos, die der Guardian zitiert: "Wir können nicht mit Sicherheit sagen, dass die Salmonella enterica die Ursache der Cocoliztli-Epidemie war. Wir glauben jedoch, dass man sie als ein heißen Kandidaten betrachten sollte."